Rede · 13.11.2002 Abgeordnetengesetz und Angemessenheit der Entschädigung

Als wir vor der Sommerpause die Empfehlungen der unabhängigen Diätenkommission debattierten, lautete die Schlussfolgerung des SSW: Wir wollen eine echte Diätenreform und diese lässt sich nicht übers Knie brechen. Der SSW will eine zukunftsweisende Reform aus einem Guss, die mit der neuen Legislaturperiode 2005 in Kraft treten soll.

Das heißt im Umkehrschluss: Der Landtagspräsident muss – bis zur Verabschiedung dieses Reformpakets – in gewohnter Weise seinen jährlichen Bericht über die Angemessenheit der Abgeordnetenentschädigung vortragen. Dazu ist er nach dem Abgeordnetengesetz verpflichtet. Un­ser Präsident muss an Hand objektiver Kriterien eine angemessene Erhöhung der Abgeordnetenbezüge vorschlagen.

Da wir in den letzten Jahren keine Anpassung an die Preis- und Lohnentwicklung bekommen haben, hat der Präsident jetzt eine Erhöhung von 5,7 % angeregt. Dabei wird die allgemeine Entwicklung in unserer Gesellschaft berücksichtigt. Dieser Vorschlag ist also objektiv angemessen. Dennoch sind wir der Meinung, dass in der jetzigen angespannten finanziellen Lage des Landes eine Diätenerhöhung in der Größenordnung von 5.7% nicht politisch angemessen und vermittelbar ist. Vor dem Hintergrund der allgemeinen Haushaltslage sind sehr viele Bürgerinnen und Bürger in diesem und in den kom­menden Jahren von Sparmaßnahmen der öffentlichen Hand bedroht. Das gilt für das Personal des Staates ebenso wie für die Menschen, deren Gehälter aus öffentlichen Zuschüssen gezahlt werden. In dieser Lage muss sich die Politik aus unserer Sicht solidarisch verhalten. Unserer Meinung nach soll der Solidarbeitrag des Landtages darin bestehen, dass die sogenannten Nullrunden in der Diätenanpassung der letzten beiden Jahre nicht nachgeholt werden.

Der SSW schlägt daher vor, dass die Diäten der Landtagsabgeordneten zum 1. Januar 2003 um 2,9 % erhöht werden. Wir meinen, dass diese Erhöhung angemessen ist, weil wir über mehrere Jahre hinweg keine Erhöhung unserer „Tarife“ bekommen haben. In diesem Punkt stimmen wir also dem Papier von SPD und FDP zu. ABER: Dem zweiten Teil – die nochmalige Erhöhung um 2,8 % am 1.7.2003 – können wir nicht zustimmen. Nach Auffassung des SSW müssen 2003 die Diäten für 2004 und 2005 neu verhandelt werden. Nur so verbleibt das Verfahren transparent und für die Menschen im Lande noch nachvollziehbar.

Der heute zu debattierende Bericht des Landtagspräsidenten ist einerseits „business as usual“. Andererseits können wir nicht so tun, als hätte es in diesem Jahr nicht schon einen ersten Akt in Sachen Abgeordnetendiäten gegeben – dadurch unterscheidet sich die heutige Debatte von Diskussionen der letzten Jahre. Wir haben zweierlei Hausaufgaben abzuarbeiten: Zum einen müssen wir den Auftrag erfüllen, eine grundlegende, zukunftsweisende Diätenreform herbei zu führen. Zum anderen müssen wir beschließen, was aktuell eine angemessene Entschädigung der Abgeordneten ist. Sowohl die erste als auch diese zweite Runde ist von einem öffentlichen Chor der Empörung begleitet worden. Wir sind aber nun einmal als einzige Gruppe in unserer Gesellschaft dazu verpflichtet, unsere Gehälter selbst festzusetzen. Dass dieses nie ohne argwöhnische Beobachtung aus der Bevölkerung abläuft, ist nur menschlich. Das verpflichtet uns zu einem besonders verantwortungsvollen und sensiblen Umgang mit dieser Verpflichtung.

Deshalb hätten wir uns auch gewünscht, dass die Änderung des Abgeordnetengesetzes wie in früheren Jahren fraktionsübergreifend erfolgt. Wir hoffen sehr, dass wir bis zur zwei­ten Lesung zu einer einvernehmlichen Lösung kommen. Außerdem erwarten wir, dass 2003 eine grundlegende Reform der Abgeordnetenbezüge beschlossen wird. Bis dahin hat sich hoffentlich auch die größte Fraktion dazu durchgerungen, einer Verkleinerung des Landtages zuzustimmen.

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