Rede · 13.10.2017 Absurde Lösung für ein künstlich herbeigeredetes Problem

Flemming Meyer zu TOP 26 - Familienfreundliches Schleswig-Holstein – Familien durch direkte Darlehen fördern

Ich muss ehrlich sagen, dass mich dieser Antrag wirklich ärgert. Denn die wichtige Frage nach familienfreundlichen Rahmenbedingungen wird durch falsche Grundannahmen und völlig falsche Schlüsse überlagert. Noch dazu ist auch dieser Antrag ein Beleg für ein national geprägtes Familienbild, das an düsterste Zeiten erinnert. In Ihren Programmen sprechen Sie unverhohlen und unverbesserlich von einer „Schrumpfung unserer angestammten Bevölkerung“ und wollen dieser durch eine „nationale Bevölkerungspolitik“ entgegenwirken. Und um eine „ausgeglichene Geburtenbilanz“ zu erreichen, schlagen Sie nun allen Ernstes eine Art Kopfprämie für Neugeborene vor. Gerade weil es Vieles gibt, was wir mit Blick auf die Familienfreundlichkeit verbessern müssen, ist so ein Vorgehen für mich und meine Partei wirklich nur schwer zu ertragen.

Eins lässt sich doch nicht einfach leugnen: Die Zeiten rückläufiger Geburtenzahlen sind schon länger vorbei. Hier hat es eine klar erkennbare Trendwende gegeben. Und zwar nicht erst gestern, sondern schon vor einigen Jahren. Diese Trendwende ist auf ein gutes Gesamtklima aber auch auf zunehmend verbesserte Rahmenbedingungen für Familien zurückzuführen: Denn die Menschen in Deutschland haben selbstverständlich einen gesetzlichen Anspruch auf Eltern- und Kindergeld. Kinder werden im Steuerrecht berücksichtigt. Und auch bei der Frage der Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind wir zum Beispiel durch den konsequenten Ausbau der Betreuungsangebote auf einem guten Weg. 

Doch der vorliegende Antrag will leider nicht nur ein künstlich herbeigeredetes Problem lösen. Er fordert noch dazu eine völlig absurde und kontraproduktive Maßnahme. Und er ist an Widersprüchlichkeit kaum zu überbieten. Sie schreiben in ihrer Begründung, dass das Armutsrisiko für Kinder in Familien ab drei Kindern signifikant höher ist, als in kleineren Familien. Und dann wollen Sie Familien mit einem 5.000 Euro-Darlehen dazu locken, mindestens 3 Kinder zu zeugen. Das ist offenbar eine ganz eigene AFD-Logik. Mir erschließt sich das jedenfalls nicht. Eine Einmalzahlung von 5.000 Euro mindert doch nicht das Armutsrisiko.

In meinen vielen Jahren in der Politik habe ich mich oft gefragt, ob ein Antrag oder ein Gesetzentwurf nicht vielleicht doch ein wenig an der Lebenswirklichkeit vorbeigeht. In dieser krassen Form habe ich das allerdings noch nicht erlebt. Wie gesagt: Eigentlich halte ich es für überflüssig, weil ich das Problem nicht sehe. Aber erlauben Sie mir bitte trotzdem noch ein zwei inhaltliche Fragen: Würde der Erlass des Darlehens nicht als ganz normales Einkommen gelten, das auf Hartz-4-Leistungen anzurechnen ist? Und wie wird das erwähnte „erste Kind“ genau definiert? Müssen nun in Zukunft alle Paare, die ihr erstes Kind bekommen, verpflichtend dieses Darlehen annehmen? Oder haben zum Beispiel alle, die bereits ein Kind aus einer früheren Beziehung haben, ihren Anspruch automatisch verloren?

Ich habe es angedeutet und ich will hier keinesfalls missverstanden werden: Wenn es um optimale Familienförderung geht, dann sind wir längst nicht am Ziel. Neben dem Ausbau der Betreuungsangebote muss sich auch in der Arbeitswelt noch sehr viel bewegen. Und mit Blick auf wirklich drängende Probleme wie etwa Kinderarmut und eingeschränkte Teilhabechancen, ist für uns eins klar: Hier müssen ganz andere Dinge geklärt und gefragt werden, wie es zum Beispiel um eine eigenständige Grundsicherung für Kinder steht. Oder ob unser Lohnniveau grundsätzlich familiengerecht ist. Ich denke, diese Diskussion bringt uns dann auch wirklich weiter.

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