Rede · 25.03.2011 Anwendungsvereinbarung schließt Privatisierung des UK S-H bis zum 1. April 2015 aus – Spitzenmedizin in Schleswig-Holstein erhalten

Mitte Februar fiel der Startschuss zum Markterkundungsverfahren in Sachen Universitätsklinikum. Damit ist ein weiterer Schritt in Richtung Privatisierung des einzigen Trägers der medizinischen Maximalversorgung im Land getan. Natürlich wird die Landesregierung dabei nicht müde zu betonen, dass dieses Verfahren „modelloffen“ sei. Und der Verbleib des Primärbereichs der Krankenversorgung in öffentlicher Hand ist zumindest bis 2015 gesichert. Doch machen wir uns nichts vor: Der von der Landesregierung angestrebte schnelle Einstieg eines privaten Investors wird mit erheblichen Zugeständnissen verbunden sein. Mit der Markterkundung ist daher zwangsläufig auch eine Weichenstellung für die Zukunft des UK S-H über das Jahr 2014 hinaus verbunden. CDU und FDP schaffen mit dem eingeleiteten Verfahren Fakten, die zukünftigen Landesregierungen jeden Spielraum nehmen könnten.

Die Öffnung des UK S-H für private Investoren ist und bleibt riskant, denn die Folgen einer solchen Entscheidung sind mangels vergleichbarer Erfahrungen völlig unkalkulierbar. Wir dürfen nicht vergessen, dass dem Universitätsklinikum eine ganz besondere Bedeutung für Schleswig-Holstein zukommt: Nur hier wird unverzichtbare universitäre Forschung betrieben und die Qualität der medizinischen Versorgung weiterentwickelt. Daher hinkt auch der gern gezogene Vergleich mit Giessen-Marburg. Die anderen Bundesländer sind Träger von mindestens einem Krankenhaus vom Typ des UK S-H. Schon aus diesem Grund gibt es keine Alternative zur öffentlichen Trägerschaft. Hinzu kommt, dass mit einem Rückzug des Landes und mit der Übergabe der Verantwortung an Private der Einfluss auf die Entwicklung im Gesundheitsbereich schwindet. Wir halten es aber für unverzichtbar, dass die Politik hier auch in Zukunft die zentralen Fragen mitgestaltet. Die Bereiche der Krankenversorgung und der Forschung und Lehre sind Teil der Daseinsvorsorge und damit öffentliche Aufgaben.

Es ist völlig unstrittig, dass erhebliche bauliche Investitionen notwendig sind, um das Universitätsklinikum wieder wirtschaftlich zukunftsfähig zu machen und eine hohe Qualität der medizinischen Versorgung sicherzustellen. Hier wurde über viele Jahre eine Mangelwirtschaft betrieben, die zu einem enormen Sparzwang geführt hat. Gerade haben die Klinikchefs aus Kiel und Lübeck auf die erschreckenden Auswirkungen dieses Sparkurses hingewiesen. Die Arbeitsbedingungen im Klinikum sind nach ihrer Aussage mittlerweile so schlecht, dass ein Großteil der Mitarbeiter innerlich gekündigt hat. Und sogar das Wohl der Patienten wird unter diesen Bedingungen vernachlässigt. Aus Sicht des SSW ist die Landespolitik auch hierfür mitverantwortlich.

Oder anders formuliert: Wer eine Braut aushungert um sie besser zwangsverheiraten zu können, darf sich nachher nicht wundern, wenn sie vollkommen entkräftet ist. Die Landesregierung hat nur noch Privatisierungsflausen im Kopf und vergisst dabei, dass das UK S-H eine zentrale Aufgabe bei der Krankenversorgung im Land zu erfüllen hat. Die Landesregierung hat als Eigentümerin die Verantwortung für das Arbeitsklima und die Pflegequalität im Universitätsklinikum. Es ist das Mindeste, dass sie dieser Verpflichtung unabhängig von ihren Plänen gerecht wird.
Vor dem Hintergrund der durchaus notwendigen Haushaltssanierung scheint die Landesregierung völlig zu verdrängen, dass es nach wie vor Alternativen zur Privatisierung gibt. Bei aller Kritik hat das UK S-H unter großen Opfern ein ausgeglichenes Jahresergebnis und damit ein wichtiges Sanierungsziel erreicht. Dies ist nicht zuletzt vor dem Hintergrund der niedrigen Basisfallwerte eine beeindruckende Leistung. Heute nähert sich das Uniklinikum also dem Punkt, an dem Gewinne erwirtschaftet werden, die zukünftig zur Auflösung des Investitionsstaus beitragen könnten. Hinzu kommt, dass mit der Umsetzung des baulichen Masterplans erhebliche Einsparungen im Bereich der Betriebskosten verbunden sind. In dieser Situation muss das Land Verantwortung zeigen und seinen Anteil an der Umsetzung der notwendigen Baumaßnahmen leisten.

Die Finanzlage des Landes als Begründung für den Rückzug der Gemeinschaft aus diesem zentralen Bereich der Daseinsvorsorge zu nehmen, ist aus unserer Sicht zu billig. Es ist nicht die finanzielle Lage, sondern schlicht und einfach die fehlende Bereitschaft, sich klar zum UK S-H zu bekennen, die für die heutige Situation verantwortlich ist. Insbesondere die regierungstragenden Fraktionen sind gefordert, ihre vollmundigen Versprechen einzulösen, und das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein in öffentlicher Trägerschaft zu halten.

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