Rede · 18.10.2001 Bekämpfung des Frauen- und Mädchenhandels

Seit dem Fall des eisernen Vorhangs stehen wir vor neuen Herausforderungen in der Krimina­litäts­be­kämpfung. Frauen insbesondere aus den früheren Ostblockländern nach Deutsch­land werden gelockt oder verschleppt, um hier vor allem für die illegalen Prostitution missbraucht zu werden. Skrupel­lose Ge­schäfte­­macher spielen mit den Nöten und Träumen dieser Frauen, um sie hierzu­lande brutal au­s­zu­nutzen. Auch wenn Schles­wig-Holstein nicht zu den beson­deren Zielen dieser Aktivitäten gehören, wie die Zahlen des Berichts zeigen, tragen wir nicht zuletzt als Ostseeanrainer eine Verantwortung dafür, gemeinsam mit unseren Nachbarstaaten diesem Problem zu begegnen.

Der Frauen- und Mädchenhandel ist zuerst ein Fall für zwischenstaatliche Maß­nahmen, denn er kann nur international gelöst werden. Darüber besteht Konsens. Es wird ja auch schon vieles unter­nommen, das man teil­weise der Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage entnehmen kann.

Zum einen erfolgt eine konkrete polizeiliche Zusammenarbeit u. a. über Europol, und die inter­natio­nale Zu­sam­­menarbeit wird durch bilaterale Vereinbarungen ständig verbessert. Zum anderen sind auch auf politischer Ebene viele Schritte unternommen worden.

Einige Beispiele: Die EU hat 1997 eine ge­mein­­­­same Aktion beschlossen, und die EU-Kommission hat Ende 2000 einen Entwurf für eine Rah­men­­konvention zur Bekämpfung des Menschenhandels vorgelegt. Eben­falls im Dezember 2000 hat eine Reihe von Ländern in Palermo ein Protokoll der Vereinten Nationen unterzeichnet, das u. a. die Bekämpfung des Frauenhandels umfasst. Im Mai 2001 hat die Ostseekommissarin des Nordischen Rates, Helle Degn, in Kopenhagen eine Konferenz über den Frauenhandel veranstaltet, und in diesem Monat soll die Task Force der Ostseeländer für die Organisierte Kriminalität in der dänischen Haupt­stadt abermals über dieses Thema bera­ten. Am Montag dieser Woche schließlich ist in Berlin eine internationale Konferenz in Zusammen­arbeit des Auswärtigen Amtes und der OSZE gestartet worden, die sich mit der Bekämpfung des Menschenhandels beschäftigt.

Im Mittelpunkt der Konferenz stehen u. a. die Frage danach, wie in den soge­nannten Zielländern dem Menschenhandel begegnet werden kann. Neben einer noch besser koordinierten und effektiveren Bekämp­fung des organi­sierten Menschenhandels gehört zu den dringendsten Punkten die Frage danach, wie wir hierzulande mit den Opfern der Menschen­händler umgehen. Ich möchte zwei Punkte nennen:

Zum einen muss der Schutz der Opfer im Verhältnis zur Justiz endlich geklärt werden. Es muss eine Lösung gefunden werden für jene Frauen, die bereit sind, im Strafverfahren gegen die Drahtzieher auszusagen und sich daher im Rahmen des Zeugen­schutz­programms verstecken müssen. Da das Auf­ent­­haltsrecht für diese Frauen nur bis zum Ende dieser Strafverfahren begrenzt ist, und da die Sicher­heit der Frauen und ihrer Angehörigen im Heimatland nicht garantiert werden kann, muss eine neue tragbare Lösung gefunden werden. Dadurch kann für die Frauen auch ein besserer Anreiz gesetzt werden, gegen die Menschenhändler auszusagen.

Ein zweiter wichtiger Punkt ist eine gute Unterstützung für die Betroffenen Frauen und Mädchen, wie sie bisher von der Beratungsstelle Contra geleistet worden ist. Diese Arbeit ist vor kurzem in Gefahr geraten, weil es sich hier um ein Projekt handelt, für das die Projektförderung ausläuft. Zwischen­zeitlich ist die Existenz der Beratungsstelle Contra gesichert, nachdem die Landes­regierung ange­kün­digt hat ihre Förderung fortzusetzen und die nordelbische Kirche ebenfalls einen Beitrag lei­stet. Dies ist sehr gut, da die Arbeit von Contra als landesweite Beratungs- und Anlaufstelle unent­behrlich ist, wenn wir es mit der Bekämpfung von Frauen- und Mädchenhandel ernst meinen. Die Einrichtung von Contra und die weiter verbesserte Zusammenarbeit aller beteiligten Behörden hat zu einer größeren Sensibilisierung geführt. Auf Kreis- und Kommunalebene konnte durch Fort­bil­dungen, inter­diszi­plinäre Zusammenarbeit und eine verbesserte Koordination eine bessere Unter­stützung der Opfer erzielt werden.

Es wird schon vieles getan, um den Betroffenen hier in Schleswig-Holstein zu helfen. Letztlich lässt sich aber das Problem des Frauen- und Mädchenhandels nur dadurch lösen, dass die Lebenschancen in ihren Herkunftsländern verbessert werden. Auch dafür können wir im Rahmen der Ostseekooperation einen bescheidenen Beitrag leisten.

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