Pressemitteilung · 05.06.2025 Das Gift wirkt – Zeit für ein Gegengift

Zum heute vorgestellten Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2024 erklärt die innen- und rechtspolitische Sprecherin der SSW-Landtagsfraktion, Sybilla Nitsch:

Der Bericht zeigt: Rechtsextremismus ist längst kein Randphänomen mehr. Die Neue Rechte ist nicht laut, sondern strategisch. Sie organisiert keine Straßenschlachten, sondern Sprachverschiebung. Begriffe wie „Remigration“ oder „großer Bevölkerungsaustausch“ sind kein Zufall – sie sind politische Munition. Und sie treffen.

Mit Sorge beobachten wir, wie gezielt die Verächtlichmachung von Rechtsstaat, Demokratie und freier Presse vorangetrieben wird – und wie wirksam diese Strategie verfängt. Vor allem in den sozialen Medien schlagen sich rechte Narrative längst in massiver Hetze gegen Regenbogenfahnen, Politikerinnen und Politiker, Gendersprache oder journalistische Arbeit nieder. Das Gift der Rechten wirkt: Es verschiebt die Grenzen des Sagbaren, delegitimiert Institutionen und schafft damit den Raum für schleichende Radikalisierung – oft ganz ohne offenen Aufruf zur Gewalt.

Gleichzeitig nimmt die tatsächliche Gewaltbereitschaft zu. Die Zahl rechtsextrem motivierter Straftaten ist in Schleswig-Holstein um über 50 Prozent gestiegen – auf mehr als 1.500 Fälle im Jahr 2024. Auch das Personenpotenzial bleibt mit 350 gewaltorientierten Rechtsextremen auf einem besorgniserregend hohen Niveau. Das ist kein Alarmismus, sondern die Realität. Und sie zeigt sich auch ganz konkret: Allein bei einem einzigen Rechtsrockkonzert in Neumünster wurden 23 Gewalttaten registriert.

Der Verfassungsschutzbericht bleibt dennoch auffällig zurückhaltend, wenn es um zentrale gesellschaftliche Bruchstellen geht. Der rassistische Vorfall auf Sylt, bei dem öffentlich zur Ausgrenzung ganzer Bevölkerungsgruppen aufgerufen wurde, findet keine nennenswerte Erwähnung. Wenn ein solcher Fall in einem Bericht über verfassungsfeindliche Strukturen nicht ernsthaft betrachtet wird, sendet der Staat das falsche Signal.

Klar ist auch: Der Rechtsstaat muss sich nicht erst bei Gewalt verteidigen, sondern schon dort, wo Sprache zur Waffe wird. Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut – aber sie endet dort, wo Menschenwürde angegriffen und die Grundfesten der Demokratie ausgehöhlt werden. Hass und Hetze sind keine Meinung, sondern ein Angriff auf unser Zusammenleben – und damit ein Fall für den Rechtsstaat.

Die SSW-Landtagsfraktion fordert deshalb eine deutlichere politische Einordnung der Strategien der Neuen Rechten, mehr Aufklärung über rechte Netzwerke – insbesondere an Schulen und im digitalen Raum – sowie eine konsequentere strafrechtliche Verfolgung demokratiefeindlicher Hetze, auch dort, wo sie nicht laut, aber hochwirksam erfolgt.

Rechtsextremismus beginnt nicht mit der Tat, sondern mit der Erzählung. Wenn wir unsere Demokratie schützen wollen, müssen wir den Mut haben, diese Erzählungen zu unterbrechen – klar, frühzeitig und konsequent. Auch die steigende Zahl sogenannter Reichsbürger und die fortbestehende Gefahr islamistischer Gewalt zeigen: Verfassungsfeindlichkeit hat viele Gesichter. Doch was sie eint, ist die Ablehnung unserer demokratischen Grundordnung.

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