Pressemitteilung · Kiel · 16.10.2025 Rede zum Kieler Haushalt 2026

Marcel Schmidt, Fraktionsvorsitzender der SSW-Ratsfraktion Kiel; Rede zum Haushalt 2026, Ratsversammlung 16.10.2024

– es gilt das gesprochene Wort –

 

Kieler Haushalt 2026: Die roten Linien des SSW

Zunächst vielen Dank an den Kämmerer Christian Zierau und sein Team für die Erstellung des Haushalts. In diesen schwierigen Zeiten war das eine schwere und undankbare Aufgabe.

Es steht nicht gut um den Haushalt der Landeshauptstadt Kiel. Es wird ein Minus unweit der 100 Millionen erwartet. Die Verwaltung hat in ihrem Haushaltsentwurf für das kommende Jahr umfangreiche Streichungen eingeplant. Für die SSW-Ratsfraktion gibt es drei rote Linien, die diese Sparmaßnahmen nicht überschreiten dürfen: In den Bereichen Soziales, Bildung und Kultur können wir keinen substanziellen Kürzungen zustimmen. In diesen Bereichen würden wir damit Strukturen zerstören, die nicht wieder ohne Weiteres aufgebaut werden können. Bei den geplanten Kürzungen für den Breitensport ist es ähnlich, auch diesen Streichungen werden wir nicht zustimmen. Gerade in der heutigen Zeit geht es in Kiel vielen Menschen nicht gut. Der kürzlich erschienene Sozialbericht spricht dazu Bände: Der Kinderarmutsindikator liegt in Kiel bei 23%, in Gaarden sogar bei 50%. Das ist nicht hinnehmbar für eine Gesellschaft. Der städtische Etat für die Kieler Kultur ist schon jetzt kaum auskömmlich. Schulbau und Infrastruktur brauchen umfangreiche Institutionen.

Vor diesem Hintergrund können wir höchstens solchen Abstrichen zustimmen, die den Kern der Sache nicht gefährden. Überprüfungen von Doppelförderungen oder Anpassungen an neue Gesetzeslagen sind vor dem Hintergrund der dramatischen Haushaltslage hingegen geboten.

Die maßgeblichen Ursachen für die akuten Probleme im Haushalt liegen außerhalb der Verantwortung von Verwaltung und Selbstverwaltung. Dennoch muss ich hier Kritik an der Kooperation üben. Die Kooperation aus Grünen und SPD hat die Politik unserer Stadt seit vielen Jahren geprägt und in den letzten Jahren die zwischenzeitlichen Erfolge in der Haushaltsführung auch gerne mit der eigenen Politik erklärt.

Die Kooperation muss sich vorwerfen lassen, dass uns die Krise mit so großer Härte trifft. Der Sozialbericht zeigt auf, dass junge Familien die Stadt verlassen. Sie jedoch sind die Zukunft dieser Stadt. Sie benötigen bezahlbaren Wohnraum, eine ausgewogene Verkehrspolitik, verlässliche Betreuung in Kitas und gute Lernbedingungen in Schulen. Hier müssen wir an den richtigen Stellschrauben drehen, um in Kiel eine Demographie und eine Sozialstruktur zu bekommen, die der Stadt mehr Einnahmen und weniger Kosten bescheren. Der SSW setzt sich auf Landesebene dafür ein, dass die Anteile der Kommunen an den Einnahmen aus der Einkommenssteuer größer werden: Das ist der richtige Weg, um der strukturellen Unterfinanzierung der Kommunen wieder Herr zu werden.

Ein weiterer ist Wirtschaftsfreundlichkeit. Hier gibt es in Kiel noch Luft nach oben: Die Diskussion über Gewerbeflächen – und vor allem über die zahllosen Auflagen – wirkt auf die Wirtschaft abschreckend: Hell Gravure Systems ist nach Schwentinental umgezogen. Es muss sich etwas ändern, damit Kiel Unternehmen eher anzieht als abstößt.

Folgende Änderungen beantragen wir für den hier vorgelegten Haushaltsentwurf 2026: Die prekären Arbeitsverhältnisse und der Druck auf das Kieler Taxigewerbe durch den Milliardenkonzern Uber müssen abgestellt werden. Dafür stellen wir Gelder für ein Gutachten ein, auf dessen Basis die Stadt endlich Mindestpreise festlegen kann, um dem ruinösen Wettbewerb durch Ubers Preisdumping einen Riegel vorzuschieben.

Gemeinsam mit der Kooperation bringen wir einen Antrag zur Einführung einer Übernachtungssteuer ein. Die Stadt muss direkt an den Einnahmen aus dem Tourismus beteiligt werden, um ihre Aufgaben weiterhin erfüllen zu können.

Wir beantragen eine volle Stelle für einen Quartiersmanager in Pries-Friedrichsort: Die gute Arbeit des Quartiersmanagements im Kieler Norden muss fortgesetzt werden, um die strukturellen Nachteile der Stadtteile nördlich des Kanals auszugleichen, die örtliche Wirtschaft zu stärken und enger mit dem Quartier zu verzahnen.

Bei der Kieler Kreativwirtschaft sehen wir maßvolle Kürzungen vor, die den Fortbestand der Projekte nicht gefährden sollen. Dennoch muss klar sein, dass auch die Kreativwirtschaft nicht von den Sparmaßnahmen der Stadt ausgenommen werden kann.

Die Kieler Wohnungsgesellschaft (KiWoG) wollen wir hingegen stärken; einer geplanten Kürzung der Mittel müssen wir widersprechen: Sozialer und bezahlbarer Wohnungsbau sind eine dringend notwendige Investition in Kiels strukturelle Basis, die wir nicht wegkürzen können.

Einem Stopp der Stadtbahn, wie die CDU ihn beantragt, können wir nicht zustimmen. Beim jetzigen Planungsstand die Notbremse zu ziehen, verursacht mehr Probleme als es löst. Wir treten dafür ein, bei vorliegender Beschlussreife – buchstäblich zur Weichenstellung – einen Bürgerentscheid durchzuführen, um das Großprojekt Stadtbahn auf einer soliden und eindeutigen demokratischen Beschlussbasis zu verwirklichen.

Anders verhält es sich mit dem Meeresvisualisierumszentrum. Dieses Projekt kann und muss vor dem Hintergrund der Haushaltslage zunächst auf Eis gelegt werden, bis wir es uns wieder leisten können.

Ebenso müssen wir die Pläne zur Durchführung von hybriden Gremiensitzungen der Selbstverwaltung so lange schieben, wie es gesetzlich möglich ist. Die Stadt hat momentan weder die Gelder noch die personellen Ressourcen, um den Ratsleuten ihren Sitzungsteilnahme möglichst bequem zu gestalten. Kürzen wollen wir auch bei den Feuerwerken im Rahmen der Kieler Woche.

Das eingesparte Geld dafür ist im Fonds ‚Gemeinsam Kiel gestalten‘ wesentlich besser aufgehoben; wir fordern, dass geplante Kürzungen wieder zurückgedreht werden. Gleiches gilt für die Förderung der Schuldnerberatung der Verbraucherzentrale und das Ferienprogramm im Gaardener Blaupark. Hier liegt eine rote Linie. Wir können nicht einerseits dabei zusehen, wie die Probleme in Gaarden immer größer werden und gleichzeitig soziale Maßnahmen für den Stadtteil gestrichen werden. Deshalb halten wir auch weiterhin daran fest, dass es – begleitend zu den ordnungsrechtlichen Maßnahmen durch den Kommunalen Ordnungsdienst – einen Drogenkonsumraum auf dem Kieler Ostufer geben muss. Soziales, Bildung und Kultur. Das sind die roten Linien des SSW, die wir in diesen Haushaltsberatungen nicht überschreiten werden.

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