Rede · 19.02.2015 „Definitiv Null Skandal”

Lars Harmszu TOP 16A: Verhältnis der Judikative zur Exekutive in Schleswig-Holstein

Wir reden heute hier über eine „olle Kamelle“, die jetzt anscheinend zur Skandalisierung wieder aufgewärmt werden soll. Schon am 05. Februar berichtete die Kieler Nachrichten, ich zitiere: „Uta Fölster, Präsidentin des Oberlandesgerichtes Schleswig, hatte nach Informationen dieser Zeitung am vergangenen Freitag den Gerichtspräsidenten des Landes vorgeschlagen, in einer gemeinsamen Erklärung der Ministerin den Rücken zu stärken. Das Papier fand jedoch keine ausreichende Mehrheit.“ Gab es damals von den großen Verschwörungstheoretikern in diesem Hause irgendeine Regung? Natürlich nein, denn damals meinte man wohl, diese Info nicht nutzen zu können. Anscheinend war das Ereignis zu nichtig, als dass man es skandalisieren wollte.

Nun ja, am 14.02. druckte dann die Kieler Nachrichten ein Interview mit Ministerin Spoorendonk ab. Thema unter anderem auch die nicht zustande gekommene Initiative aus der Justiz heraus. Auf die entsprechende Frage antwortete Ministerin Spoorendonk damals: „Ich weiß, dass die Präsidenten mehrerer Gerichte das machen wollten und dann Abstand davon genommen haben, das aber nicht aus inhaltlichen Gründen. Das geht aus diversen Mails hervor, die mir anschließend zugesandt wurden. Auch führende Juristen aus Lübeck wollten mich unterstützen. Aber letztlich gab es Zweifel, ob so eine Solidaritätsadresse sinnvoll wäre. Ich habe diese Sache jedenfalls nicht initiiert.“ Auch hier sahen die heutigen Verschwörungstheoretiker mit Recht keinen Ansatzpunkt für Skandalisierungspotential.

Wir wussten also schon immer, da gab es Überlegungen in der Justiz und die wurden nicht weiter verfolgt und die Ministerin war an diesen Überlegungen nicht beteiligt. Hier gab es definitiv Null Skandal!

Da stellt sich erst einmal die Frage, ob Gerichtspräsidenten sich überhaupt politisch äußern dürften, sofern man eine solche Aktion überhaupt als politische Aktion werten wollte. Sehen wir mal in die Vergangenheit. Am 8. Dezember 2010 haben sich  beispielsweise der Präsident des Landgerichts und der Direktor des Amtsgerichts Flensburg mit ihrer Unterschrift gegen die Schließungspläne für die JVA Flensburg der damaligen Landesregierung gewandt. Eine eindeutige politische Stellungnahme. Damals im Übrigen von niemanden kritisiert. Auch der damalige Landgerichtspräsident in Lübeck hatte sich 2005/2006 deutlich zur Amtsgerichtsreform geäußert. Selbstverständlich war auch das nicht Gegenstand irgendwelcher Kritik von damaligen Verschwörungstheoretikern. Wir können also feststellen, dass Richter, Präsidenten und Behördenleiter, als welche ja diese Präsidenten auch fungieren, ihre Meinung zu wichtigen Themen nicht automatisch an der Eingangtür des Gerichtes abzugeben haben.

Es fällt allerdings auf, dass sich auch die damaligen Justizminister nicht in die Äußerungen und Überlegungen der genannten Personen eingemischt haben. Wahrscheinlich, weil sie die Trennung zwischen Exekutive und Judikative wahren wollten. Schließlich war man ja auch damals schon nicht in einer Diktatur, wo dies ja möglich ist, sondern im demokratischen Schleswig-Holstein. Meinungen darf man da haben, aber Einfluss durch Justizminister auf Überlegungen oder gar Schlussfolgerungen aus den Reihen der Justiz sind zu unterbleiben. Hier wurde die Trennung strickt gewahrt.

Und gleiches geschah, als das Justizministerium von den Überlegungen der Justiz im vorliegenden Fall erfahren hat. Wobei es hier ja möglicherweise aber eher um eine Klarstellung seitens der Justiz ging, dass man entgegengesetzt zu Presseberichten als Justiz gut mit unserer Ministerin zusammen arbeitet. Selbstverständlich hat das Ministerium hier nicht Einfluss ausgeübt und so natürlich die Trennung von Judikative und Exekutive gewahrt. Und auch, als die Überlegungen aus guten Gründen wieder verworfen wurden, hat die Ministerin nicht Einfluss ausgeübt. Sie erinnern sich; wir sind nämlich keine Diktatur und deshalb ist es auch nicht nötig, die entsprechenden Präsidenten in die Nähe von Diktaturen zu rücken.

Was ist eigentlich wirklich passiert. Folgendes haben Gerichtspräsidenten, die ständig mit der Justizministerin und dem Staatssekretär zusammen arbeiten, formuliert und an Kollegen geschickt, mit der Bitte, den Inhalt mit zu tragen. Ich zitiere: „Die Zusammenarbeit in den vergangenen Jahren mit Frau Ministerin Spoorendonk und Herrn Staatssekretär Schmidt-Elsaeßer war von Offenheit, Kompetenz und vertrauensvoller Zusammenarbeit geprägt. Nach diesen positiven Erfahrungen sind wir sicher, dass eine solche Zusammenarbeit auch zukünftig mit Blick auf die Erledigung wichtiger anstehender Aufgaben gewährleistet ist.“ Ja, so kennen wir die Ministerin und ihren Staatssekretär und wir haben keinen Zweifel an der Richtigkeit dieser Aussagen. Am Ende hat man aus rechtlichen und formalen Gründen diese Erklärung nicht verschickt. 

Was bleibt also? Es gab eine Erklärung, die keine war, weil sie gar nicht verschickt wurde. Sie ist somit gar nicht existent. An dieser nicht existenten Erklärung hat unsere Ministerin auch nicht mitgearbeitet. Und die Justiz ist selbstverständlich immer noch unabhängig. Und ein Garant dafür ist unsere Justizministerin.

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