Rede · 25.03.2021 Der SSW lehnt die Upload-Filter nach wie vor strikt ab

„Upload-Filter sind für die Urheberrechtssicherung das falsche Mittel. Stattdessen braucht es vernünftige Abkommen zwischen Verwertungsgesellschaften und den großen Plattformen.“

Lars Harms zu TOP 25 - Landtag bekräftigt Nein zu Uploadfiltern (Drs. 19/2860)

Nun läuft sie also bald aus, die zweijährige Implementierungsfrist zur Umsetzung der hochumstrittenen EU-Urheberrechtsrichtlinie. Hier im Landtag sind wir uns vom Grundsatz her ja einig: Es ist überfällig, die Rechtslage an die heutige Zeit anzupassen. Doch in dem kürzlich vom Bundeskabinett vorgelegten Entwurf zum „Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetz“ (UrhDaG), der nach dem Willen der GroKo bis Anfang Juni Bundestag und Bundesrat passieren soll, gibt es sehr wohl noch einige Streitpunkte.

Ein ganz entscheidender: Die Bundesregierung hatte einst versprochen, die Reform ohne Upload-Filter umzusetzen. Jetzt sollen sie doch kommen. Entsprechend groß ist der Unmut. Auch der SSW lehnt die Upload-Filter nach wie vor strikt ab. Daher können wir den vorliegenden Antrag der Jamaika-Koalitionäre nur begrüßen und unterstützen.
    
Seit Jahren wird auf europäischer Ebene versucht, das geistige Eigentum besser zu schützen. Dies ist absolut richtig und muss natürlich auch im Netz gelten. Kreative haben das Recht, an den Einnahmen der Plattformen beteiligt zu werden, um auch im digitalen Zeitalter von ihrer Arbeit leben zu können. Aber für dieses berechtigte Anliegen braucht es keine Upload-Filter.  
Im Gegenteil: Upload-Filter sind völlig unverhältnismäßig und bringen erhebliche Risiken für die Meinungs- und Informationsfreiheit im Internet mit sich. Und eigentlich schien ja auch die GroKo im Bund diese Auffassung zu teilen. Nachzulesen ist dies im Koalitionsvertrag auf Seite 49. Eine leere Worthülse, wie wir nun feststellen müssen. Aber noch ist das Gesetz ja nicht durch. 

Tatsache ist: Die EU-Urheberrechtsreform und ihre nationalen Umsetzungen werden das Internet verändern und dabei all diejenigen betreffen, die Inhalte im Netz hochladen, teilen oder einfach nur anschauen – also auch Millionen Menschen in Deutschland. Vor zwei Jahren demonstrierten daher hunderttausende Menschen gegen die Upload-Filterung. Denn wenn Algorithmen entscheiden, was im Netz gezeigt werden darf, dann ist dies nicht nur ein Problem für die Internetkultur, sondern dann sind auch die Meinungs- und Pressefreiheit in Gefahr. Neben der Kreativität und dem Publikationsrecht der Nutzer wären auch satirische, kritische und überhaupt völlig legale Inhalte im Allgemeinen durch automatisierte, anonyme Filter akut bedroht. Kurzum: Durch den Bundesgesetzentwurf sind Zensur und Selbstzensur aus Eigenschutz nicht auszuschließen. Denn die ursprünglich definierten Bagatellgrenzen, Ausnahmen und Schranken wurden im finalen Entwurf teilweise noch einmal drastisch zusammengestutzt. Viele Nutzer würden sich künftig also deutlich zurückhaltender an neue Eigenproduktionen setzen – dies kann nicht im Sinne der Reform sein. Für uns ist deshalb klar, dass auch in Zukunft Menschen über Urheberrechte, künstlerische Freiheit, Satire und Meinungsfreiheit befinden sollen – und eben keine künstliche Intelligenz, die noch dazu in dieser speziellen Hinsicht immer fehleranfällig sein wird.

Gleichzeitig enthält der Entwurf einige unklare Formulierungen; so gelten die Beschränkungen für Karikaturen oder Parodien beispielsweise nicht, wenn dies „durch den besonderen Zweck gerechtfertigt ist“. Wann das zutrifft, ist unklar. Diese Ausnahmen dürften folglich bald die Gerichte beschäftigen und damit ist der „Vorschuss-Schaden“ doch schon da. Und selbst der Europäische Gerichtshof berät ja bereits, ob Upload-Filter gegen die EU-Grundrechtecharta verstoßen; ein Urteil ist aber eher nicht vor dem Herbst zu erwarten. Und wir sollten es auch möglichst gar nicht erst darauf ankommen lassen. 

Insgesamt bleiben wir daher bei unserer Haltung: Upload-Filter sind für die Urheberrechtssicherung der falsche Weg. Stattdessen braucht es vernünftige Abkommen zwischen Verwertungsgesellschaften und den Plattformen. Der Gesetzentwurf enthält ja durchaus auch sinnvolle Änderungen, aber eben leider auch völlig inakzeptable Vorgaben. Rundum glücklich wird man bei dieser Thematik wohl niemanden machen können. Aber es ist auch noch nicht zu spät, noch einmal an dem Gesetzentwurf zu feilen und einen deutlich besseren Interessenausgleich zwischen den Kreativen, Rechteverwertern, Plattformen und Nutzern zu finden. Der vorliegende Antrag sendet daher zur richtigen Zeit noch einmal das richtige Signal in Richtung Berlin. 

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