Rede · 22.05.2025 Die Aufforderung zu einer Handreichung ist zu wenig für die Kulturlandschaft
„Wir brauchen die Kulturlandschaft und die Kulturlandschaft braucht ein Kulturfördergesetz.“
Jette Waldinger-Thiering zu TOP 14 - Kulturpolitische Leitlinien umsetzen (Drs. 20/3047)
Ich bin froh, dass wir heute mal wieder eine kulturpolitische Debatte führen. Die Krisen, die sich für viele von uns so erdrückend anfühlen, lassen Themen wie Kulturpolitik klein scheinen, unwichtig wirken, in den Hintergrund geraten. Vielen Menschen im Kulturbetrieb hängt sicherlich noch die in der Pandemie gestellte Frage nach: „Ist Kultur „systemrelevant“?“
Und dabei drohen wir zu vergessen, wie viel Kultur den Menschen gerade auch in Krisen gibt. Und wie wichtig es ist, dass die Landespolitik kulturpolitische Leitlinien abstimmt, Kulturszene gestaltet und Kulturwirtschaft antreibt.
Nach hitzigen Debatten und großen Schwierigkeiten hat der „Neustart Kultur“ als pandemiebedingtes Bundesförderprogramm vielen kleineren Betrieben die Existenz gerettet. Aber jetzt merken eben doch alle: Auswärtige Kulturpolitik wurde auf Bundesebene stark heruntergefahren, Förder- und Investitionsprogramme, ob im Bund oder im Land, werden nicht neu aufgelegt und die Kommunen sparen da, wo sie können.
Die Kommunalen Landesverbände haben uns schon zu Beginn des Jahres darauf vorbereitet.
In ihrer Pressemitteilung wiesen sie darauf hin, dass die Handlungsspielräume der Kommunen schwinden. Der Konsolidierungsdruck werde dazu führen, dass die „freiwilligen“ Aufgaben gefährdet sind. Und das sind erfahrungsgemäß besonders zwei Bereiche. Der Sport und die Kultur.
Der Kreis Nordfriesland und der Kreis Segeburg sprechen unseren Kenntnissen nach derzeit schon über massive Kürzungen bei den Kulturausgaben. Der Kreis Steinburg hat bereits im letzten Jahr drastische Kürzungen in Aussicht gestellt und in Frage gestellt, inwieweit der Kulturbereich in den nächsten Jahren überhaupt gefördert werden kann. Die Stadt Eutin hat dieses Jahr beim Kulturetat gekürzt und weitere Kürzungen in den kommenden Jahren angekündigt. Wir hören es aus allen Ecken:
In Husum, Flensburg und Lübeck stehen die Kulturetats auf wackeligen Beinen.
Das trifft vor allem die Soziokultur, die freie Szene und die Kultur in der Fläche. Und das, meine Damen und Herren, ist tragisch. Denn besonders diese ist es, die den Menschen niedrigschwellige Teilhabe an Kultur ermöglicht.
Wir als SSW haben die Landesregierung vor zwei Jahren aufgefordert, ein Kulturfördergesetz auf den Weg zu bringen. Schwarz-grün hat das vor zwei Monaten abgelehnt. Ich halte das für eine große Fehlentscheidung. Ebenso wie die Entscheidung, das Investitionsförderprogramm für Kulturschaffende der freien Szene nicht wieder neu aufzulegen.
Wir brauchen die Kulturlandschaft und die Kulturlandschaft braucht ein Kulturfördergesetz.
Den Koalitionsantrag verstehe ich nun als den Versuch, über Kultur zu reden, ohne viel Geld für sie ausgeben zu müssen.
Inhaltlich können wir Ihrem Antrag dennoch zustimmen. Es geht Ihnen ja vor allem um eine Sensibilisierung der Kulturbetriebe seitens des Landes in Form einer Handreichung.
Was aus meiner Sicht da eigentlich selbstverständlich ist, ist, dass diversitätssensible Handreichungen nicht geschrieben werden können, ohne die Menschen mitzunehmen, die später von ihnen gemeint sein sollen. Nach Antrag der Regierungskoalition also Menschen mit Behinderungen und Menschen mit Migrationshintergrund.
Dabei geht es nicht nur um Besucherinnen und Besucher, sondern auch um Kulturschaffende und Künstlerinnen und Künstler oder um jene, die sich zu ihnen ausbilden lassen.
Mit Blick auf Menschen mit Behinderungen geht es vor allem auch darum, ihr Recht auf Teilhabe und Teilnahme durchzusetzen. Ich denke da an bauliche Maßnahmen genauso wie an Kunst- und Kulturvermittlung und Schulungen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und Beschäftigungsverhältnisse auch in Führungspositionen, die unbedingt ermutigt werden müssen.
Ich hätte mir trotzdem mehr gewünscht. Mehr als die Aufforderung zu einer Handreichung, deren Nicht-Einhaltung womöglich keine merkbaren Konsequenzen hat. Denn Barrierefreiheit kostet. Und dieser Schlussfolgerung entspricht ihr Antrag nicht.