Rede · 28.08.2020 Es gibt keine Rassen, es gibt nur Menschen

„Hier geht es darum, ein deutliches Zeichen gegen Rassismus zu setzen und das ist in der heutigen Zeit wichtiger denn je! Es gibt keine Rassen, es gibt nur Menschen.“

Lars Harms am Meer

Lars Harms zu TOP 34 - Streichung des Begriffs ”Rasse“ aus sämtlichen nationalen und internationalen Rechtstexten und dessen Ersetzung durch einen zeitgemäßen Begriff (Drs. 19/2317)

Sie haben sicherlich auch die vielen Artikel und Diskussionsrunden verfolgt, die es seit dem Vorschlag der Grünen gegeben hat, den Begriff „Rasse“ im Grundgesetz zu ersetzen. Niemand, der ernst zu nehmen ist, redet da davon, dass es menschliche Rassen gäbe. Vollkommen indiskutabel: Es gibt keine Rassen, es gibt nur Menschen. 
Das Dilemma, in dem man in der Frage des Grundgesetzes steckt, ist doch folgendes: 
Die Formulierung des Artikel 3 Absatz 3 Satz 1 zielt darauf ab, Rassismus zu bekämpfen. Sie ist ein Gegenentwurf zum NS-Staat, zur Verfolgung und Ermordung von Menschengruppen. Sie soll schützen. Und doch trägt die Formulierung, „niemand dürfe wegen … seiner Rasse, … benachteiligt oder bevorzugt werden.“ Und damit ungewollt dazu bei, dass die Vorstellung menschlicher Rassen aufrecht erhalten bleibt. Und eben diese Vorstellung ist ja erst einmal die Grundlage von rassistischem Denken und Handeln. 

Es ist ein Privileg von als „weiß“ geltenden Menschen, dass wir uns über unsere Hautfarbe und dem, was damit einher geht, nicht allzu oft Gedanken machen müssen. Faktisch ist die Diskussion um den Rassebegriff im Grundgesetz eine Debatte, die schon lange läuft, auch wenn viele von uns das womöglich nicht mitbekommen hatten. Das Deutsche Institut für Menschenrechte beispielsweise hat vor zehn Jahren empfohlen, den Begriff "Rasse" aus dem Artikel 3 des Grundgesetzes zu streichen und durch das Verbot "rassistischer Benachteiligung oder Bevorzugung“ zu ersetzen. Die Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland hat auch einen eigenen Vorschlag, nämlich den, „Rasse“ durch „rassistische Diskriminierung“ zu ersetzen. Es kommt aber auch immer wieder der Hinweis, dass es bei einer eventuellen Ersetzung wichtig ist, den Blick auf die rassistische Tat zu lenken, damit der schützende Charakter erhalten bleibt. 
Es gibt aber auch diejenigen Stimmen, die sich insgesamt gegen eine Veränderung des Grundgesetzes positionieren, weil sie befürchten, dass damit der Schutzcharakter des Artikels wegfallen könnte. Das darf natürlich nicht passieren, aber ich glaube, das ist auch kein Automatismus, wenn der Begriff geändert wird.

Ich möchte daher wirklich davor warnen, diese Vorschläge als „Symbolpolitik“ oder „Scheindebatte“ abzukanzeln. Hier geht es darum, ein deutliches Zeichen gegen Rassismus zu setzen und das ist in der heutigen Zeit wichtiger denn je! 
Auch die Frage der internationalen Dokumente ließe sich weiter diskutieren, denn „race“ und „Rasse“ sind nicht miteinander gleichbedeutend. Aber deutsche Übersetzungen von fremdsprachlichen internationalen Gesetzestexten kann man sicherlich anpassen. Das wäre aber nur ein Nebenschauplatz.

Es geht hier um einen Baustein im Kampf gegen Rassismus als System. Man darf sich da keine Illusionen machen. Das Ersetzen der Kategorie „Rasse“ bedeutet nicht die flächendeckende Abschaffung rassistischer Handlungen. Rassismus ist nicht einfach nur der böse Nazi, der mutwillig rassistisch handelt. Rassismus ist eine Struktur, die sich über Jahrhunderte in unsere Gesellschaft eingeschrieben hat. […]
Um der Sache willen würde ich es auch sehr unverdient finden, wenn wir nicht wenigstens versuchen würden, unter den demokratischen Parteien hier zu einem gemeinsamen Antrag zusammen zu finden. Es stünde uns gut zu Gesicht, wenn das nicht geht, miteinander in ein Fachgespräch zu gehen, natürlich die rechtsphilosophische Diskussion zu führen, die soziologische, kulturwissenschaftliche, linguistische Debatte, aber wir sollten eben auch besonders die Expertisen von Akteuren und Initiativen, die von Rassismus betroffen sind, hören. 
Lassen Sie uns die Debatte führen und dann hoffentlich etwas Gemeinsames beschließen! Das Thema wäre es allemal wert!
 

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