Pressemitteilung · 03.12.2025 Ganztag braucht Verlässlichkeit statt Flickenteppiche

Zum morgigen Bericht der Bildungsministerin zur Umsetzung des Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung erklärt die bildungspolitische Sprecherin der SSW-Landtagsfraktion, Jette Waldinger-Thiering:

„Der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung startet in wenigen Monaten – und trotzdem liegen zentrale Fragen weiterhin völlig offen. Die Landesregierung versucht seit Jahren, mit Ankündigungen über die strukturellen Probleme hinwegzusehen. Aber der Blick in die Realität zeigt: Ohne klare Standards, ohne verbindliche Finanzierung und ohne ein tragfähiges Personalmodell steuert Schleswig-Holstein auf einen Ganztag zu, der seinen Namen nicht verdient.

Die verspätete Finanzierungslösung des Landes löst zwar den Investitionsstau für die Bauprojekte. Aber sie löst weder den Personalmangel noch die fehlenden Qualitätsstandards, noch das Organisationschaos bei der Ferienbetreuung. Wenn Ganztag in den Sommerferien künftig über Notprogramme, Ferienpass-Aktionen oder wechselnde Jugendzentrumsangebote abgedeckt werden soll, dann reden wir nicht über Betreuung, die Kindern Stabilität und Teilhabe ermöglicht. Das ist die Minimalvariante eines Rechtsanspruchs.

Hinzu kommt ein massives strukturelles Problem, über das die Landesregierung am liebsten gar nicht spricht: Die Finanzierung des Ganztags zwingt Kommunen und Eltern zu erheblichen Eigenanteilen. Das Land übernimmt nach seiner eigenen Richtlinie maximal die Hälfte der Gesamtausgaben. Für die andere Hälfte müssen Schulträger und Eltern aufkommen. Und selbst wenn alle Kriterien erfüllt sind, gibt es keinen Rechtsanspruch auf Förderung. Das ist für öffentliche Schulen schon herausfordernd – für Ersatzschulen ist es existenziell.

Was heißt das konkret? Schulen in freier Trägerschaft, darunter auch die Schulen der dänischen Minderheit, müssen Ganztagsangebote aufbauen, ohne dass sie auf eine sichere Förderung zählen können. Sie müssen Personal anstellen, Räume schaffen und pädagogische Konzepte verantworten, stehen aber finanziell auf unsicheren Füßen. Wenn kommunale Träger ihre Eigenanteile kaum stemmen können, wie sollen kleine freie Schulen das schaffen? Hier entsteht eine Zwei-Klassen-Struktur, die mit dem Geist des Rechtsanspruchs unvereinbar ist.

Der morgige Bericht der Ministerin muss endlich Antworten liefern:
Wie soll Ganztag ohne verbindliche Finanzierung für alle Träger gelingen?
Wie werden freie Schulen und Minderheitenschulen abgesichert, die keine kommunale Finanzkraft hinter sich haben?
Wie soll inklusive Ganztagsbetreuung funktionieren, wenn im Ferienbetrieb täglich wechselnde Orte und Betreuungspersonen vorgesehen sind?
Und wie verhindert das Land, dass steigende Elternbeiträge zur Regel werden und Familien – wie aktuell in Stormarn – schlichtweg überfordert?

Ganztag darf nicht vom Wohnort, der Haushaltslage der Kommune oder der Trägerschaft der Schule abhängen. Der SSW fordert klare Standards, ein verlässliches Finanzierungsmodell für alle Schulen und ein pädagogisch tragfähiges Konzept, das allen Kindern stabile, qualifizierte Betreuung bietet. Der Rechtsanspruch ist eine große Chance. Aber solange die Landesregierung nur Löcher stopft, wird daraus kein verlässliches System.“
 

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