Meldung · 28.03.2019 Jahrzehntelanges Nichtstun und eine Bankrotterklärung

Die Innere Schlei ist das am stärksten nährstoffbelastete Küstengewässer Schleswig-Holsteins. Die Verunreinigung der Schlei wird zunehmend zum Risiko: für Mensch, Tier und Flora einerseits. Und für Fischerei, Landwirtschaft und den Tourismus andererseits. Die Kerze brennt also von beiden Seiten.

Flemming Meyer

Flemming Meyer zu TOP 36 - Bericht zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie (Drs. 19/1360)


(Nr. 093-2019) Das Wasser in Schleswig-Holstein ist belastet durch Schadstoffe aus der Industrie und der Landwirtschaft: Phosphat, Nitrat und Mikroplastik finden sich in allen Gewässern. Die Geest ist dabei besonders betroffen. Auf etwa der Hälfte der Landesfläche in unserem Land gibt es Wasser, das nicht das Prädikat gut verdient. Es ist schlecht: vergiftet und belastet.
Die Landwirte tragen mehr  Dünger auf die Felder auf, als die Kulturpflanzen überhaupt aufnehmen können. Der Rest gelangt ins Wasser. Tiere trinken das und wir Menschen auch. In Sachen Überdüngung ist trotz Düngeverordnung  keine  Verbesserung absehbar. Eine Umkehr im Düngemanagement ist nicht erkennbar.  Solange der Preisdruck in der Landwirtschaft weiterhin so bestehen bleibt, werden die Landwirte weiter düngen und überdüngen.  
Die Kosten für die Beratung der Landwirte sind zwar nachbleibend beachtlich und mit 6,8 Mio. Euro durchaus als ordentlich zu betrachten, doch lässt sich eine Wende noch nicht erkennen.  
Die Maßnahmen, die aus dem MELUND immer wieder gebetsmühlenartig vorgetragen werden, sind ja auch ohne Beratung  bekannt: Weniger Stickstoff- und Phosphoreintrag haben schon Generationen von Umweltministern hier vorgetragen. Verändert hat sich seitdem wenig.  Die Reduzierung der Nährstoffbelastung bleibt die wichtige, aber nichtsdestotrotz ungelöste  Aufgabe. Die Schülerinnen und Schüler der Friday-for-future-Demos haben also Recht: wir hinterlassen der nächsten Generation eine geschädigte Umwelt. 
Ich möchte das an einem Beispiel illustrieren, das mir besonders am Herzen liegt, und zwar am Beispiel der Schlei – eine Perle an der Ostsee. Die Fische in der Schlei sind, wie auch in den übrigen Küstengewässern der Ostsee, mit Quecksilber belastet. Der Zustand der Küstengewässer-Wasserkörper, wie das im Ökologen-Chinesisch heißt, ist nicht gut.
In der Schlei schwimmen darüber hinaus ehebliche Mengen von Plastik und tummeln sich eingeschleppte Arten. Daneben setzen Sauerstoffmangel und Belastung durch Giftstoffe einer  ehemaligen Teerfabrik in Schleswig der Schlei ordentlich zu. Das kann man nicht immer mit bloßem Auge sehen und auch nicht immer riechen. Die Fischer und die Anwohner bemerken aber durchaus eine dramatische Veränderung ihrer Heimat. 
Die Maßnahmenprogramme  der Landesregierung bieten so genannte Ergänzende Maßnahmen, von denen eine auch die Schlei betrifft: die Nährstoffeintragspfade in die Schlei sollen untersucht werden. Auf die Ergebnisse und die darauf fußenden Maßnahmen bin ich aber überhaupt nicht gespannt. Denn ich weiß spätestens seit den letzten Haushaltsverhandlungen, dass der Schleischutz vor allem eines nicht darf: etwas kosten! Umweltexperten schätzen, dass mindestens 5 Mio. Euro jährlich für eine messbare Verbesserung der Wasserqualität der Schlei nötig wären. Mit diesen Mitteln kann man bislang landwirtschaftlich genutzte  Anrainerflächen kaufen, um den direkten Düngeeintrag in die Schlei zu reduzieren. Damit könnte die Schlei im wahrsten Sinne des Wortes aufatmen. Aus diesem Grund hatte der SSW auch entsprechende Mittel  bei den letzten Haushaltsberatungen beantragt: für jedes Jahr 5 Mio. Euro, um ein europaweit einmaliges Biotop zu sichern. Die regierungstragenden Fraktionen haben das abgelehnt. Die Schlei soll lieber noch einmal untersucht werden, damit man weiß, woher denn der Nährstoff kommt. Das ist beschämend. 
Die Politik des Wegsehens und Ignorierens ist Teil des Problems. So wusste man schon viele Monate, um den Plastikeintrag in die Schlei und die Überschwemmung der Vogelbrutgebiete mit Plastik, bevor die Öffentlichkeit in Kenntnis gesetzt wurde und erste Maßnahmen ergriffen wurden. Die Wasserrahmenrichtlinie wird verletzt, und das ständig, und getan wird zu wenig.
Die Innere Schlei ist das am stärksten nährstoffbelastete Küstengewässer Schleswig-Holsteins.  Die Verunreinigung der Schlei wird zunehmend zum Risiko: für Mensch, Tier und Flora einerseits. Und für Fischerei, Landwirtschaft und den Tourismus andererseits. Die Kerze brennt also von beiden Seiten. In meinen Augen heißt das, dass die Schlei  Priorität Nr. 1 eingeräumt werden müsste. Die Sedimente sind in der Schlei bis zu einem Meter dick: diese Sedimente erzeugen Todeszonen, weil sich aus ihnen Phosphor löst. Auf diese Weise wird ein  Nährstoffeintrag von innen heraus betrieben – zusätzlich zu dem, was jede Saison wieder neu in die Schlei hineinkommt. Von diesem Missstand der inneren Überdüngung wissen  wir seit 1978. Da waren einige von den Abgeordneten des Landtages noch nicht einmal geboren. Und was fragt sich das MELUND? Lässt sich der ökologische Zustand überhaupt noch verbessern? Das ist nach den Jahrzehnten des Nichtstuns eine Bankrotterklärung ersten Ranges. Die Maßnahmen bislang waren nicht mehr als ein Hühneraugenpflaster auf eine riesige, klaffende Wunde. Die Menschen an der Schlei werden diese Kapitulationserklärung sicherlich mit großer Sorge zur Kenntnis nehmen. Jamaika ist eben nicht bereit, überlebenswichtige Maßnahmen für die Schlei zu ergreifen.

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