Rede · 17.10.2025 Keine Herabsetzung der Unterrichtsversorgung!

„Wir müssen Rahmenbedingungen an Schulen schaffen, in denen es Lehrkräften gelingt, gesund zu bleiben und motiviert zu arbeiten. Das heißt eine Unterrichtsversorgung von mindestens 105% und ausreichend Lehrkräfte im System.“

Jette Waldinger-Thiering zu TOP 13+27 - Recht auf Bildung – Recht auf Unterricht, Kooperationen für Oberstufen stärken (Drs. 20/3591 + Drs. 20/3688)

Aktuell klagen Eltern von Schülerinnen und Schülern an einer Niebüller Gemeinschaftsschule ohne Oberstufe über einen enormen Unterrichtsausfall.
In einer zehnten Klasse fielen – nach den Berechnungen der Eltern- , im Zeitraum vom September 2024 bis Mai 2025, insgesamt 129 Stunden aus. Diese 129 Stunden sind komplette Unterrichtsausfälle ohne Vertretung oder eigenverantwortliche Lerneinheiten wie „Eva“ mit eingerechnet.
Das Bildungsministerium verkündete über den stellvertretenden Pressesprecher im SHZ, dass die Personalsituation in Nordfriesland gut sei und es keine Hinweise auf unbesetzte Stellen gibt.
Okay! Das heißt also, trotz vollbesetzter Stellen herrscht ein hoher Stundenausfall.
Deshalb – und das sage ich heute nicht zum ersten Mal - muss an der Definition von besetzten Stellen etwas geändert werden.
Das heißt in erster Linie, dass die Unterrichtsbeurteilung anhand der tatsächlich besetzten Stellen erfolgen muss und vor allem muss die Unterrichtsversorgung erhöht werden. Letztendlich kann man es drehen und wenden, wie man möchte.  Wir brauchen mehr Lehrkräfte statt weniger. Und wie so oft, sage ich auch jetzt noch einmal:
Wir müssen Rahmenbedingungen an Schulen schaffen, in denen es Lehrkräften gelingt, gesund zu bleiben und motiviert zu arbeiten. Das heißt eine Unterrichtsversorgung von mindestens 105% und ausreichend Lehrkräfte im System. Denn nur dann kann es gelingen, eine verbindliche Unterrichtsversorgung in Schleswig-Holstein zu gewährleisten. 
Aber zurück zu der Situation an der Niebüller Gemeinschaftsschule, hier machen sich Eltern Sorgen, dass ihre Kinder nur unter enormen Druck, die ausgefallene Unterrichtszeit und den somit verpassten Lehrstoff im weiteren Bildungsverlauf kompensieren können.
Da wundert man sich dann auch nicht mehr, wenn Betriebe über die mangelnde Ausbildungsreife der Auszubildenden klagen.
Ob jetzt Kooperationen von Gemeinschaftsschulen, ohne und mit Oberstufe der große Game-Changer in dieser Ausgangssituation sind, wage ich zu bezweifeln. Dennoch finde ich es gut und richtig, wenn solche Kooperationsverträge, die Möglichkeiten für Schülerinnen und Schüler erhöht werden das Abitur zu erlangen. Besonders für ländliche Regionen ist das wünschenswert und stärkt die Bildungsgerechtigkeit.
Aber in Bezug auf das Recht auf Bildung möchte ich auch nochmal darauf hinweisen, dass es in Schleswig-Holstein junge Menschen gibt, die überhaupt keinen Unterricht erhalten. Bei ihnen fällt 100% des Unterrichtes aus.
Das ist der Fall, wenn ein Jugendlicher aus einem anderen Bundesland aus erzieherischen oder sozialen Gründen in einer stationären Einrichtung der Jugendhilfe untergebracht ist. Ich hatte bereits vor Jahren auf die zahlreichen Fälle hingewiesen. 2019 kannte das zuständige Ministerium nicht einmal die genaue Zahl der Betroffenen, weil die Meldungen seitens der Einrichtungen völlig freiwillig waren. Ein Erlass zwei Jahre später sollte dann die Unterrichtspflicht auch für diese Gruppe festlegen, die ja im Schulgesetz nur als Kann-Vorschrift gestaltet ist. Ich befürchte allerdings, dass immer noch viele Jugendliche monatelang keinen Unterricht erhalten. 
Die Kinder in den stationären Einrichtungen haben keine Lobby, weil sie oft aus schwierigen Verhältnisse kommen und das für sie zuständiges Jugendamt weit weg in einem anderen Bundesland liegt. Auch diese Kinder haben aber ein Recht darauf, mit Gleichaltrigen Bildungsangebote nutzen zu können. Die Unterrichtspflicht muss auch für sie gelten.
Denn Schule ist nicht nur eine Wissensanstalt, sondern im besten Fall ein Ort des gemeinsamen und sozialen Lernens. 
Darum muss eine verlässliche und qualitativ gute Beschulung für alle Kinder in Schleswig-Holstein das Ziel sein und dabei ist die Herabsetzung der Unterrichtsversorgung und die Streichung von Lehrkräften definitiv kontraproduktiv.

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