Rede · 22.08.2013 Konsequenzen rot-grüner Steuerpolitik

Bevor ich zu den inhaltlichen Punkten komme, möchte ich doch erst einmal die Kolleginnen und Kollegen der antragstellenden Fraktion fragen, ob Sie allen Ernstes davon ausgehen, dass so ein Text von der Mehrheit des Landtages, also auch von den im Antrag kritisierten Fraktionen, angenommen werden wird? Keine Partei wird jemals zustimmen, dass ihre Forderungen schlecht, kaum durchdacht oder schädigend seien. Wer auf die Idee kommt, dass so etwas wirklich einmal geschieht, der hat schon eine besondere Art Humor.

In der Sache kritisiert der Antrag in allen acht Punkten Forderungen, die dazu beitragen wollen, die Einnahmesituation des Staates zu verbessern; ob es nun um die Reform der Einkommenssteuer geht, um die Erbschafts- oder die Kapitalertragssteuer. Man kann das „Steuererhöhungen“ oder „Einführung neuer Steuern und Abgaben“ nennen, und so suggerieren, als ob diese möglichen Ma0nahmen ein Selbstzweck seien. Eine saubere Argumentation ist das aber nicht. Im Bundestagswahlkampf geht es darum, wie dem Bundeshaushalt mehr Spielraum gewährt werden kann, schließlich haben viele kleine und große Entscheidungen der letzten Jahre und Jahrzehnte der Einnahmeseite nicht gerade gut getan. Das hatte Auswirkungen auf die Strukturen, die der Staat nicht mehr vollumfänglich zur Verfügung stellen kann. Den besser gestellten Bürgerinnen und Bürgern mag das ziemlich schnuppe sein. Sie können sich Dienstleistungen wie Nachhilfe, private Schulen oder Kinderbetreuung einfach auf dem Markt kaufen. Die Durchschnittsverdiener und die vielen Bürgerinnen und Bürger, die sich mit Werkverträgen, Minijobs, oder Teilzeitverträgen durchschlagen, brauchen dagegen eine leistungsfähige, öffentliche Infrastruktur für sich und ihre Kinder. Um diese Strukturen zu erhalten, ist man in Berlin auf die Idee verfallen, die Zahl der Nutzer zu senken: durch hohe Kita-Beiträge oder durch das so genannte Betreuungsgeld.
Ich bin der festen Überzeugung, dass Fernhalteprämien und Ausgrenzungsprogramme aber das falsche Mittel sind. Sie reduzieren vielleicht die Zahl der Nutzer von Kindergärten und Kinderkrippen, führen aber zu Benachteiligung, weil sie darauf spekulieren, dass einkommensschwache Haushalte auf den monetären Anreiz anspringen und lieber das kleine Geld nehmen als die Kitaangebote. Doch gerade Kinder aus diesen Haushalten sind auf die Bildungsangebote angewiesen. Die Kitas sind Bausteine einer Politik der Chancengleichheit. Kinder sollten nach Talent und nicht nach der sozialen Herkunft gefördert werden. In unseren Kitas werden alle Kinder gefördert und jedem einzelnen werden individuelle Angebote gemacht. Für die Qualität und Tiefe der Angebote spielt das Einkommen der Eltern keine Rolle. Darum müssen die Kitas auskömmlich finanziert werden und dazu kann dann auch eine steuerliche Maßnahme notwendig sein.
Der Staat muss allerdings nicht nur neue Strukturen schaffen, sondern auch, wie wir in Sachen Verkehrspolitik gerade wieder lernen müssen, ausreichende Mittel haben, um diese Strukturen in standzuhalten. An der einen oder anderen Stelle genügt die Anschubfinanzierung in Form eines Modellprojektes, das sich nach der Bewährung in eine stabile Struktur durch nicht-staatliche Stellen überführen lässt. In den weit überwiegenden Fällen, wo es um Integration oder Teilhabechancen geht, muss der Staat mit aller Energie für verlässliche Strukturen einstehen. Das ist sein grundgesetzlicher Auftrag, für den er schlicht und einfach Geld benötigt.
Damit sind wir wieder bei Ideen für eine bessere Einnahmesituation des Staates. Ich würde mir in diesem Zusammenhang einen Wettbewerb guter Ideen wünschen, bei dem eine Gesellschaft um die optimale und solidarische Lösung ringt. Der Bundestagswahlkampf wäre dafür ein gutes Forum.

Die weit überwiegenden Punkte, die der Antrag anführt, setzen sich mit steuerlichen Fragen des Bundesgesetzgebers auseinander. Seit vielen Jahren fordert der SSW das Ende des Ehegattensplittings, weil es Geld von Familien mit Kindern zu Familien ohne Kinder umverteilt. Das Ehegattensplitting ist keineswegs das familienpolitische Nonplusultra, als das es der Antrag darstellt. Die Antragsteller bemühen sich nicht einmal um eine inhaltliche Auseinandersetzung, sondern schütten einen Kübel von Desinformationen aus. In Sachen angeblicher Wahlfreiheit, die das Ehegattensplitting angeblich gewährt, bezahlen tatsächlich vor allem die Frauen die Rechnung. Als Rentnerinnen werden die Frauen die Konsequenzen der runter gerechneten Sozialbeiträge bei der Altersversorgung empfindlich zu spüren bekommen. Dann ist es allerdings zu spät.
Gerade dieses Beispiel zeigt, dass es eben nicht um steuerliche Maßnahmen an sich geht, sondern um eine gerechte Aufteilung von Lasten in einer Gesellschaft. Und darin, dass man sich für mehr Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit für unsere Gesellschaft einsetzt – auch mit steuerlichen Maßnahmen – kann ich nichts Verwerfliches sehen.

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