Rede · 16.12.2016 Lippenbekenntnisse bringen uns nicht weiter

Jette Waldinger-Thiering zu TOP 12 - Entwurf eines Gesetzes zur Sicherung der Arbeit der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten

„Mit diesem Gesetzentwurf können die hauptamtlichen Gleichstellungsbeauftragten ihrer Aufgabe wirklich nachgehen und die Gleichstellung von Mann und Frau gewährleisten“

Die Frage der Gleichstellung von Frauen und Männern ist wirklich ein Sonderfall. Wer sich die Forderungen aus dem politischen Raum anhört und mit der gesellschaftlichen Realität abgleicht, wird zwangsläufig immer wieder enttäuscht. Alle betonen die Wichtigkeit der Gleichberechtigung von Frauen und Männern. Und fast alle betonen, wie wertvoll die Arbeit der Gleichstellungsbeauftragten ist. Und doch gibt es aus meiner Sicht noch immer zu wenig Unterstützung für diese Arbeit. Ich will niemandem böse Absichten unterstellen. Aber ganz offensichtlich liegen Anspruch und Wirklichkeit deutlich auseinander. Der SSW ist deshalb der Auffassung, dass wir hier ruhig mal einen größeren Schritt nach vorne machen können. Lippenbekenntnisse bringen uns nicht weiter. 

Wenn wir ehrlich sind, dann haben wir allein schon mit Blick auf den Arbeitsmarkt keine Zeit zu verlieren. Denn hier wird ein enormes Potential verschenkt. Studien zeigen immer wieder überdeutlich, wie wichtig Frauen für den Erfolg von Unternehmen sind. Gleichzeitig gibt es seit Jahren mehr Absolventinnen als Absolventen an unseren Hochschulen. Und doch ist in Deutschland nur jeder fünfte Führungsposten von einer Frau besetzt. Sicher, in Schleswig-Holstein sind es mit circa 26 Prozent etwas mehr. Aber die Unternehmen vergeben auch hier bei uns riesige Chancen, weil sie Frauen in den mittleren Führungsebenen nicht angemessen auf höhere Aufgaben vorbereiteten und sie eben nicht entsprechend fördern. 

Für mich ist deshalb völlig klar, dass wir beim Thema Frauen auf dem Arbeitsmarkt einen echten kulturellen Wandel brauchen. Hier müssen sich die Unternehmen genauso bewegen, wie die öffentliche Verwaltung. Und für den SSW kann es auch keinen Zweifel daran geben, dass wir als Land nicht nur mit gutem Beispiel vorangehen, sondern eben auch den Rahmen für eine moderne Gleichstellungspolitik schaffen müssen. Vor diesem Hintergrund ist es also nur konsequent, wenn man vor allem auch die Arbeit der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten sichert. Und genau dieses Ziel verfolgt der vorliegende Gesetzentwurf der Landesregierung. 

Ich denke allen hier ist bewusst, dass wir ohne die Arbeit der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten längst nicht da wären, wo wir heute sind. Sie sind es, die die Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen vor Ort verwirklichen. Sie informieren und beraten nicht nur, sondern sie setzen frauenspezifische Themen eben auch immer wieder auf die Tagesordnung in den Kommunen. Ihre Mitarbeit bei Personalfragen und Fragen der Vereinbarkeit von Familie und Beruf halte ich für unverzichtbar. Und durch ihre Beratungsarbeit gegenüber Kommunalpolitikern und Verwaltungen sind wir bei diesem Thema zwar langsam aber flächendeckend vorangekommen. 

Eins wird dabei aber oft vergessen: Die kommunalen Gleichstellungsbeauftragten machen diesen wichtigen Job nicht selten unter erschwerten Bedingungen. Trotz der vielen zeitintensiven Aufgaben gibt es längst nicht überall die Einsicht, dass man für diese Tätigkeit dann auch die entsprechende Arbeitszeit braucht. Im Klartext haben Gleichstellungsbeauftragte also auch dort, wo es die Einwohnerzahl hergibt, nicht immer ihre volle Arbeitszeit zur Verfügung. So können die Kommunen ihren Gleichstellungsauftrag aber nicht wirklich erfüllen. Deshalb stellen wir dies nun im Gesetz klar.

Doch auch die weiteren Punkte im Entwurf sind wichtig, um die Gleichstellungsarbeit zu stärken. Zum einen ist es in meinen Augen längst überfällig, dass haupt- und ehrenamtliche Beauftragte realistische und praktikable Widerspruchsrechte haben. Laut Mitbestimmungsgesetz hat beispielsweise der Personalrat zwei Wochen Zeit, Widerspruch einzulegen. Daran werden sich nun auch die Fristen für unsere Gleichstellungsbeauftragten orientieren. Und zum anderen ist es aus Sicht des SSW absolut sinnvoll, den Fall von Verwaltungskooperationen im Gesetz mitzudenken. Wenn also Verwaltungsgemeinschaften gebildet werden, die mehr als 15.000 Einwohner haben, muss in Zukunft auch eine hauptamtliche Gleichstellungsbeauftragte mit ganzer Stelle beschäftigt werden. 

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass damit Gleichstellungsarbeit in den Kommunen noch umfassender und professioneller geleistet werden kann. Vielleicht ist das auch erstmal mit Umstellungen und Mühen verbunden - aber all das wird sich auszahlen. Denn von der Gleichstellung von Männern und Frauen profitieren letztlich alle.

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