Rede · 26.09.2013 Minderheiten bei der Europäischen Kommission, Unterstützung von europäischen Bürgerinitiativen und Arbeit der FUEV in Schleswig-Holstein

,,Brüssel – wir haben ein Problem“

Jeder siebte EU-Bürger gehört einer autochthonen Minderheit an oder spricht eine Regional- oder Minderheitensprache. Ist das etwa keine Angelegenheit für die EU-Kommission? Die Regierungen in Griechenland und Frankreich verweigern ihren Minderheiten ein Recht auf Anerkennung, Schutz und Gleichbehandlung. Auch keine Angelegenheit für die EU-Kommission? Eine institutionalisierte Minderheitenpolitik auf EU-Ebene – Fehlanzeige. Dass die Kopenhagener Kriterien auch entsprechend für alteingesessene EU-Mitgliedsstaaten gelten – kein Thema.

Die so-genannte Minority-Safepack-Initiative will eine Million Unterschriften sammeln, um in einer gigantischen Bürgerinitiative mehr Minderheitenrechte auf europäischer Ebene einzufordern. Dies wurde vor einigen Tagen in Brüssel abgelehnt. Hier geht es nicht um den genormten Krümmungsgrad einer EU-Banane, sondern um die Wahrung fundamentaler Menschenrechte. Wenn das keine Angelegenheit für die EU-Kommission ist, dann muss ich wirklich festhalten: Brüssel – wir haben ein Problem!

Doch jetzt die Köpfe in den Sand zu stecken bringt die Sache nicht nach vorn. Die Initiatoren von der FUEV sind gestern mit dem gesamten Präsidium zu Gesprächen nach Brüssel gereist. Die rechtlichen Debatten sind im vollen Gange. Jetzt ist Durchhaltevermögen gefragt. Das sind wir nicht nur den anderen autochthonen Minderheiten in Europa schuldig, sondern auch uns selbst. Keine Frage, die Kulturelle- und Sprachenvielfalt im deutsch-dänischen Grenzland ist etwas ganz besonderes. Die Minderheitenpolitische Infrastruktur gehört zweifelsohne dazu. Für uns als SSW ist das FUEV-Büro in Flensburg nicht mehr wegzudenken. Wir schätzen die Zusammenarbeit mit der FUEV sehr und deswegen unterstützen wir sie auch wenn es nötig ist. Die rot-grün-blaue Koalition hat der JEV, die Jugendorganisation der FUEV, einen Zuschuss gewährt. Gerade auch vor dem Hintergrund der schwierigen finanziellen Situation der JEV, auch weil es immer schwieriger wird Förderung aus EU-Mitteln zu bekommen. Die Arbeit der Jugendlichen und jungen Erwachsenen ist ein Mehrwert für unser Grenzland, gerade auch weil sich die jungen Nord- und Südschleswiger sowie Nordfriesen sehr aktiv an der Arbeit der JEV beteiligen. Der frühe Blick über den Tellerrand ist prägend - und das beispiellos.

Für den Blick über unseren eigenen Tellerrad gilt, dass Schleswig-Holstein noch weit vom Standard entfernt ist, wenn es darum geht, dass die verschiedenen Sprachen im Alltag auch wirklich präsent sind. Heute ist der Europäische Tag der Sprachen. Dieser wird seit 2001 jährlich gemeinsam von Europarat und Europäischer Union ausgerichtet. Wenn wir heute also einmal das Radio anmachen und die Zeitung aufschlagen und uns die Sprachenvielfalt einmal genau ansehen, werden wir dort auf keine besonders große Vielfalt stoßen. Das finde ich bedauerlich. Sprachliche Vielfalt hat nicht nur etwas mit Fremdsprachenkenntnis oder einen glänzenden Lebenslauf zu tun. Sondern es geht auch darum, dass ich - beispielsweise - als Friesin im Alltag auch meine Sprache nutzen, hören und lesen kann. Die Europäische Kommission kann da wenig machen. Diese Sache können und müssen wir selbst angehen. Minderheitenpolitik ist eine Querschnittsaufgabe und gerät gerade deshalb allzu oft unter die Räder. Für uns als SSW, und das gilt auch für unsere Kollegen der Küstenkoalition, ist es ganz wesentlich, dass Minderheitenpolitik bei allen Initiativen und politischen Vorhaben mit gedacht wird. Für viele ist diese Denkweise sicherlich neu, für uns jedoch gehört sie schon immer zum politischen Leben dazu.

Abschließend möchte ich noch etwas zur Bürgerinitiative sagen. Ich möchte bei dieser Gelegenheit ein Zitat vom FUEV-Präsident Hans Heinrich Hansen einbringen, der sich zur Nachricht der EU-Kommission wie folgt äußert: ,,Die Minderheiten in Europa sind loyale Bürger und wir werden nicht akzeptieren, dass die Europäische Kommission uns wie Kleinkinder behandelt.“ Wer Minderheitenrechte lädiert, darf sich nicht wundern, wenn sich die Menschen irgendwann davon abwenden. Das gilt auch für die EU.

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