Rede · 14.09.2006 Priorität für Erdkabel beim Ausbau der Stromnetze

Unsere Beratungen zum Thema Erdkabel oder Freileitung haben deutlich gemacht, dass unsere Einflussmöglichkeiten hier als Landesparlament eher gering sind. Es ist gut, dass wir uns hier eindeutig für die Erdkabelvariante aussprechen, aber es wird auch deutlich, dass wir dieses als Landesparlament eben nicht vorschreiben können. Somit droht eine wirtschaftlich nachhaltige und ökologisch sinnvolle Lösung am kurzfristigen Profitstreben des Leitungsnetzbetreibers zu scheitern. Hier wird deutlich, dass es nicht Ziel führend ist, wenn in einem Bereich der Daseinsvorsorge - und die Versorgung mit Strom ist Daseinsvorsorge - ein privater Anbieter über die Infrastruktur verfügt. Dies sollte uns auch mahnen, bei der Übertragung von Aufgaben und Eigentum an Private in anderen Bereichen der Daseinsvorsorge sehr vorsichtig zu sein.

Wir beschließen heute einen Antrag, der für uns alle einen Kompromiss darstellt und mit dem alle leben können, weil er auslegbar ist. Wenn im Antrag steht, dass Erdkabeln der Vorrang eingeräumt werden soll, sofern dies technisch machbar und dies wirtschaftlich vertretbar ist, dann stimmen wir dem alle zu. Technisch machbar ist dies allerdings überall in Schleswig-Holstein, schließlich gibt es hier keine landschaftlichen Hindernisse wie in anderen Bundesländern. Und die Planungen zwischen Breklum und Flensburg haben gezeigt, dass Erdverkabelungen sogar leichter umsetzbar sind. Was die wirtschaftliche Vertretbarkeit angeht, prallen in der Einschätzung allerdings Welten aufeinander. Übernimmt man die kurzfristige Sicht des Energieversorgers, so kommt man um den Schluss, dass Freileitungen billiger sind, nicht herum. Je langfristiger man allerdings die Investition betrachtet je wirtschaftlicher wird auch die Erdverkabelung.

Hier gibt es auch einen Dissens in der Politik, den wir zwar mit unserem heutigen Antrag übertünchen, der aber da ist. Wir als SSW sind der Meinung, dass die Berechnung der Wirtschaftlichkeit auf einer langfristigen Betrachtung beruhen muss. Erst dann werden die gesamten Kosten für Unterhaltung und Erneuerung der Trasse mit einbezogen und man könnte auch mögliche Verzögerungen im Bau durch Einsprüche der Bürger gegen Freileitungen mit einbeziehen. Diese Einsprüche führen nämlich dazu, dass der Strom über Jahre nicht fließen kann, was die Freileitung gegenüber der Erdverkabelung unwirtschaftlicher macht. Hier bedarf es einer gesetzlichen Regelung auf Bundesebene, die genau regelt, welche Gesichtspunkte und welche Zeiträume bei den Wirtschaftlichkeitsberechnungen der Netzbetreiber als Grundlage dienen müssen. Erst dann würde man von einer einheitlichen und vergleichbaren Grundlage ausgehen. Tut man dies nicht, wird sich der politische Dissens nicht auflösen lassen.

Ähnliches gilt für den dritten Absatz. Man kann ihn so deuten, als ob die Erzeuger erneuerbarer Energien verpflichtet werden sollen, sich an den Kosten des Leitungsnetzes zu beteiligen – die Betreiber konventioneller Kraftwerke oder subventionierter Atomkraftwerke aber nicht. Das ist natürlich nicht unsere Auffassung. Wir meinen, dass alle Beteiligten versuchen sollten, die Kosten möglichst gering zu halten und dass auch die Erzeuger erneuerbarer Energien versuchen sollten, als Investor für Erdkabel aufzutreten und so dafür zu sorgen, dass der Strom auch preiswert durch Erdkabel fließen kann. Eine solche Beteiligung an den möglichen kurzfristigen Mehrkosten für Erdkabel ist wünschenswert. Diese Beteiligung darf aber dann auch nicht verhindert werden. Die Strukturen sind aber immer noch so, dass solche Beteiligungen nicht sehr realistisch erscheinen. So lange der Staat hier keine Einflussmöglichkeiten hat, so lange wird jeder neue Netzbetreiber abgeblockt werden. Auch hier muss in Zukunft eine bundesgesetzliche Regelung geschaffen werden, damit hier Eingriffsmöglichkeiten entstehen. Es darf nämlich nicht sein, dass ein von allen Seiten als vernünftig angesehenes Projekt, wie die Erdkabeltrasse von Breklum nach Flensburg an Einzelinteressen eines großen Strommultis scheitern.

Der vorliegende Beschlussentwurf ist ein Kompromiss mit dem man leben kann und den jeder entsprechend seiner Vorstellungen auslegen kann. Ich bin mir sicher, dass Erdkabel in unserem Land wirtschaftlicher als Freileitungen sind. Leider kann ein Netzbetreiber aber nicht gezwungen werden die langfristig wirtschaftlichere, umweltverträglichere, landschaftsschonendere und letztlich auch in der Bevölkerung anerkanntere Variante – nämlich Erdkabel – umzusetzen. So lange dies so ist, können wir als Politik nur die Menschen vor Ort unterstützen und der SSW wird dies auch weiterhin tun.


 

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