Rede · 29.02.2008 Wettbewerb bei Schienenverkehrsleistungen erhalten


Als das Land Schleswig-Holstein im Dezember 2001 das Wettbewerbskonzept für den Schienenpersonennahverkehr in Schleswig-Holstein aufgestellt hat, ist man seinerzeit einen völlig neuen Weg gegangen. Durch das konsequente Ausschreiben von Nahverkehrsleistungen, wollte man ein Mehr an Leistung und Qualität bei sinkenden Aufwendungen hierfür erreichen. Und man kann sagen, dass dieses Ziel voll und ganz erreicht wurde. Jeder, mit dem man spricht, stellt fest, dass man sicherlich immer neue Wünsche äußern könnte, aber man in jedem Fall besser dasteht als früher. Die Züge sind moderner, das Personal oft freundlicher und die Ausgaben des Landes sind gesunken, nachdem man eine Strecke in den Wettbewerb gestellt hat.

Betrachtet man dann noch, dass ein Ziel wie die Behindertengerechtigkeit ebenfalls berücksichtigt wurde und die Mitarbeiter aufgrund der Ausschreibungen gemäß des Tariftreuegesetzes nicht schlechter gestellt wurden als vorher, kann man wirklich nur von einem Erfolg der Maßnahmen vom damaligen Wirtschaftsminister Rohwer sprechen.

Wie gesagt, alle diese Erfolge waren möglich, obwohl wir sogar durch die Ausschreibungen Geld gespart haben. Deshalb ist es unverständlich, wenn nun durch die Landesregierung von diesem erfolgreichen Verfahren abgewichen werden soll. Im Wirtschaftsausschuss haben Sie, Herr Minister Austermann, gesagt, dass nicht nur Wettbewerbsverfahren zu einem gewünschten Erfolg verhelfen können. Damit ist nichts anderes gemeint, als dass Sie offensichtlich auch erwägen, direkte Verhandlungen mit potentiellen Betreibern – oder auch nur einem Betreiber – zu führen und damit dann natürlich den Wettbewerb außer Kraft zu setzen. Hier sich massiv gegen den Wettbewerb zu wenden, kann eigentlich nicht CDU-Politik sein. Selbst das immer wieder herangezogene Beispiel des Netzes Ost hinkt. Natürlich hat man nachverhandelt und noch etwas Geld gespart – wenn auch das ganze Verfahren stark kritisiert wurde. Aber ohne einen vorherigen Wettbewerb mit Ausschreibung, hätte es wohl nie die Einsparungen gegeben. Betrachtet man nüchtern, was man vorher zahlen musste und was man später nach einer Ausschreibung zahlen musste, kann jeder einsehen, dass vorher wohl recht gut gezahlt wurde und man ohne Ausschreibung wohl nicht zu dieser Erkenntnis hätte gelangen können.

Wir werden in diesem und im nächsten Jahr mit den Vorarbeiten für die Vergabe der Netze Nord und Mitte beginnen. Dabei reden wir von insgesamt 11,1 Millionen Zugkilometern pro Jahr. Das ist knapp die Hälfte aller Nahverkehrsleistungen auf der Schiene in unserem Land - also ein riesiger Anteil vom Kuchen. Wer diesen Anteil bekommt, der verdient eine riesige Summe Geld. Das darf man natürlich auch, aber eben erst, nachdem man sich einem Wettbewerb gestellt hat. Mir ist schon klar, dass ein Verhandlungsverfahren rechtlich nicht zu beanstanden wäre, wenn es sauber durchgeführt wird. Aber was rechtlich machbar ist, muss wirtschaftlich nicht immer sinnvoll sein. Wir als SSW wollen, dass es nicht wieder Diskussionen gibt, wie bei der Vergabe des Netzes Ost. Wir wollen, dass in völliger Transparenz und bei gleichen Möglichkeiten des Marktzugangs alle die gleichen Möglichkeiten haben im Wettbewerb den Zuschlag für eine Strecke zu bekommen. Durch unseren gemeinsamen Antrag mit FDP und Grünen wollen wir auch kleineren Unternehmen die Chance geben, sich an dem Betrieb der Strecken zu beteiligen. Wir wollen Vielfalt auf den Bahnstrecken in Schleswig-Holstein, weil uns diese Vielfalt davor schützt, von einem Unternehmen abhängig zu sein.

Wir können jetzt im Land sehen, dass wir mit dem, was wir im Übrigen bisher parteiübergreifend in diesem Hohen Hause unterstützt haben, Erfolg hatten. Die Praxis des Ausschreibens und die Bedingungen des Wettbewerbs sind von uns allen so gewollt gewesen und deshalb habe ich kein Verständnis dafür, wenn der Wirtschaftsminister und diese Landesregierung möglicherweise den Schienenverkehr auf den Netzen Nord und Mitte ohne Wettbewerb vergeben. Der Landtag hat das Wettbewerbskonzept aus dem Jahr 2001 immer einmütig unterstützt und nach unserer Auffassung müsste schon ein Beschluss des Landtages her, damit man von dieser Praxis abweichen kann. Hierzu scheint die Große Koalition aber keinen Mut zu haben. Man will den Wirtschaftsminister nicht beschädigen, obwohl man genau weiß, dass das, was FDP, Grüne und SSW heute vorschlagen, genau der richtige Weg war und ist.

Wir wollen weiterhin den Integrierten Taktfahrplan so gut wie möglich umsetzen, wir wollen die Angebotsqualität verbessern, wir wollen neue Fahrzeuge auf den Strecken, wir wollen neue Produkte auf den Strecken und wir wollen das die Kunden, Arbeitnehmer und die Unternehmen zufrieden sind. Die sinkenden zur Verfügung stehenden Regionalisierungsmittel, werden es schwerer machen, diese Ziele zukünftig erreichen zu können. Wir sollten es uns aber nicht noch schwerer machen, in dem wir Schienenverkehre quasi nach Gutsherrenart vergeben, ohne dass unsere Unternehmen einem Wettbewerb ausgesetzt werden. Ein solches handeln der Landesregierung wäre dann zum Schaden des Landes Schleswig-Holstein.

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