Rede · 23.02.2023 Wir müssen die handwerklichen Schlachthöfe unterstützen

„Der SSW hat sich aus tierschutzpolitischen Aspekten immer dafür eingesetzt, die Lebendtiertransporte so kurz wie möglich zu halten. In dem Zusammenhang kommen wir um die kleinen Schlachthöfe nicht herum.“

Lars Harms zu TOP 11, 29, 41 - Lückenlose Beachtung des Tierschutzes bei Schlachtungen sicherstellen (Drs. 20/590, 20/712 und 20/701)

Es hat sich wieder einmal gezeigt, dass Ausschussarbeit für unsere parlamentarische Arbeit unverzichtbar ist. Das Fachgespräch, zum Kontrollsystem in Schlachthöfen, hat uns Einblicke gegeben, über den Aufgabenbereich und die Strukturen des Veterinärwesens in unseren Kreisen. Viel wichtiger aber war, dass wir uns ein Bild davon machen konnten, was im Schlachthof in Flintbek seinerzeit passiert ist und wo mögliche Fehler im System liegen. Die zuständige Kreisveterinärin, die nach dem bekannt werden der Vorfälle in Flintbek, erheblich in die Kritik geraten war, konnte unserer Auffassung nach im Ausschuss Licht in die Sache bringen. Demnach wurde der Schlachthof regelmäßig besucht und begutachtet. Das Wissen und das handwerkliche Können waren dort vorhanden. Bei den Kontrollen vor Ort habe es keine Beanstandungen oder gar Hinweise auf Tierquälerei gegeben. Diese Verstöße fanden außerhalb jeder offiziellen Überwachung oder Kontrolle statt. 
Welche Kontrollmöglichkeiten haben die zuständigen Veterinärbehörden demnach, um derart tierschutzrelevante Verstöße zu unterbinden? Jede Schlachtung durch amtliches Personal dauerhaft zu überwachen wäre eine Utopie. Einerseits fehlt es an qualifiziertem Personal und andererseits könnten die handwerklichen Betriebe die anfallenden Gebühren kaum noch bezahlen, so dass die Schlachtungen dort kaum noch kostendeckend seien. Das fällt also weg. 
In Abstimmung mit dem Fleischerverband hat der zuständige Kreis die Initiative ergriffen und ein Projekt auf die Beine gestellt, wonach sich mit den Schlachtbetrieben darauf verständigt wurde, mittels Videotechnik sämtliche Schlachtvorgänge aufzuzeichnen. Wichtig sei dabei, dass die Kameras so installiert werden, dass sie ausschließlich die vulnerablen Bereiche überwachen. 
Dem Fleischerverband liegt daran an dem Projekt mitzuarbeiten und es umzusetzen, denn durch derartige Vorfälle, wie sie in Flintbek aufgezeichnet wurden, gerät die gesamte Innung in Misskredit. Dem soll mit dem Projekt entgegengewirkt werden. 
Die Videoüberwachung in den Großbetrieben ist bereits gängige Praxis und es findet auch in anderen Bundesländern statt. Zudem gibt es zwei Bundesländer, wo auf freiwilliger Basis entsprechende Überwachungen durchgeführt werden. Es ist also nichts Neues. 
Gleichwohl kam vom Innungsverband der Hinweis, dass es auch dort einen Fachkräftemangel gebe und es nicht absehbar sei, wie die Angestellten auf das Thema Videoüberwachung am Arbeitsplatz reagieren würden. Die Frage ist also, wie kommen wir weiter? Auf der einen Seite den Aspekten des Tierschutzes gerecht zu werden und auf der anderen Seite der sensible Aspekt des Datenschutzes. 
Wir sollten das Pilotprojekt nutzen und es als Möglichkeit sehen, um entsprechende Erfahrungen zu sammeln und um eine bessere Kontrolle zu gewährleisten. Dabei muss klar sein, dass dies aber nur in genauer Abstimmung mit dem Datenschutz geschehen darf. Ich denke darüber herrscht breite Einigkeit.
Aus den Ausführungen des ULD wurde deutlich, dass das Land als Gesetzgeber hier kaum Kompetenzen hat. Datenschutz im nicht öffentlichen Bereich und im Kompetenztitel Recht der Wirtschaft ist meist bundesrechtlich geregelt. Hier sehe ich den Auftrag an die Politik, bundesgesetzliche Regelungen auf den Weg zu bringen. Zudem brauchen wir vom Land eine Richtlinie oder Leitlinie, um das Pilotprojekt datenschutzrechtlich abzusichern. 
Für die Beschaffung der erforderlichen Technik hat der Kreis bereits zugesagt einen finanziellen Zuschuss zu leisten. Das ist begrüßenswert, aber sollte aus dem Pilotprojekt eine dauerhafte und landes- oder gar bundesweite Maßnahme werden, dann müsste die finanzielle Unterstützung entsprechend geregelt werden. Denn klar ist, die kleinen Betriebe können solche Kontrollsysteme nicht mal eben so finanzieren. 
Der SSW hat sich aus tierschutzpolitischen Aspekten immer dafür eingesetzt, die Lebendtiertransporte so kurz wie möglich zu halten. In dem Zusammenhang kommen wir um die kleinen Schlachthöfe nicht herum. Wir brauchen sie und daher müssen wir alles dafür tun, dass sie eben nicht durch solche Vorfälle in Verruf geraten. Der SSW wird die handwerklichen Schlachthöfe auf diesem Weg begleiten und unterstützen.

 

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