Rede · 13.11.2019 Wir wollen einen sozialen und fairen Wohnungsmarkt

Die Fehlbelegungsabgabe ist eine Frage der Gerechtigkeit und die Kommunen brauchen mehr Geld für soziale Wohnraumförderung!

Lars Harms am Meer

Lars Harms zu TOP 9+26 - Gesetz über die Wohnraumförderung in Schleswig-Holstein und Transparenz auf lokalen Wohnungsmärkten schaffen (Drs. 19/1751 & 19/1787)

Bei der Fehlbelegungsabgabe handelt es sich, wie Sie sicher wissen, um einen monatlichen Betrag, den nichtbedürftige Mieterinnen und Mieter zusätzlich zur subventionierten Miete zahlen, wenn sie in einer öffentlich geförderten Wohnung leben. 
Das kann ganz einfach dann anfallen, wenn Sie in eine Sozialwohnung einziehen, weil Sie finanziell schwach dastehen. Sie müssen mit einem Wohnberechtigungsschein nachweisen, dass Sie überhaupt die rechtlichen Voraussetzungen erfüllen und unterhalb einer bestimmten Einkommensgrenze liegen. In Schleswig-Holstein liegen wir da nach unserem Wohnraumförderungsgesetz bisher bei einem Jahreseinkommen von 14.400 Euro netto für eine Person, 21.600 Euro für zwei. 
Wenn es Ihnen dann besser geht und Sie die Einkommensgrenze überschreiten, müssten Sie eigentlich – so will es das Gesetz – ausziehen. Das wird aber im Regelfall gar nicht überprüft. 

Und hier setzen wir mit unserem Vorschlag der Einführung der Fehlbelegungsabgabe an. Wir vom SSW wollen im Zweifel gar nicht erwirken, dass Menschen tatsächlich aus ihren Wohnungen ausziehen müssen, wenn ihre Situation sich bessert. Wir finden es sogar richtig, so auch Wohnquartiere zu behalten oder zu bekommen, in denen Menschen unterschiedliche Einkommen haben. Wir wollen einfach nur, dass dann eine Ausgleichszahlung stattfindet, die es den Kommunen an anderer Stelle ermöglicht, für kostengünstigeren Wohnraum zu sorgen. 

Denn in Schleswig-Holstein haben wir 47.196 Wohnungen unter der Berücksichtigung von 2.510 Wohnheimplätzen, die sich in der Sozialbindung befinden. Jedenfalls ist das der aktuellste Stand, den ich über das Ministerium in Erfahrung bringen konnte. Weiter habe ich erfahren, dass die Wohnberechtigung bei der Erstvermietung durch die IB.SH kontrolliert wird. Bei der Folgevermietung allerdings führt die IB.SH nur noch Stichprobenprüfungen durch, die Kontrolle obliegt den Kommunen. Ob es Räumungen oder Kündigungen durch Überschreitungen der Einkommensgrenzen gegeben hat, darüber konnte das Ministerium keine Auskunft geben. Wir wissen aber, dass wir eine hohe Fehlbelegungsquote bei Sozialwohnungen haben. Noch 2016 verkündete das Institut der Deutschen Wirtschaft in Köln, dass die Fehlbelegung geförderter Wohnungen bei 54 Prozent liegt.  Zwei bis drei Jahre nach dem Einzug ist davon auszugehen, dass 30 bis 40 Prozent der Bewohnerinnen und Bewohner die Einkommensgrenze überschreiten.

Nun ist es mit der Fehlbelegungsabgabe, das wissen wir aus den Diskussionen der letzten Jahre, letztlich eine Entscheidungssache. Es wird einen Verwaltungsaufwand geben. Wir finden aber, dass sich der Aufwand lohnt. In anderen Städten, Frankfurt am Main etwa, sehen wir Beispiele, in denen die Verwaltungskosten zwar 1,3 Mio. Euro ausmachen. Dafür stehen auf der anderen Seite aber Einnahmen von 5,16 Mio. Das kann sich doch allemal sehen lassen! 
Nun lässt sich Frankfurt am Main nicht unbedingt mit Schleswig-Holstein vergleichen. Es ist aber davon auszugehen, dass auch kleinere Kommunen bei einem Verwaltungskostenanteil von etwa 25% der dadurch entstehenden Einnahmen landen werden. Das, was die Kommunen an Verwaltungsaufwand aufbringen müssen, bringt ihnen also hohe Mittel für den Neubau von Sozialwohnungen. Für unsere kleinen Kommunen hätten wir auch einen ganz guten Weg, wie ich finde. Die können sich nämlich zusammentun, ihre Einnahmen über drei Jahre ansparen und dann kommunenübergreifend sozialen Wohnraum bauen oder fördern. 

Unsere Kernforderungen sind also folgende: 
1.    Allem vorangestellt: Natürlich die Erhebung einer Fehlbelegungsabgabe. 
2.    Wohnungslose, Studierende und Azubis in die Zielgruppe der Wohnraumförderung aufnehmen. Das sind im Moment diejenigen, um die wir uns bei der Wohnungsknappheit besonders kümmern müssen. 
3.    Kündigungen oder Räumungen nur, wenn keine Fehlbelegungsabgabe entrichtet wird. 
4.    Die Erhebungspflicht der Gemeinden und das häufigere Überprüfen der Bedürftigkeit. 
5.    Und all das, um den Kommunen mehr Mittel für sozialen Wohnraum zur Verfügung stellen. 

Für uns ist die Einführung einer Fehlbelegungsabgabe eine Frage der Gerechtigkeit. Bedürftigkeit wird nicht in Frage gestellt, aber regelmäßiger überprüft. Menschen werden nicht aus ihren Wohnungen geworfen, aber dazu verpflichtet, die ortsübliche Miete zu zahlen, sofern sie es können. Und Kommunen werden in die Lage versetzt, mehr sozialen Wohnraum zu schaffen, auch kommunenübergreifend. 
Wir können so einen Beitrag zu einem faireren System und einem entspannteren Wohnungsmarkt leisten. Die Bundesländer haben die Möglichkeit, eine Fehlbelegungsabgabe einzurichten. In Schleswig-Holstein sollte das jetzt geschehen! 

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