Rede · 11.07.2007 Änderung der Landesverfassung (Kinderrechte)


Eines müssen wir uns eingestehen: Wenn es um die konkrete Verbesserung der Lebenssituation von Kindern geht, dann wird der vorhergehende Tagesordnungspunkt  – das Kinderschutzgesetz – vermutlich mehr praktische Konsequenzen haben als eine Änderung der Landesverfassung. Trotzdem ist es eine wichtige Entscheidung, die wir heute fällen.

Mit der Verankerung von Kinderrechten in der Landesverfassung unterstreicht der Landtag einmütig, dass Schleswig-Holstein Verantwortung für die Kinder im Land übernimmt. Die Kleinsten in unserer Gesellschaft können ihre Rechte nicht selbst einfordern. Und leider müssen wir feststellen, dass auch diejenigen, die es eigentlich für sie tun müssten – ihre Mutter, ihr Vater, ihr Sorgeberechtiger – nicht immer in der Lage sind, die Rechte ihrer Kinder zu vertreten. Im Gegenteil. Traurige Fälle belegen immer wieder, dass manche mit ihrer Elternrolle derart überfordert sind, dass sie selbst die Rechte ihrer Sprösslinge missachten. Viel zu viele Kinder leiden stumm – deshalb muss das Land ihnen einen besonderen Schutz bieten und für sie die Stimme erheben, wenn es niemand anderes tut. Nichts anderes wollen wir heute beschließen.

Kinder haben eigene Rechte, die nicht weniger wiegen als die Rechte der Erwachsenen. Dazu gehören natürlich zuerst das Recht auf körperliche und seelische Unversehrtheit und der Anspruch auf eine angemessene Förderung ihrer Entwicklung. Das sind die Themen, die wir mit dem Kinderschutzgesetz und auch mit dem Kinder- und Jugend-Aktionsplan der Landesregierung anpacken.

Kinderrechte sind aber mehr als der Schutz vor Gewalt und Vernachlässigung.  Sie betreffen auch die Förderung und die Teilhabe der Kleinsten. So gehört zu den Kinderrechten zum Beispiel auch die Mitsprache in politischen Fragen, die den Alltag der Kinder betreffen. Der SSW hat schon häufiger davor gewarnt, dass Schleswig-Holstein seine Vorreiterrolle bei der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen verliert. Wir brauchen neue Impulse für diese Debatte, die hier im Hause einmal zu den Sternstunden gehörte. Einer könnte der Vorschlag sein, das Wahlalter auch bei Landtagswahlen auf 16 Jahre herabzusetzen.  Außerdem kann das Land noch viel mehr tun, um Kinder und Jugendliche über ihre Rechte und Pflichten altersgemäß zu informieren. Und sie müssen wissen, wo sie sich beschweren können, wenn sie sich in ihren Rechten verletzt fühlen. So kann man das Bewusstsein der Kinder dafür stärken, dass sie den Erwachsenen nicht ausgeliefert sind.

Der SSW begrüßt ausdrücklich, dass die CDU in den letzten Monaten in dieser Frage noch einmal in sich gegangen ist und ihren Widerstand gegen eine Änderung der Landesverfassung aufgegeben hat. Wir würden uns sehr wünschen, dass sie diesen Sinneswandel auch auf Bundesebene einleiten könnten. Es ist außerordentlich bedauerlich, dass die Große Koalition in Berlin die Empfehlung der Kinderkommission ignoriert, Kinderrechte auch im Grundgesetz zu verankern. Denn erst hier würden sie wirklich ihre volle Wirkung entfalten können und auch in der rechtlichen Praxis ein Gegengewicht zu den Rechten der Eltern und der anderen Erwachsenen darstellen können. Insofern können wir nur hoffen, dass von der Entscheidung des Landtags eine Signalwirkung ausgeht, die irgendwann doch noch im Bundestag ankommt.

Angesichts der neuen Offenheit der CDU möchte ich abschließend gern noch der Hoffnung Ausdruck verleihen, dass die Union bald zu der Erkenntnis kommt, dass die Anerkennung unserer Sinti & Roma als Minderheit durch die Landesverfassung ebenso angebracht wäre wie die Verankerung von Kinderrechten. Erst wenn die CDU sich dieser Verfassungsänderung nicht mehr verweigert, werden wir eine Landesverfassung haben, die wirklich auf der Höhe der Zeit ist und die schleswig-holsteinische Gesellschaft verfassungsrechtlich widerspiegelt.

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