Rede · 06.05.2009 Änderung des Wahlgesetzes für den Landtag von Schleswig-Holstein

Wissenschaftliche Untersuchungen, wie die Shell-Studie, haben es belegt; und auch in Gesprächen habe ich es festgestellt: junge Erwachsene können im Alter von 16 oder 17 Jahren die Folgen ihrer Entscheidungen abwägen. Sie entscheiden besonnen und fundiert.

Die Fähigkeit zur Entscheidung ist das entscheidende Kriterium, um das Wahlalter zu senken. Daraus ergeben sich dann alle anderen Aspekte, die diskutiert wurden. Wäre der SSW nicht überzeugt von der Entscheidungsreife der Minderjährigen, hätten wir niemals der Herabsetzung des Wahlalters bei Kommunalwahlen zugestimmt. Wir sind hundertprozentig davon überzeugt, dass junge Menschen entscheiden können. Davon überzeugen uns nicht zuletzt die Jugendlichen, die sich in den Gremien des SSW zu Wort melden. Darum wollen wir ihnen auch die Möglichkeit einräumen, die Geschicke des Landes, in dem sie leben, mitzubestimmen. Der Anteil junger Menschen in unserer Gesellschaft wird in den nächsten Jahren dramatisch sinken: die Alten könnten dann die Jungen schlicht und einfach mit ihrer Masse erdrücken. Soweit darf es gar nicht kommen.

Wir sehen allerdings zwei grundsätzliche Probleme bei der Wahlrechtsänderung. Erstens: das aktive und das passive Wahlrecht stimmen nach einer Wahlalteransenkung nicht mehr überein. Zweitens: der Landtag hat im Gegensatz zur kommunalen Ebene gesetzgeberische Kompetenzen, was die Herabsetzung der Mündigkeitsgrenzen implizieren könnte.

Für beide verfassungsrechtlichen Probleme besteht eindeutiger Beratungs- Informations- und Diskussionsbedarf. Alle anderen Einwände, die gegen die Wahlalterherabsetzung ins Feld geführt werden, sind dagegen zweitrangig.

Wir müssen diese Fragen trennen von der Diskussion zu den gewünschten und nicht gewünschten Effekten, die sich von einer Herabsetzung des Wahlalters ergeben. Die Effekte möchte ich nur kurz anreißen, denn sie lassen sich auf jeder Seite politischer Jugendorganisationen nachlesen, die bereits seit geraumer Zeit für eine Herabsetzung des Wahlalters in verschiedenen Bundesländern einsetzen. Ich denke vor allem an das Haupt-Argument der Gegner, nämlich dass die jungen Menschen scharenweise den extremen Parteien in die Arme laufen würden. Die einzigen Erfahrungen, die vorliegen, kommen aus Österreich, wo bereits seit zwei Jahren auch 16 Jährige bei den Nationalratswahlen zugelassen sind. Doch von der Alpenrepublik ist in dieser Richtung nichts bekannt – übrigens ebenso wenig wie bei den hiesigen Kommunalwahlen. Das Argument der vermeintlich rechts- und linksradikalen Jungwähler impliziert, dass junge Menschen unreif seien und die Radikalen aus dieser Unreife Kapital schlagen. Doch genau andersherum wird ein Schuh daraus. Rechtsradikal wählen ist kein Zeichen von Unreife, die sich irgendwie auswächst, sondern ein Ausdruck von Gegnerschaft zur Demokratie. Und das ist ein Problem aller Alterstufen, dem wir nur mit stichhaltigen Argumenten und mit Akten gelebter Demokratie beikommen können.

Demokratie muss nämlich jeden Tag neu erlebt und errungen werden; es gibt keine Lorbeeren, auf denen wir uns ausruhen können. Darum setzt sich der SSW dafür ein, dass die Herabsetzung des Wahlalters einhergehen muss mit einer qualitativen Reform der Politik, bei der die jungen Wählerinnen und Wähler ihre Interessen effektiv einbringen und vertreten können. Zweimal ein Kreuz zu machen und das alle fünf Jahre, ist beileibe nicht genug. Das wäre ein Zeichen für eine seelenlose Demokratie der Zahlen und Statistiken.

Ich bin fest davon überzeugt, dass aus der Beteiligung der jungen Erwachsenen eine intensivere Beschäftigung jugendlicher Lebenswelten, auch und gerade seitens des Landtages resultieren muss. Wir als gewählte Abgeordnete werden umlernen müssen. Und wir werden den Kindern und Jugendlichen noch weitere Beteiligungsrechte einräumen müssen.
Der SSW ist für diese Diskussion, die über die reine Wahlrechtsänderung hinaus reicht, sehr offen.

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