Rede · 27.05.2011 Aufhebung der Einführung eines Betreuungsgeldes – mehr Geld für den Betreuungsausbau der Kommunen

Um es gleich zu Beginn deutlich zu sagen: Der SSW kann dem vorliegenden Antrag der Grünen voll und ganz zustimmen. Die Einführung des Betreuungsgeldes, gegen die sich der Antrag wendet, wäre auch aus unserer Sicht ein folgenschwerer Fehler. Allerdings ist dies auch ohne Rechtsgutachten und juristische Argumente klar zu erkennen. Allein die familienpolitischen Gründe sprechen eindeutig gegen eine solche Weichenstellung. Für uns ist klar: Statt Anreize wie die so genannte Herdprämie zu geben, muss die Politik mit aller Kraft am Ausbau der Kinderbetreuung arbeiten. Denn wir alle wissen: Die Zeit drängt und wir hinken den Zielen hinterher.

Natürlich liegt in der Gewährleistung des Rechtsanspruchs auf einen Betreuungsplatz für 35 Prozent der Unter-Dreijährigen eine sehr anspruchsvolle Aufgabe. Wir haben es hier mit einem Gesamtvolumen von mindestens 12 Milliarden Euro zu tun, von denen der Bund 4 Milliarden trägt. Und Schleswig-Holstein steht auch heute noch auf einem der letzten Plätze, wenn es um die Versorgungsquote geht. Der Zwischenbericht zur Evaluation des Kinderförderungsgesetzes hat dies gerade wieder bestätigt: Unser Land liegt aktuell bei einer Quote von 18 Prozent und ist damit noch weit vom Ziel entfernt.

Dabei hat der Verband der Evangelischen Kindertagesstätten in diesem Zusammenhang völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass die angestrebten 35 Prozent nicht immer ausreichen werden. Wir müssen hier von regional völlig unterschiedlichen Bedarfen ausgehen. Im städtischen Bereich rechnen die Kommunalen Landesverbände mit einer Nachfrage von bis zu 50 Prozent. Doch leider gibt es schon heute klare Anzeichen dafür, dass so manche Stadt bis 2013 auch das 35-Prozent-Ziel verfehlen wird. Nicht zuletzt, weil die betroffenen Eltern ab 2013 ihren Anspruch beim zuständigen Kreis einklagen können, erfüllt uns diese Entwicklung mit Sorge.

Es kann auch keinen Zweifel daran geben, dass für die Erfüllung der Vorgaben noch erhebliche Investitionen in die Infrastruktur notwendig sind. Das Land rechnet allein hier mit einem Finanzbedarf von über 150 Millionen Euro, von dem die Kommunen rund ein Drittel zu tragen haben. Für den SSW steht daher fest: Auch wenn Schleswig-Holstein auf dem richtigen Weg ist, liegt hier noch ein großes Stück Arbeit vor uns. Aus diesem Grund schließen wir uns der Forderung der Grünen an, sämtliche Mittel für das Betreuungsgeld stattdessen für den Ausbau der frühkindlichen Bildungsinfrastruktur zu nutzen. Denn eins ist sicher: Gerade Schleswig-Holstein hat dieses zusätzliche Geld bitter nötig. Aus unserer Sicht muss sich die Landesregierung deshalb auf Bundesebene dringend für die sinnvolle Verwendung der circa 2 Milliarden Euro einsetzen.

Für den SSW steht aber außer Frage, dass sich dieser Kraftakt auszahlen wird. Denn mit dem Ausbau des Betreuungsangebots geht eine verbesserte pädagogische Förderung von Kindern insgesamt einher und wir investieren damit in die Zukunft Schleswig-Holsteins. Ich hoffe zumindest, dass wir uns alle darüber einig werden können, wie entscheidend der Beitrag ist, den die Einrichtungen der frühkindlichen Bildung für die Zukunftssicherung unseres Landes leisten. Besonders für die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist es notwendig, die Betreuungsmöglichkeiten gerade für die Kleinsten weiter auszubauen. Mit einem größeren Angebot für Null- bis Dreijährige steigt nicht nur die Zahl der Erwerbstätigen. Die Schaffung weiterer frühkindlicher Betreuungsplätze kommt auch unmittelbar den Kindern zu Gute: Hier werden Fähigkeiten vermittelt, die zur Chancengleichheit beitragen.

Eins darf dabei aber auf keinen Fall vergessen werden: Es geht in diesem Prozess nicht nur um eine größere Zahl von Betreuungsplätzen. Entscheidend ist vor allem die Qualität der frühkindlichen Bildung. Experten warnen schon lange davor, dass diese vernachlässigt wird. Für den SSW ist klar, dass wir uns in Zukunft – neben verbindlichen Qualitätsstandards –auch für eine angemessene Finanzierungsgrundlage einsetzen müssen. Die Gemeinden und Träger brauchen Planungssicherheit und damit ein Konzept, das eine dauerhaft tragfähige Finanzierung vorsieht. Nur so können wir die Versorgung mit Betreuungsangeboten in hoher Qualität gewährleisten und damit unserer Verantwortung für gleiche Bildungschancen gerecht werden.

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