Rede · 22.03.2006 Erhöhung der Pauschalabgabe auf geringfügige Beschäftigungsverhältnisse zurücknehmen

Richtig ist ja, wie es die Grünen in der Begründung ihres Antrages formuliert haben, dass es Pläne seitens der Großen Koalition in Berlin gibt die Pauschalabgaben auf die sogenannten Mini-Jobs von 25 auf 30 Prozent zu erhöhen. Richtig ist auch, dass alle schleswig-holsteinischen Landtagsfraktionen sich gegen eine Erhöhung der Lohnnebenkosten ausgesprochen haben. Dann allerdings hört zumindest die Überstimmung des SSW mit den vorliegenden Antrag der Grünen auf. Denn wir sind der Meinung, dass die Forderung sich gegen die Erhöhung der Pauschalabgaben auf geringfügig Beschäftigte auf Bundesebene auszusprechen in dieser Sache etwas zu kurz greift. Ich will das gerne im Einzelnen erläutern.

Der SSW ist nie ein großer Freund der Mini-Jobs gewesen, weil wir der Meinung waren, dass die Sozialkassen durch diese Regelungen einen großen Teil ihrer Einnahmen verlieren und, dass die Mini-Jobs auch von der Arbeitgeberseite zumindest in Teilen ausgenutzt werden können, wenn man damit sozialpflichtige Jobs ersetzt. Dennoch will ich zugestehen, dass die Reform der Mini-Jobs, die durch eine informelle Große Koalition noch unter Bundeskanzler Schröder durchgesetzt wurde, zumindest dazu beigetragen haben, dass ein Teil der Schwarzarbeit wieder wegfiel und diese Arbeit wieder legalisiert wurde.
Das gilt z.B. bei Reinigung- oder Gartenarbeiten im Haushalt. Allerdings hat der starke Anstieg der Mini-Jobs aus Sicht des SSW auch weiterhin den schalen Beigeschmack, dass damit unseren Sozialkassen sehr viele Einnahmen entgehen. Denn es gibt jetzt mehrere Millionen Menschen, die einer Arbeit nach diesen Regeln nachgehen und dies sind leider nicht nur Teilzeitarbeitnehmer oder gering qualifizierte oder langzeitarbeitslose Menschen. Damit hat man sozialversicherungspflichtige Jobs in Billigjobs umgewandelt und den sozialen Sicherungssystemen weiteres Geld entzogen.

Wenn jetzt die Bundesregierung die Pauschalabgaben auf Mini-Jobs von 25 auf 30% erhöhen will, ist das ja auch ein Ausdruck dafür, dass sie dieses genauso sieht und dringend die Einnahmen für die Sozialkassen erhöhen will. Aus meiner Sicht hat das mit der Diskussion über die Erhöhung von Lohnnebenkosten nicht so sehr zutun, weil es sich ja um geringe Beträge handelt, die immer noch weit unter den normalen Lohnnebenkosten liegen. Und seien wird doch mal ganz ehrlich: Wenn ein Mini-Jobber in Zukunft statt z.B. 320 Euro dem Arbeitgeber 350 Euro kostet, so kann das angesichts diesen niedrigen Lohnes kaum Auswirkungen auf die Beschäftigungschancen dieser Arbeitnehmer haben – auch wenn die CDU-Mittelstandsvereinigung aus nachvollziehbaren Eigeninteressen dies anders sieht. Mit diesen Mini-Löhnen der Mini-Jobs wird man immer noch jedes sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnis unterlaufen können, wenn man es will und wenn es sich für den einzelnen Unternehmer rechnet.

Also, liebe Kollegen von Bündnis90/Die Grünen. In dieser Frage sollte ihr nicht der CDU-Mittelstandsvereinigung auf dem Leim gehen. Wenn man wirklich die Beschäftigungschancen von gering qualifizierten und langzeitarbeitslosen Menschen stärken will, gibt es aus unserer Sicht eigentlich nur ein wirksames Mittel: mehr Ausbildung, mehr Weiterbildung und mehr  Qualifizierung. Mit weiteren Lohn-Dumping oder noch billigeren Mini-Jobs für die Arbeitgeber kommt man nicht wirklich weiter, sondern dreht die Lohnspirale noch weiter nach unten.
Wir wollen die Diskussion als SSW so nicht mehr weiterführen. Wenn man einmal anfängt flächendeckend und pauschal an der Lohnspirale nach untern zu drehen, hat man schon verloren. Wer sich auf die Diskussion einlässt, dass schon bei Mini-Jobs mit Mini-Löhnen die Spirale auf das niedrigste Niveau zu drehen ist, der sagt damit letztendlich nur, dass man auch selbst der Meinung ist, dass man im Wettbewerb nur über den Preis bestehen kann. Genau dieser Meinung sind wir nicht. Gegen Billiglöhne aus Fernost und Osteuropa werden wir so nicht konkurrieren können.

Deshalb ist der Ansatz, schon bei der Erhöhung der Pauschalabgaben auf Mini-Löhne zu meinen, dass diese Löhne dann nicht mehr konkurrenzfähig sind, ein falscher Ansatz. Diese Mini-Löhne sind weit billiger als sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. Und sie sollten eigentlich hauptsächlich dazu dienen, dass durch Aus- und Weiterbildung die betroffenen Personen in die Lage versetzt werden, wieder in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu kommen. Und darüber hinaus sollen sie privaten Arbeitgeber, die beispielsweise Haushaltshilfen mit wenigen Stunden beschäftigen, in die Lage versetzen, ein legales Arbeitsverhältnis mit seinem Mitarbeiter zu begründen. Hierfür kann durchaus auch ein Satz von 30% in Ordnung sein. Auf jeden Fall darf man aber nicht Fehler machen und meinen, dass wir den Niedrigstlohnsektor mit Minimallöhnen stärken und damit unsere ökonomischen Probleme lösen und die Herausforderungen für unsere Sozialversicherung bewältigen können. Das ist definitiv ein Irrglaube. Deshalb wird der SSW dem Antrag von Bündnis90/Die Grünen nicht zustimmen können.
Deshalb wird der SSW dem Antrag von Bündnis90/Die Grünen nicht zustimmen können.

Weitere Artikel

Pressemitteilung · 10.04.2024 Ein Sargnagel für die Verkehrswende

"Jede zehnte Bahn in Schleswig-Holstein soll wegfallen", berichtet der SHZ am 9. April. Demnach plane die Landesregierung zum Fahrplanwechsel im Dezember eine drastische Verringerung des regionalen Zug-Angebots. Hierzu erklärt die verkehrspolitische Sprecherin der SSW-Landtagsfraktion, Sybilla Nitsch:

Weiterlesen

Pressemitteilung · Flensburg · 17.04.2024 SSW-Ratsfraktion Flensburg: Mittel für die Ertüchtigung des bestehenden Freibads Weiche bereitstellen!

Zur heutigen Pressekonferenz des Vorstandes Förder- und Trägerverein Jugendtreff Weiche e. V. Freibad Weiche sagte der Vorsitzende der SSW-Ratsfraktion Martin Lorenzen:

Weiterlesen

Pressemitteilung · Flensburg · 17.04.2024 CDU, GRÜNE und SSW wollen ersten Flensburger Bürgerrat etablieren

Die drei Ratsfraktionen CDU/WiF, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (mit Volt) und SSW schlagen die Einführung eines ersten Bürgerrats für Flensburg vor.

Weiterlesen