Rede · 10.06.2016 Kitageld ist der erste Schritt in Richtung Beitragsfreiheit

Flemming Meyer zu TOP 15 - Gesetzentwurf zur Stärkung von Familien mit Kindern

Dem Einen ist das Kita-Geld zu wenig. Dem anderen ist es vor dem Hintergrund der Schuldenbremse viel zu viel. Natürlich sind unsere Ressourcen nicht unbegrenzt. Aber Fakt ist, dass Eltern von Kitakindern durch unsere Entscheidung Monat für Monat 100 Euro mehr im Geldbeutel haben. Man mag daran rummäkeln und diesen Schritt kritisieren. Aber es ist und bleibt eine ganz konkrete Entlastung der Familien.

Ich denke am Beispiel der frühkindlichen Bildung wird eins sehr deutlich: SPD, Grüne und SSW haben im Bildungsbereich einen absoluten Arbeitsschwerpunkt gesetzt. Allein bei den Kita-Betriebskosten lag die Gesamtförderung 2012 noch bei rund 107,5 Millionen Euro. Heute sind es knapp 200 Millionen. Die Investitionskosten haben wir im gleichen Zeitraum von 134 auf 236 Millionen erhöht. Und nicht zuletzt der Blick auf den Fachkraft-Kind-Schlüssel oder die Sprachbildung in den Einrichtungen zeigt, dass erheblich mehr investiert wird, als noch vor einigen Jahren.

Wir haben hier ja leider auch völlig gegensätzliche Modelle wie etwa die Herdprämie diskutieren müssen. Ich will deshalb nochmal ganz klar sagen: Für uns gibt es keine Alternative zum Ausbau der frühkindlichen Bildung und zur stetigen Verbesserung ihrer Qualität. Und aus Sicht des SSW setzen wir auch mit diesem Gesetzentwurf wieder konkrete Anreize dafür, sein Kind in eine frühkindliche Bildungseinrichtung zu geben. Das ist uns sehr wichtig. Denn seit langem ist klar, dass gerade hier ganz wesentliche Weichen für das Leben gestellt werden. Schon in der Kita entscheidet sich, wer Bildungserfolg haben wird und wer durch Bildung aufsteigt oder nicht. Deshalb werden wir unser Ziel auch auf gar keinen Fall aus den Augen verlieren, und möglichst allen Kindern die bestmöglichen Chancen geben. 

Natürlich kann man die Frage der frühkindlichen Betreuung nicht einfach nur schwarz-weiß betrachten. Ich will engagierten Eltern gewiss nicht absprechen, dass sie ihrem Kind auch zuhause wichtige Grundlagen vermitteln können. Andersrum mag es Kinder geben, für die der Kitabesuch nicht der beste Weg ist. Doch die gezielte Förderung der frühkindlichen Entwicklung in unseren Einrichtungen ist nachweislich sehr wertvoll. Im Vergleich zu Gleichaltrigen, die zuhause bleiben, haben Kita-Kinder rein statistisch nicht nur weit höhere Sozialkompetenzen. Sie liegen vor allem auch bei den allgemeinen kognitiven und sprachlichen Fähigkeiten vorne. Im Ergebnis erreichen sie deshalb auch oft bessere schulische Leistungen und damit häufig höhere Abschlüsse. Letzen Endes lohnt sich diese Investition also für die Gesellschaft als Ganzes.

Ich will das Argument Studienergebnisse nicht überstrapazieren. Aber erlauben Sie mir hier noch einen Hinweis: Besonders interessant ist in diesem Zusammenhang nämlich, dass diese positiven Effekte gerade bei den Kindern am stärksten sind, die in sozial benachteiligten oder finanziell schwächeren Familien aufwachsen. Auch Kinder mit Migrationshintergrund profitieren überdurchschnittlich von frühkindlichen Bildungsangeboten. Wer also unterschiedliche Startchancen und damit oft konkrete Nachteile im Leben ausgleichen will, muss hier investieren. Diesen Willen möchte ich bestimmt niemandem in diesem Haus absprechen. Und deshalb bin ich zuversichtlich, dass wir uns grundsätzlich auf den bedarfsgerechten Ausbau dieser Infrastruktur einigen können.

Rot-Grün-Blau bleibt beim klaren Anspruch, das Bildungssystem von der Krippe bis zur Uni zu modernisieren und auf tragfähige Beine zu stellen. Egal ob Kita, Schule oder Hochschule: Überall haben wir in den vergangenen Jahren ganz erheblich investiert. Diesen Weg werden wir fortsetzen. Und dabei steht für den SSW nicht nur mit Blick auf die frühkindliche Bildung fest, dass der Besuch all dieser Angebote auf gar keinen Fall vom Geldbeutel der Eltern abhängen darf. Das heißt also: Unser langfristiges Ziel bleibt der kostenfreie Zugang zu allen öffentlichen Bildungseinrichtungen im Land. 

Ich habe es schon zu Beginn gesagt: Das Kita-Geld ist eine konkrete Entlastung für die Familien. Und damit ist es ein Teil dieses Gesamtkonzepts. Es ist ein erster Schritt auf dem Weg zur kostenlosen frühkindlichen Bildung. Diese Tatsache lässt sich wohl kaum leugnen. Natürlich darf es jetzt nicht dabei bleiben. Genau wie die Betroffenen wollen wir hier sehr gerne nachlegen, und Schritt für Schritt für weitere Verbesserungen sorgen. Für uns steht fest: Es darf ganz einfach nicht sein, dass bis heute Kinder auf Bildungsangebote und damit verbundenen Chancen verzichten, nur weil den Eltern das Geld fehlt.

Ehrlich gesagt liegt noch ein großes Stück Arbeit vor uns. Allein bei der frühkindlichen Bildung gibt es noch große Baustellen. Trotz der massiven Investitionen und trotz Kita-Geld ab 2017 gibt es viel zu tun. Je nach Angebot und Betreuungszeit zahlen Eltern zum Beispiel jährlich zwischen 514 und 5688 Euro für einen Betreuungsplatz. So extreme regionale Unterschiede dürfen wir nicht einfach hinnehmen. Und trotz der gerade vorgenommenen Verbesserung beim Fachkraft-Kind-Schlüssel in der Ganztagsbetreuung ist die Personalsituation insgesamt alles andere als rosig. Hier müssen wir selbstverständlich dran bleiben. 

Noch dazu ist es kein Geheimnis, dass das Finanzierungssystem in diesem Bereich sehr kompliziert ist. Wir zahlen an Kreise und kreisfreie Städte und diese wiederum an die Gemeinden oder Kita-Träger. Doch nicht nur diese Zweistufigkeit macht das System unübersichtlich, sondern die Vielzahl der Akteure insgesamt. Denn neben uns und den Kreisen und Gemeinden sind eben auch die Träger, Einrichtungen und Eltern beteiligt. Alle müssen entsprechende Kompromisse eingehen, damit das System funktioniert. Und alle müssen ihren Beitrag leisten.

Übergeordnet gesehen, müssen wir hier unbedingt den Verwaltungsaufwand reduzieren. Und anders als in manch anderem Bundesland sind wir in Sachen Kita auch noch ein Stück von einem echten Konsensmodell entfernt. Denn leider zeigt die Erfahrung, dass hier noch nicht jeder im gleichen Umfang seine Verantwortung sieht. Allen muss aber klar sein, dass Bund, Länder und Kommunen gleichermaßen in der Pflicht bleiben. Wir alle müssen auch in Zukunft unseren Beitrag leisten. Und wir alle sind aufgefordert, dafür zu sorgen, dass das Geld auch dort ankommt wo es hingehört. Nämlich bei den Einrichtungen und damit bei den Kindern. Ich bin aber auch davon überzeugt, dass es uns gelingen wird, in Zukunft noch stärker an einem Strang zu ziehen.

Eins ist klar: Wenn wir uns auf das Ziel einer echten frühkindlichen Bildungsinfrastruktur einigen können. Wenn wir also gemeinsam mehr wollen, als ein einfaches Betreuungs- oder Aufbewahrungsangebot, dann müssen wir einfach noch enger und verantwortungsvoller zusammenarbeiten. Und wir müssen untereinander noch solidarischer sein. Denn wenn man zusätzliche Mittel von einer Seite zum Anlass nimmt, um seinen eigenen Beitrag zu kürzen, wird es kaum funktionieren. Und das kann doch wirklich niemand ernsthaft wollen. 

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