Rede · 04.07.2018 Kommunale Selbstbestimmung in Sachen Wassergesetz ist gewollt

Flemming Meyer zu TOP 6 - Änderung des Wassergesetzes

„Ob ein Boot im Schilfgürtel mit Elektroantrieb oder mit einem Benzinmotor unterwegs ist, macht überhaupt keinen Unterschied.“

Im Landtag wurde das Wassergesetz 2007 gründlich überarbeitet. Im Sinne einer Debürokratisierung wurden damals die einzelnen Regelungen komplett überarbeitet. Vor allem die klare und eindeutige Aufgabendefinition der Wasserverbände konnte im Rahmen des Vorhabens geregelt werden.

Jetzt sprechen wir wieder über das Gesetz, und zwar über die  Öffnung des §15 für Boote mit Elektroantrieb, deren Zulassung laut antragstellender Fraktion von den Kreisen unterschiedlich gehandhabt wird.

Eines vorweg: Im Sinne der kommunalen Selbstbestimmung kann ich nichts Verwerfliches darin sehen, wenn Kommunen ihren Entscheidungsspielraum nutzen. Ein Landkreis mit vielen schützenswerten Seen entscheidet vielleicht anderes als ein Kreis, der über keine oder nur wenige, befahrbare Seen verfügt. Das ist aber von Gesetzgeber durchaus so gewollt und stellt keinen Zustand dar, den wir unbedingt von oben begradigen müssten.

Nun zum Gesetzentwurf. Boote sind mit dem Naturschutz nicht immer vereinbar, darum ist ihre Nutzung eingeschränkt bzw. verboten. Brütende Vögel, die durch Motorenlärm aufgeschreckt werden, unterbrechen ihr Brutgeschäft oder geben es sogar ganz auf. Außerdem betrifft das Fahrverbot das Ufer: Wer sensible Uferzonen, vor allem Schilfgürtel durchfährt, kann nämlich großen Schaden anrichten. Darauf weisen die Behörden mit Informationsbroschüren regelmäßig hin. Trotzdem kommt es aus Unkenntnis oder Ignoranz immer wieder zu Problemen. Sonst wären diese Infohefte ja auch gar nicht nötig. Ich kann aus diesem Grunde schon verstehen, wenn zum Schutze dieser sensiblen Uferzonen die Nutzung von Booten gänzlich verboten wird. Übrigens: die Antriebsart des Bootes spielt dabei keine Rolle. Ob ein Boot im Schilfgürtel mit Elektroantrieb oder mit einem Benzinmotor unterwegs ist, macht überhaupt keinen Unterschied. 

Bleibt die Frage nach der Öffnung der Bootsnutzung für Menschen mit Handicap. Vorreiter ist hier Frankreich, wo Kabinenboote für Flussfahrten angeboten werden, die auch für Rollstuhlfahrerinnen und –fahrern nutzbar sind. Sie verfügen über entsprechende Rampen, ein behindertengerechtes WC und eine Steuerung, die vom Rollstuhl aus zu bedienen ist. 

Darum geht es den Antragstellern aber wohl nicht, sondern um eingeschränkte Personen, die beim Befahren eines Sees auf Unterstützung durch einen Motor angewiesen sind. Ich denke, dass wir an dieser Stelle vertiefend im Ausschuss genauer nachfragen müssten, welche Wünsche diese Personengruppe in Verbindung mit der in Begründung angeführten Teilhabe an der Natur tatsächlich haben. Oder ob nicht der Zugang, zum Beispiel durch einen barrierefreien Angelsteg, eher von Interesse ist. Vergessen wir nämlich nicht, dass man auch als Angler mit Behinderung erst einmal ans Boot kommen muss. Die wenigsten Uferflächen oder Stege einen barrierefreien Zugang.  Müssten wir das nicht zuerst klären, bevor wir uns über Boote unterhalten? Auch diese Frage würde ich gerne im Ausschuss vertiefen. 

Ich kann dem Vorstoß aber bei aller Kritik doch etwas abgewinnen. Vielleicht gibt die Debatte den Anstoß für die Einrichtung von rollstuhlgerechten Angelplätzen, wie sie in Parchim vom örtlichen Anglerverein angelegt wurden: inklusive Behindertenparkplatz und Befestigungsmöglichkeiten für die  Angel. Diese Plätze - mit einer entsprechenden öffentlichen Förderung natürlich – wären wirklich ein enormer Fortschritt und eine echte Unterstützung für Menschen mit Behinderung.

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