Rede · 17.11.2000 Konsequenzen aus der Havarie der "Pallas"

Der Bericht zeigt einmal mehr, wie schwer es ist, eindeutige Forderungen auch wirklich in die Tat umzusetzen. Wer wem dabei die Schuld zuweist, sei dahingestellt. Tatsache ist, dass noch viel geschehen muss, um auf eine Wiederholung einer Havarie in der Deutschen Bucht vorbereitet zu sein. Daher begrüßen wir auch den Antrag von SPD und Grünen.

Der SSW stimmt mit der Forderung der Landesregierung nach kurzfristiger Bereitstellung von Notschleppkapazitäten überein. Der Chartervertrag mit dem Hochseeschlepper „Oceanic" bis zum 15.04.2001 ist nur eine Notlösung. Dies gilt auch für die bisherigen Charterverträge. Ob in Zukunft kleinere seegängige Schlepper hier die Lösung sein können, wie im Bericht erwähnt wird, wage ich eher zu bezweifeln. Aber selbst hierfür gibt es noch keine definitive Entscheidung. Alles was es seit der Havarie der „Pallas" gibt, ist Briefverkehr, ein Gutachten und eine Teilprojektgruppe, die sich mit der Schlepperproblematik beschäftigt.

An der Küste werden die Menschen ungeduldig. Es ist nicht Schuld der Landesregierung, dass es so lange dauert - aber, dass es so lange dauert - ist eine Tatsache.

Ich möchte an die Aussagen des SSW zum „Pallas"-Untersuchungsausschuss erinnern. Wir haben seinerzeit gesagt, dass der Aufbau einer einheitlichen Küstenwache durchaus ein langfristiges Ziel sein kann. Aber, dass eine Herbeiführung der gesetzlichen Grundlagen hierfür und der Aufbau einer praktikablen und sinnvollen Struktur für eine einheitliche, länderübergreifende Küstenwache nicht in einem angemessenen Zeitraum erreichbar sein würde. Angesichts der großen Schwierigkeiten und des großen Aufwandes, die mit der Koordination der Aufgaben auf Landesebene verbunden sind - dies macht der Bericht deutlich - fühlen wir uns in dieser Ansicht mehr als bestätigt. Eine einheitliche Struktur hinzubekommen ist schon in unserem Bundesland schwierig; auf länderübergreifender Ebene, möglicherweise auch noch mit Bundesbeteiligung, ist es eine riesige und aufwendige Aufgabe.

Seinerzeit wurde festgestellt, dass es Probleme in der Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Stellen gab. Beispielsweise zwischen dem Zentralen Meldekopf in Cuxhaven, den verschiedenen Ministerien oder den Leitstellen und auch mit dem dänischen Nachbarn. Hieraus hat man sicherlich gelernt. Die Konsequenz ist nun, dass jetzt regelmäßig Übungen durchführt werden. Dies ist gut so und zu begrüßen. Gleichwohl ist die Grundvoraussetzung für erfolgreiches Krisenmanagement, dass Kompetenzen sowie Einsatzstrukturen festgelegt werden, um für den Katastrophenfall gerüstet zu sein.

Wie sieht es jedoch mit einer einheitlichen Organisation im Katastrophenfall aus?

Hier bin ich der Auffassung, dass ein norddeutsches „Havarie-Kommando" in dem man zusammenarbeitet - wie von der Expertenkommission vorgeschlagen wurde - sicherlich die richtige Idee ist. Grundlage muss hierfür allerdings eine klar umrissene Anordnungskompetenz auch im länderübergreifenden Bereich sein. Dies gibt es derzeit weder im länderübergreifenden Bereich, noch auf Landesebene. Laut Bericht werden die länderübergreifenden Möglichkeiten untersucht und ausgearbeitet. Dies begrüßen wir, wünschen uns aber immer noch mehr Schnelligkeit. Aber auch auf Landesebene müssen jetzt schon die entsprechenden Vorarbeiten anlaufen, um eine einheitliche Führungsorganisation in Schleswig-Holstein aufzubauen, um dies später auch länderübergreifend umsetzen zu können.

Es besteht nunmehr die Möglichkeit, dass hier bei uns in Schleswig-Holstein nicht nur das Fachministerium sondern auch das Innenministerium den interministeriellen Leitungsstab in einer sogenannten „besonderen Lage" einberufen kann. Dies ist sicherlich zu begrüßen, da hierdurch Entscheidungswege im ersten Moment verkürzt werden. Aber was wird, wenn der Katastrophenfall eintritt? Wie geht es dann weiter? Aus dem Bericht wird nicht deutlich, ob die Zügel dann in einer oder immer noch in mehreren Händen liegen. Zwar sind die Krisenzentrale der Landesregierung und das Lagezentrum des Innenministeriums zusammengelegt und technisch besser ausgestattet worden, aber es muss genau festgelegt sein, wer in welchem Fall die Verantwortung hat, damit in Zukunft schneller reagiert werden kann. Der Bericht macht leider nicht deutlich, ob sich in den Ablaufstrukturen etwas geändert hat und was sich geändert hat.

Sie sehen, liebe Kolleginnen und Kollegen, bisher haben wir auch zwei Jahre nach der „Pallas"-Havarie immer noch große organisatorische Probleme, wenn es um die Bekämpfung von Schiffsunfällen in der Deutschen Bucht geht. Die Organisation im Fall der Fälle scheint immer noch unübersichtlich zu sein und einheitliche Leitungsstrukturen sind nicht erkennbar. Wenn das der schleswig-holsteinische Beitrag zu einer maritimen Leit-Kultur sein soll, so sehen wir diese Leit-Kultur bei Schiffsunfällen ebenso kritisch wie auch manch andere Leit-Kultur.

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