Rede · 17.03.2010 Landesentwicklungsplan 2010 2025
Angesichts des gesamten vorherigen parlamentarischen Verlaufs zum LEP – seit der Vorlage des Entwurfs in 2007 - ist es eine Farce, wenn von CDU und FDP nun ein Antrag eingereicht wird, der das gesamte vorherige Verfahren ad absurdum führt. Ich sage dies in aller Deutlichkeit, denn es hat zum LEP ein außergewöhnlich umfangreiches Beteiligungsverfahren gegeben. Schließlich soll der LEP seine Gültigkeit bis 2025 haben. Die kommunalen Gebietskörperschaften, Verbände, Kammern, Vereine und sonstigen Träger der öffentlichen Verwaltung sowie die Öffentlichkeit haben seinerzeit ihre Stellungnahmen eingereicht. Insgesamt wurden mehr als 4.000 Stellungnahmen abgegeben.
Der Entwurf aus dem Innenministerium hat damals für viel Unruhe im Land gesorgt. Aus diesem Grund war der umfangreiche Verlauf durchaus gerechtfertigt. Zu Recht, denn der LEP ist nicht nur ein planungsrechtliches Instrument, er beinhaltet ganz klar auch politische Zielsetzungen, über die wir im Landtag zu entscheiden haben. Die umfangreichen Anhörungsverfahren hierzu haben deutlich gemacht, dass es sich hier nicht nur um Verwaltungshandeln handelt, sondern eben auch um politische Entscheidungen und dies dürfen wir nicht nur der Landeregierung überlassen - hier ist auch der Landtag gefordert.
Ein Erfolg der parlamentarischen Beteiligung war seinerzeit durchaus zu erkennen, denn die damalige Landesregierung hat erhebliche Änderungen am Entwurf vorgenommen. Das war gut und richtig - und durchaus als parlamentarischer Erfolg zu werten. Damit hätte der LEP durchaus in Kraft treten können. Jedoch wurde der Prozess aufgehalten.
Für den SSW sage ich, damit dieser Plan auch in der Bevölkerung seine Zustimmung findet, muss der LEP einem geordneten parlamentarischen Verfahren unterzogen werden und dann muss der Landtag letztendlich über den LEP entscheiden. Nur so kriegen wir ein sauberes Verfahren hin. Dass ein solcher Weg nicht unbedingt unproblematisch ist, ist uns auch klar. Politische Mehrheiten wechseln und das könnte einer planerischen Kontinuität entgegenstehen. Dies erleben wir gerade durch den vorliegenden Antrag von CDU und FDP.
Damit wird vieles über den Haufen geworfen, wozu man sich noch vor einem Jahr politisch durchgerungen hat.
Deutlich wird dies vor allem wenn es um die Vorgaben für den Wohnungsbau oder die Ausweisung von Gewerbegebieten geht. Mit dem Entwurf hat die Landesregierung den Kommunen im ländlichen Raum einen eingeschränkten Spielraum für ihre weitere Entwicklung gelassen. Das haben wir seinerzeit durchaus als vernünftig angesehen, weil die Kommunen durch eine Zusammenarbeit und gemeinsame Planung durchaus eine Weiterentwicklung im ländlichen Raum hätten vorantreiben können.
Es muss klar sein, dass dieses Planungsinstrument längerfristig steuern soll und zukünftige Herausforderungen aufgreifen muss, wie beispielsweise die demografische Entwicklung. Daher brauchen wir eine Steuerung, damit die Gemeinden sich entwickeln können, ohne dass sie einander das Wasser abgraben. Mit den seinen Änderungen hat das Innenministerium seinerzeit auf die Kritik reagiert, ohne aber das Ziel aus den Augen zu verlieren, indem man den Rahmen für die Wohnungsbauentwicklung mit Augenmaß erhöht hat. Ich denke mit dem Kompromiss konnten alle leben.
Der schwarz-gelbe Antrag sieht nun vor, dass es überhaupt keine Steuerung mehr geben soll. Hier wird auf die Entscheidung vor Ort und die Eigenverantwortlichkeit der Kommunen gesetzt. Durchaus schöne Worte, aber im Endeffekt treten die Gemeinden damit in einen ruinösen Wettkampf, den sie nur verlieren können. Das Resultat wird sein: Zersiedelung der Landschaft und leer stehende Baugebiete und Gewerbeflächen. Das hat mit Landesplanung und Steuerung nichts mehr zu tun. Daher sehen wir uns in diesem Punkt durch die massive Kritik vom Städtebund am vorliegenden Antrag bestätigt.
Nicht jede Gemeinde muss den Wohnungsbau und die Gewerbeflächen ausweiten, hier wäre eine Arbeitsteilung der Gemeinden mehr als wünschenswert. Insofern muss der Landesentwicklungsplan als übergeordneter Plan bestimmte Vorgaben beinhalten, die durch eine regionale Planung auf Ebene der Kreise ergänzt wird. Ohne die geht es nicht.
Wir bleiben auch weiterhin bei unserer Forderung nach einer Reform der kleinteiligen Kommunalstruktur, damit würden wir eine vernünftige Planungsgrundlage vor Ort schaffen. Das würde im Zusammenhang mit kommunaler Planung so manches vereinfachen. Größere Gemeinden könnten sich besser aufeinander und untereinander abstimmen. Es würde der Bedarf dort gedeckt werden, wo es planerisch sinnvoll ist. Und nicht, weil man sich an kleinteiligen Gemeindegrenzen orientiert. Solange dies jedoch nicht so ist, brauchen wir mit unseren rund 1.100 Gemeinden in Schleswig-Holstein weiterhin eine starke Landesplanung.
Dazu gehört auch, dass das zentralörtliche System durchgecheckt und geändert wird. Wir brauchen eine grundlegende Änderung des hierarchischen Systems der Zentralen Orte. Das bisherige System ist nicht mehr zeitgemäß. Die Einstufung von Gemeinden in das Zentralörtliche System geschieht unter anderem nach Einwohnermindestwerten und der Einhaltung von Mindestabständen zwischen zwei zentralen Orten. Es spielt dabei keine Rolle, inwieweit Gemeinden bestimmte Infrastruktur- und Versorgungseinrichtungen vorhalten. Und darin liegt die Krux. Wer einmal im System drin ist, zählt zu den Gewinnern. Soll heißen, Gemeinden profitieren von dem System, auch wenn sie keine entsprechenden Leistungen erbringen. Oder im umgekehrten Fall, Gemeinden die nicht im System drin sind, die aber Leistungen im Sinne des Gemeinwohls erbringen, gehen leer aus.
Gleiches gilt für Gemeinden, die in einem bestimmten Rang eingestuft sind und gleiche Leistungen erbringen wie höher eingestufte Gemeinden. Hier bedarf es nach Auffassung des SSW einer kritischen Überprüfung des Systems, die sich an der jeweiligen Leistung der Gemeinde orientiert. Außerdem macht es nach unserer Auffassung Sinn darüber nachzudenken, ob es wirklich sinnvoll ist Finanzzuweisungen an planerische Einstufungen zu koppeln. Vielleicht sollte man planerischen Einstufungen in Zukunft nur noch an planerischen Erfordernissen orientieren und die Finanzbeziehungen mit den Gemeinden dann anderweitig regeln.
Maßgeblich für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes ist die Verkehrsinfrastruktur. Die von CDU und FDP eingebrachten Ergänzungen zu den Entwicklungsachsen sind auch Teil der geplanten Änderungen des Innenministeriums vom letzten Jahr. Insofern beinhaltet der Antrag nichts Neues. Die Notwendigkeit wurde seinerzeit bereits erkannt und vom damaligen Innenminister aufgenommen. Auch dies war ein Erfolg des umfangreichen Anhörungsprozesses.
Nun zusätzlich im Bereich des Luftverkehrs die zivile Nutzung Jagels zu ermöglichen, halte ich für überflüssig. Dies ist heute bereits möglich. Aber letztendlich entscheidet die Bundeswehr was dort geschieht. Was den Flugplatz Kaltenkirchen angeht, stelle ich für den SSW fest: Hier fordern CDU und FDP die Überprüfung einer alten Schnapsidee, die niemandem nützt.
Die Aufhebung der Begrenzung für Windenergieanlagen halten wir durchaus für sinnvoll. Jedoch bedarf es weiterhin einer landesweiten Steuerung durch festgelegte Kriterien. Nur so kann jeder Kreis für sich festlegen, wo und wie viele Windkraftanlagen gebaut werden dürfen. Dabei kann es dann durchaus sein, dass die Verteilung auf die Kreise unterschiedlich ausfällt. Soll heißen, die Kreise, die die Potentiale für mehr Windkraft haben, sollen dann die Möglichkeit für sich nutzen können.
Ein Problem auf das wir als SSW bereits frühzeitig hingewiesen haben ist die rasante Entwicklung im Biomassebereich. Zu Recht wird im Antrag auch darauf hingewiesen, dass es vergleichbare Probleme im Zusammenhang mit Freiflächen für Photovoltaik gibt. Für diese beiden Bereiche brauchen wir klare Richtlinien wo und wie viele Anlagen errichtet werden dürfen. Hier brauchen wir eine klare Steuerung durch die Landesplanung. Die Forderung nach Augenmaß ist daher mehr als unzureichend – die sagt nämlich nichts aus.
Was für Windkraftanlagen machbar ist, um Wildwuchs zu verhindern, muss auch für Biomasseanlagen und für Photovoltaikfreiflächen gelten. Die unkontrollierte Entwicklung hat nicht nur negative Auswirkungen auf Pachtpreise und Eigentumswerte, sondern hat durch den massiven Anbau von Mais, auch negative Auswirkungen auf die Natur. Von der negativen Ökobilanz ganz zu schweigen, wenn der Mais von weit her heran gekarrt wird. Daher müssen klare Regelungen her; Biomasseanlagen, die nicht aus der unmittelbaren Umgebung gespeist werden und bei denen die Abwärme nicht effizient genutzt wird, dürfen keine Genehmigung bekommen.
Wenn im Antrag von gleicher Augenhöhe und gleichen Entwicklungschancen die Rede ist, dann gilt dies jedoch nicht im Bereich der Bildung. Es werden auch hier schöne Worte verwendet von flächendeckendem Zugang zu Schulen oder Kooperationen, aber wer den letzten Absatz unter Punkt 7 näher betrachtet, stellt fest, dass Gemeinschaftsschulen schlechter gestellt werden. Demnach wird die Einrichtung von Oberstufen an nicht-gymnasialen Standorten dermaßen erschwert, indem dafür Kriterien festgelegt werden, die eine gymnasiale Entwicklung solcher Standorte verhindert. Damit würde der Plan von einem Landesentwicklungsplan zu einem Landesentwicklungs-Verhinderungsplan.
Mit dem vorliegenden Antrag wird die Fertigstellung des LEP weiter aufgehalten. Derartig gravierende Vorschläge, die sich vom ursprünglichen Entwurf maßgeblich unterscheiden, können nicht eben mal im Handstreich per Antrag in den LEP aufgenommen werden. Hier bedarf es einer entsprechenden Behandlung im Ausschuss. Alles andere würde das bisherige Verfahren zum LEP auf den Kopf stellen und es wäre eine Missachtung des bisherigen Verlaufs.
Wenn die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen die Landesentwicklung noch ernst im Auge haben, dann müssen sie den LEP-Entwurf aus der letzten Legislaturperiode in die Hand nehmen und ihre konkreten Änderungsvorschläge hierzu vorlegen. Dann muss es eine genauso breite Anhörung zu diesen Vorschlägen geben, wie zum Ursprungsentwurf. Wenn dies nicht geschieht, zeigt die neue Regierung nur, wie wenig Wert sie auf eine ausreichende Beteiligung legt. Ein „Wünsch-Dir-Was“-Antrag der regierungstragenden Fraktionen reicht jedenfalls hinten und vorne nicht und der vorliegende Antrag lässt auch in vielen Dingen zu Wünschen übrig.