Rede · 27.04.2022 Mehr durchdachte Planung statt schöner Wahlkampffotos von Einzelprojekten

„Für den Husumer Hafen sieht der Infrastrukturbericht weitreichende Sanierungen und Investitionen vor, unter anderem in die Küstenschutzkaje und die Erneuerung der Sperrwerkstore. Das sind Erhaltungsmaßnahmen, die sich allerdings ausschließlich auf den Hafen beziehen. Die Zuwegung zu den Häfen gehört aber zum Gesamtkomplex Hafen unbedingt dazu. Was helfen funktionierende Tore, wenn die Zuwegung zum Hafen marode ist?“

Lars Harms zu TOP 41 -. Infrastrukturbericht  (Drs. 19/3791)

Der Sanierungsstau der öffentlichen Hand in Schleswig-Holstein wird langsam abgebaut. Das ist die gute Nachricht. Das Ende ist allerdings nicht abzusehen. Immer mehr Straßen sind in viel schlechterem Zustand als die Gutachter das vermuteten. Die Baukosten steigen, dass einem Angst und Bange wird.  Der Baupreisindex bei Büroräumen lag laut Bericht 2021 bei 133, nachdem er 2018 bei 100 startete. Die Kurve wird 2022 weiter steigen. Auch bei guter, vorausschauender Planung drohen wir mit dieser Kostenexplosion den Anschluss zu verlieren, weil der Haushalt nicht im gleichen Tempo mitwächst. Im Bereich Schiene beispielweise kommt es zu einer handfesten Blockade. Weil niemand weiß, wie hoch die Baukosten tatsächlich sind, werden einmal vorgesehene, so genannte nicht benötigte Mittel nicht mehr für andere Projekte eingeplant. Die Verwendung vom Konjunktiv im Schienenkapitel des Berichts mit dem zentralen Projekt der Elektrifizierung der Marschbahn mit vielen „hätte, würde und könnte“ ist für den informierten Leser ein echtes Alarmzeichen.
Die Kostenexplosion könnte bedeuten, dass die Infrastruktur so stark zerfällt, dass sich eine Reparatur oder eine Sanierung nicht mehr lohnt. Ein Neubau belastet wiederum den Haushalt mit noch höheren Kosten. Dieser Teufelskreis schwächt die staatliche Handlungsfähigkeit. 
Darum ist es enorm wichtig, die Investitionen nicht als Einzelposten zu verstehen. Ich denke da zum Beispiel an die Landeshäfen. Für den Husumer Hafen sieht der Infrastrukturbericht weitreichende Sanierungen und Investitionen vor, unter anderem in die Küstenschutzkaje und die Erneuerung der Sperrwerkstore. Das sind Erhaltungsmaßnahmen, die sich allerdings ausschließlich auf den Hafen beziehen. Die Zuwegung zu den Häfen gehört aber zum Gesamtkomplex Hafen unbedingt dazu. Was helfen funktionierende Tore, wenn die Zuwegung zum Hafen marode ist? Die IHK Flensburg fordert, das Hafengleis in Büsum instand zusetzen und die Wassertiefen der Landeshäfen den Markterfordernissen anzupassen; auch das sind Investitionen in die landeseigene Infrastruktur; fehlen aber in Planung und Bericht.

Dieses Beispiel zeigt, dass wir weg kommen müssen von Insellösungen, bei denen Landesliegenschaften oder Gebäude in Schuss gehalten werden, aber deren Zuwegung oder Versorgung nicht mitgeplant wird, weil diese in der Kompetenz eines anderen Akteures liegen, beispielsweise den Kommunen oder einem anderem Landesministerium. Vernetzung ist das A und O einer belastbaren Infrastrukturplanung. Investitionen in Einzelprojekte geben schöne Übergaben von Förderbescheiden mit netten Fotos im Wahlkampf; genügen aber nicht den Erfordernissen vernetzter Planung. 
Das Land hat eine absolute Vorbildfunktion; das gilt nicht nur bei der Vergabe, sondern besonders bei eigenen Liegenschaften; und genau darum geht es ja in diesem Bericht. Die Ausstattung mit regenerativer Energie ist ein erklärtes Ziel der Landesregierung, das sie bei allen Neubau- und Sanierungsprojekten berücksichtigen muss. Das Finanzamt in Dithmarschen wird im Bericht angeführt: ein Leuchtturmprojekt, das zeigt, wie große Bürogebäude energie- und ressourcenschonend ertüchtigt werden können. Das Land muss aber bei allen anstehenden Dachsanierungen an landeseigenen Gebäuden die Dächer mit Photovoltaik ausstatten; schließlich geht man nur alle 20 bis 30 Jahre mal ans Dach. Eine dementsprechende, verbindliche Zusage vermisse ich allerdings im Bericht.

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