Rede · 13.02.2019 Menschen mit Behinderung konsequent einbinden

Flemming Meyer zu TOP 10 - Unabhängige Selbstvertretungsorganisationen von Menschen mit Behinderung finanziell unterstützen (Drs. 19/1153 (neu))

„Jeder Mensch mit Behinderung soll sein Leben selbstbestimmt gestalten können“

(Nr. 043-2019) Eigentlich gehört dieser Antrag nicht hierhin, sondern in die Haushaltsberatungen. Noch dazu ist es mir ein Rätsel, warum eine Partei, die Menschen mit Behinderung gerne mit Kranken gleichsetzt, plötzlich ihre Selbstvertretung stärken will. Aber das Thema an sich ist mir auch viel zu wichtig, um mich mit solchen Fragen zu beschäftigen. Tatsache ist, dass insbesondere die unabhängige Selbstvertretung von Menschen mit Behinderung für Menschen mit Behinderung noch unterentwickelt ist. Es gibt bis heute keine verlässliche finanzielle Förderung für diese unheimlich wertvolle Form der Beratungsarbeit. Und das müssen wir aus Sicht des SSW ändern. 

Wir haben hier schon oft über die UN-Behindertenrechtskonvention gesprochen. Diese ist längst geltendes Recht und muss menschenrechtskonform für Menschen mit Behinderung umgesetzt werden. Wichtige Schwerpunkte sind dabei die gleichberechtigte Teilhabe und Selbstbestimmung. Selbstbestimmung ist in diesem Zusammenhang jede Handlung, die Menschen mit und ohne Persönliche Assistenz, aber eindeutig ohne Fremdbestimmung, selbst festlegen. Für den SSW folgt daraus vor allem eins: Wir müssen den Rahmen dafür schaffen, dass jeder Mensch, mit oder ohne Behinderung, sein Leben so selbstbestimmt wie möglich gestalten kann.

Neben der Lebenshilfe, die Selbstbestimmung in erster Linie über die Arbeit in Werkstatt- und Bewohnerbeiräten fördert, hat sich vor allem das Zentrum Selbstbestimmtes Leben diesem Thema verschrieben. Viele Menschen mit Behinderung und ihre Angehörigen kennen längst nicht all ihre Rechte und Möglichkeiten. Das 2016 gegründete ZSL berät sie unabhängig und kostenfrei. Mit dem klaren Ziel, Menschen mit Behinderung dahingehend zu unterstützen, ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Die Arbeit der wenigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter trägt längst dazu bei, die Selbstbestimmung aber auch die Chancengleichheit, Gleichberechtigung und gesellschaftliche Teilhabe behinderter Menschen effektiv zu fördern.

Daneben eröffnet auch das Bundesteilhabegesetz die Möglichkeit für unabhängige Beratungsangebote für Menschen mit Behinderung, ihre Angehörigen und Interessierte. Diese ergänzende unabhängige Teilhabeberatung, kurz EUTB, wird seit 2018 nicht nur am ZSL sondern an über 20 Anlaufstellen im Land angeboten. Hier gibt es Antworten auf alle Fragen rund um das Thema Teilhabe. Obwohl auch hierüber viele Menschen mit Behinderung wertvolle Informationen bekommen, wird diese Arbeit ausschließlich vom Bund gefördert. Und zwar nur in einem Umfang, der offensichtlich nicht bedarfsdeckend ist. Dass auch hier vieles ehrenamtlich geleistet wird ist schön, kann aber keine Dauerlösung sein.

Wer die Teilhabe behinderter Menschen und ihre Selbstvertretung nachhaltig stärken will, kann noch deutlich mehr tun. Wir haben uns deshalb im Rahmen der Haushaltsberatungen für das Zentrum Selbstbestimmtes Leben eingesetzt. Nicht nur, weil ich sehr von der Arbeit des ZSL überzeugt bin, sondern auch, weil hier konsequent nach dem Beratungskonzept des Peer Counseling gearbeitet wird. Das bedeutet Beratung von Menschen mit Behinderung für Menschen mit Behinderung. Und dieser Ansatz macht ganz einfach Sinn, weil er vielen Ratsuchenden ihre Ängste nimmt und eine sensible Beratung ermöglicht, die den jeweiligen Bedürfnissen entspricht. Aus Sicht des SSW brauchen wir mehr Angebote dieser Art. Aber ich habe durchaus den Eindruck, dass man hier auf Seiten der Koalition ein offenes Ohr hat. 

Doch die dauerhafte finanzielle Förderung dieser Strukturen ist nur ein Aspekt. Natürlich ist es wichtig, Menschen mit Behinderung bedarfsgerechte Beratungsangebote zu machen. Dass diese Angebote dauerhaft und verlässlich sein müssen, dürfte eigentlich allen klar sein. Aber wir müssen Menschen mit Behinderung auch noch viel konsequenter in die politischen Entscheidungsprozesse einbinden. Aus Sicht des SSW wäre es schlicht dumm, wenn wir ihr Wissen und ihre persönlichen Erfahrungen nicht noch viel stärker nutzen würden. Das gilt für die Politik in Land und Bund, aber vor allem auch für die Kreise und Gemeinden.

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