Rede · 22.05.2025 Trauerbegleitung gibt es nicht zum Nulltarif

„Gerade wenn wir flächendeckend im Rahmen einer Präventionsstrategie sicherstellen wollen, dass Trauer nicht in psychischen Auffälligkeiten oder Erkrankungen mündet, müssen wir hier auch als Land Geld in die Hand nehmen“

Christian Dirschauer zu TOP 18 - Trauerbegleitung für Kinder und Jugendliche nachhaltig fördern (Drs. 20/2967)

Ich denke wir alle kennen das Gefühl, einen uns nahe oder näherstehenden Menschen zu verlieren und um diesen zu trauern. Daher ist wohl auch allen klar, dass wir mit dem Vorstoß der SPD über ein sehr persönliches Thema sprechen. Und dabei ist völlig richtig: Trauer ist sehr individuell. Jeder Mensch trauert auf seine Weise und in seinem eigenen Tempo. Gleichzeitig ist die Resilienz beziehungsweise die psychische Widerstandsfähigkeit von Menschen sehr unterschiedlich ausgeprägt. Bei manchen kann die Trauer über den Verlust eines geliebten Angehörigen oder einer Freundin das eigene Leben völlig aus der Bahn werfen. Und das durchaus auch über einen längeren Zeitraum oder wiederkehrend. Andere kommen in einer solchen Situation vielleicht sogar ohne weitere Hilfestellung zurecht. In jedem Fall braucht Trauer aber Zeit. Denn unabhängig von der Intensität kommt es oft vor, dass Gefühle von Trauer über einen längeren Zeitraum mal stärker und mal schwächer sind. Und dieser Prozess braucht eben in vielen Fällen auch Begleitung.

Betroffene in ihrer jeweiligen Trauer zu begleiten ist also in doppelter Hinsicht sensibel. Denn nicht nur das Thema selbst ist belastend, sondern die Begleitung erfordert eben auch einen sehr individuellen und damit differenzierten Zugang. Und mit Blick auf den Fokus des Antrags und die Trauerbegleitung von Kindern und Jugendlichen gilt dies noch einmal im besonderen Maße. Denn Kinder und Jugendliche trauern auf vielfältige Weise und oft auch anders als Erwachsene. Das liegt schlicht an ihrer Entwicklung und ihrem Erfahrungshintergrund. Für sie ist Trauerbegleitung oft besonders wichtig. Denn Eltern oder andere Angehörige können sich den Kindern aufgrund der eigenen Trauer häufig nicht in dem Umfang zuwenden, wie sie es sich wünschen oder brauchen. In diesen Situationen kann Trauerbegleitung eine enorme Hilfe sein. Denn sie hilft den Kindern, den Verlust in ihr Leben zu integrieren und kann gleichzeitig Eltern und Angehörige entlasten. Und deshalb ist uns vom SSW sehr bewusst, wie wertvoll diese Angebote und die hier geleistete Arbeit ist.

Darüber, dass diese Aufgabe nicht nur bedeutungs- sondern vor allem auch sehr verantwortungsvoll ist, herrscht hier offensichtlich Einigkeit. Darüber, dass diese Arbeit nicht nur in Sonntagsreden gewürdigt, sondern auch von Seiten des Landes gefördert werden muss, aber offenbar nicht. Dabei können wir der SPD gerade in diesem Punkt nur recht geben. Es kann nicht angehen, dass Trauerbegleitung grundsätzlich nur durch Spenden oder Drittmittel getragen wird. Aus Sicht des SSW müssen alterssensible Angebote der Trauerarbeit und der Trauerbegleitung nicht nur flächendeckend vorgehalten, sondern auch von Landesseite unterstützt werden. Und zwar ausdrücklich auch finanziell. Denn nach jetzigem Stand sinkt oder steigt das Spendenaufkommen nahezu unkalkulierbar. Je nach individueller wirtschaftlicher Lage oder danach, ob die Aufmerksamkeit und Spendenbereitschaft der Menschen gerade auf andere Ereignisse gelenkt wird. Das ist alles andere als eine verlässliche Basis für diese unheimlich wichtige Arbeit und muss sich wirklich dringend ändern.

Es ist also schön und gut, wenn die regierungstragenden Fraktionen neben der Relevanz auch auf den präventiven Aspekt der Trauerarbeit hinweisen und bestehende Angebote im Land aufzählen. Darüber, dass wir eine echte Präventionsstrategie brauchen, herrscht hier ja auch spätestens seit der Debatte im Kontext meiner großen Anfrage zum Thema Prävention Konsens. Vor dem Hintergrund der beschriebenen finanziellen Unsicherheit reicht das aber leider nicht. Gerade wenn wir flächendeckend im Rahmen einer solchen Strategie sicherstellen wollen, dass Trauer nicht in psychischen Auffälligkeiten oder Erkrankungen mündet, müssen wir hier auch als Land ein wenig Geld in die Hand nehmen. Denn wenn wir Trauerbegleitung als präventive Maßnahme sehen - was sie in meinen Augen unbestritten ist - dann gilt, was nun mal im gesamten Präventionsbereich gilt: Diese Dinge gibt es nicht zum Nulltarif – aber sie zahlen sich in Zukunft gleich mehrfach aus. Und zwar finanziell für die öffentlichen Haushalte und vor allem für die Betroffenen selbst, weil ihnen viel Leid erspart bleibt.

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