Rede · 24.09.2004 Umwandlung psychiatrischer Einrichtungen und Entziehungsanstalten

Durch den hier vorliegenden Gesetzentwurf werden die rechtlichen Grundlagen geschaffen damit die psychatrium GRUPPE und die Fachklinik Schleswig privatisiert werden können. Diese Privatisierungen sind Teil der Umsetzung der geplanten Verwaltungsstrukturänderung der Landesregierung bis 2010. Hier wurde festgelegt, welche Landesaufgaben an Dritte in privater Trägerschaft übertragen werden können.

Weil es im Bereich der Krankenhäuser in der Bundesrepublik eine lange Tradition für private Trägerschaft unter öffentlich-rechtlichen Vorgaben gibt, die auch bisher ganz gut funktioniert hat, hat der SSW keine grundsätzlichen Einwände gegen die hier vorgeschlagene Privatisierung. In Fragen der Privatisierung sind für den SSW nicht die private oder öffentliche Trägerschaft entscheidend, sondern welche Folgen sich aus der Umstrukturierung für die Qualität der Arbeit, für die Patienten und für die Belegschaft ergeben werden.

Die durchgeführte Anhörung, die ohne Teilnahme der größten Oppositionspartei des Landes durchgeführt wurde, hat aus unserer Sicht erheblich zu Klarstellung vieler der Details geführt, bei denen wir bei der 1. Lesung noch Probleme sahen. Dankenswerterweise hat die Anwaltskanzlei Weissleder und Ewer, die als Berater für das Land tätig ist, mit ganz konkreten Änderungsvorschlägen zum Gesetz zu dieser Klarstellung erheblich beigetragen. Diese Änderungsvorschläge finden sich jetzt in der endgültigen Fassung des Gesetzes wieder.

Der Gesamtpersonalrat der psychatrium Gruppe hat in der Anhörung betont, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich konstruktiv am Entwicklungsprozess beteiligt haben. Man steht der Privatisierung, die ja dem Erhalt und der Weiterentwicklung dienlich sein soll, positiv gegenüber. Es geht immerhin um 1.800 Beschäftigte und über 200 Ausbildungsplätze. Damit die ist psychatrium GRUPPE der größte Arbeitgeber in Ostholstein.

Zur positiven Grundhaltung der Beschäftigten hat auch die vereinbarte Sicherungsver­ein­barung mit dem Gesamtpersonalrat, die u.a. ein Bestandsschutz für bereits eingestellte Mitarbeiter beinhaltet, beigetragen. In diesem Zusammenhang möchte ich auch löblich erwähnen, dass die Sicherungsvereinbarung die Anwendung des Tariftreuegesetz vorsieht. Das ist vorbildlich. Es handelt sich um einen privatrecht­lichen Vertrag, der im Prinzip nichts mit diesem Gesetzgebungsverfahren zu tun hat. Denn es ist eine Regelung zwischen dem Land als Veräußerer der Klinik und dem Personalrat. Das Land verpflichtet sich, sicherzustellen, dass der Erwerber diese Dinge gewährleistet. Die Existenz dieses Vertrages macht es für uns aber leichter dem Gesetzentwurf zuzustimmen. Man kann den Beschäftigten der Fachklinik Schleswig nur raten einen ähnlichen Vertrag abzuschließen.

Auch für den Maßregelvollzug sind jetzt durch die Änderungsvorschläge des Ausschusses eine vernünftige Regelung zur Kontrolle der Träger und eine Sicherung der Interessenvertretung der Betroffenen gefunden worden. Denn gerade der Maßregelvollzug kann natürlich sehr schwerlich unter marktwirtschaftlichen Prinzipien gesehen werden. Das geht ganz einfach nicht. Eine private Trägerschaft braucht daher eine besondere rechtliche Kontrollfunktion seitens des Landes und der Politik. Es bleibt aber bei einer öffentlich-rechtlichen Aufgabenerfüllung, die aber privatrechtlichen Rechtssubjekten übertragen wird.

Wir hatten uns bei der 1. Lesung gegen die im Gesetzestext empfohlene europaweite Ausschreibung des Verkaufs der Fachklinik Schleswig ausgesprochen. Das haben wir getan, weil wir befürchteten, dass die Ausschreibung die geplante Fusion zwischen der Fachklinik und dem Martin-Luther-Krankenhaus in Gefahr bringt. Dabei haben wir uns von der Zukunftssicherung des Krankenhausstandortes Schleswig leiten lassen. Die Fusion, die vom Kreis Schleswig-Flensburg, vom Land und auch von den Beleg­schaften befürwortet und unterstützt wurde, erscheint uns immer noch als die beste Lösung für den Krankenhausstandort Schleswig.

Leider müssen wir erkennen, dass die europaweite Ausschreibung rechtlich zwingend vorgeschrieben ist. Herr Dr. Ewer hat in der Anhörung sehr deutlich gemacht, dass es durch die EU-Vorgaben im Vergaberecht sehr wenig Spielraum für regionale Interessen gibt. In diesem Zusammenhang ärgert uns aber, dass dieses anlässlich der langen Diskussion um die freihändige Veräußerung der Fachklinik an das Martin-Luther-Krankenhaus erst so spät deutlich wurde. Das hat natürlich zu einer starken Verunsicherung der Beschäftigten in beiden Krankenhäuser geführt. Wir müssen nun hoffen, dass die europarechtliche Vergabe dennoch zu dem von alle Beteiligten gewünschten Ergebnis führt. Das wäre im Sinne der Beschäftigten und der gesamten Region. Der SSW wird dem Gesetzentwurf in der vorliegenden Fassung zustimmen.

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