Speech · 22.05.2025 Alleinerziehende in der Armutsfalle

„Alleinerziehende brauchen umfassende und nachhaltige Unterstützung!“

Christian Dirschauer zu TOP 23 - Situation Alleinerziehender und ihrer Kinder umfassend und nachhaltig verbessern (Drs. 20/3075)

Die Situation Alleinerziehender beschäftigt uns hier im Plenum nicht zum ersten Mal. Bereits im Februar 2025 haben wir über steuerliche Entlastungen für diese Gruppe debattiert. Und dass auch völlig zu Recht, wie ich finde. Denn berufstätige Alleinerziehende haben auch im Bereich der Besteuerung mit Nachteilen zu kämpfen, die wir vom SSW dringend ausgleichen wollen. Daher noch einmal in aller Kürze: Die von der FDP vorgeschlagene Erhöhung des Entlastungsbetrages macht zumindest ab dem zweiten Kind einen enormen Unterschied zur aktuellen Staffelung. Daher begrüßen wir diesen Vorstoß ausdrücklich. Aber auch das habe ich damals bereits betont: Ein solcher Schritt ist und bleibt nur eine kleine Stellschraubenkorrektur. Er reicht nicht aus, um den vielfältigen Herausforderungen, denen Alleinerziehende gegenüberstehen, wirklich effektiv zu begegnen.

Wie schon anhand des Titels erkennbar, wollen wir die Situation dieser Familien umfassend und vor allem nachhaltig verbessern. Wir haben uns daher ganz bewusst für eine ganze Reihe von Forderungen entschieden. Handlungsleitend ist die Frage, welche Maßnahmen Alleinerziehende für ihre Unterstützung brauchen. Wer sich allein um seine Kinder kümmert, ist zum Beispiel besonders dringend auf funktionierende, niedrigschwellige Bildungs- und Betreuungsangebote angewiesen. Aber Alleinerziehende brauchen auch noch weitere konkrete Entlastung im Alltag, etwa durch die Option auf eine wöchentliche Haushaltshilfe, einen erweiterten Anspruch bei den Kinderkrankentagen oder eine verbindliche Hausaufgabenbetreuung. Gleichzeitig fehlt ihnen aber häufig nicht nur die Anerkennung dafür, dass sie täglich etliche Dinge unter einen Hut kriegen, sondern auch der Zugang zu qualifizierter Beratung. Und gerade wenn es um das Thema Beratung geht, muss diese dringend auch für Trennungskinder und elternunabhängig organisiert werden. Diese Forderungen oder Angebote sind teilweise wirklich selbsterklärend und sollten eigentlich selbstverständlich sein. Sie sind für die Betroffenen aber eben noch längst nicht immer und überall verfügbar.

Aber es geht um mehr als fehlende Anerkennung und Angebote. Denn es ist nun mal Fakt, dass Alleinerziehende ein deutlich erhöhtes Armutsrisiko haben. Noch dazu steigt dieses Risiko mit jedem weiteren Kind, das in der entsprechenden Familie lebt. In konkreten Zahlen heißt das für unser Land: Von den rund 100.000 Alleinerziehenden mit minderjährigen Kindern, die hier leben, sind fast 40.000 armutsgefährdet. Bundesweit ist ein Drittel dieser Menschen aufgrund von Teilzeitarbeit, Niedriglöhnen oder Erwerbslosigkeit auf Grundsicherung angewiesen. Der Großteil dieser Gruppe ist demnach also nicht von Armut bedroht, weil sie keiner Arbeit nachgeht. Sondern schlicht, weil sie in ihrer Rolle als Alleinerziehende strukturell benachteiligt sind.

Für uns vom SSW liegt damit auf der Hand, dass wir auch beim Blick auf die finanzielle beziehungsweise steuerliche Situation Alleinerziehender dringend Verbesserungen brauchen. Neben der erwähnten Erhöhung des Entlastungsbetrags muss vom Bund daher eine wirklich spürbare Erhöhung des Kindergeldes für alle Kinder und ein Zuschlag für jene Kinder kommen, die aus Familien mit geringeren Einkommen stammen. Noch dazu brauchen wir vor allem endlich eine Kindergrundsicherung, die ihren Namen verdient und kindbezogene Bedarfe wie etwa Wohn- oder Heizkosten aber eben auch Ausgaben für Klassenfahrten vollständig berücksichtigt. Und ganz ohne Frage müssen Alleinerziehende trotz der häufig benötigten Flexibilität im Job in einem Maße abgesichert sein und verdienen, dass ihr Familienmodell nicht zur Armutsfalle wird.

Mir ist voll bewusst, dass wir hier über einen wahren Katalogantrag voller Forderungen sprechen. Aber noch einmal: Wer sich die Situation Alleinerziehender genauer anschaut und mit dieser Gruppe in den Austausch geht, wird kaum zu einem anderen Ergebnis kommen. Es fehlt nicht nur an Anerkennung und an öffentlichem Bewusstsein dafür, welche Herausforderungen Alleinerziehende in ihrem Alltag meistern. Sondern es fehlt auch an verschiedener Unterstützung auf unterschiedlichen Ebenen. Und gerade, weil hier an so vielen Schrauben gedreht werden muss, wäre es in einem ersten Schritt sinnvoll, die Situation Alleinerziehender umfassend im Rahmen der Ausschussarbeit zu beleuchten. Diese Basis halte ich für sehr wichtig, wenn wir uns auf den Weg machen und eine echte Verbesserung für diese Gruppe erreichen wollen. 

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