Rääde · 10.06.2016 Behindertenrechte sind nicht nur "nice to have"

Jette Waldinger-Thiering zu TOP 62 - Bericht des Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderung über seine Tätigkeit 2013/2014

Zum Glück ist der vorliegende Tätigkeitsbericht nicht der einzige Anlass, zu dem wir hier über die Belange von Menschen mit Behinderung diskutieren. Auch Themen wie der barrierefreie Tourismus, die inklusive Schule oder der inklusive Arbeitsmarkt haben uns immer wieder beschäftigt. Diese Tatsache ist aus Sicht des SSW nur zu begrüßen. Denn diese Debatte ist eine Grundvoraussetzung dafür, dass wir unserer Verpflichtung im Rahmen der UN-Konvention nachkommen. Und nur so erfüllen wir die relativ neue Verfassungsergänzung mit Leben, nach der wir uns als Land für Selbstbestimmung und gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit Behinderung einsetzen wollen. 

Selbstbestimmung und gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe. Das klingt für mich erst einmal vornehm und leider auch ein bisschen nach Sonntagsreden. Ganz konkret aber heißt das: Alle Menschen haben die gleichen Rechte. Egal ob mit oder ohne Behinderung. Alle haben zum Beispiel das Recht auf gute Bildung. Das Recht auf Arbeit. Das Recht auf Selbstbestimmung oder das das Recht auf gleichwertige Lebensverhältnisse. Niemand darf einfach bevormundet und niemandem dürfen Chancen auf Teilhabe verbaut werden. In letzter Konsequenz sind also alle Lebensbereiche betroffen. Und in letzter Konsequenz sind wir eben auch alle in der Pflicht. 

Die Grundlage in Form der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung dürfte eigentlich allen bekannt sein. Und doch will ich gern an eins erinnern: Durch die Unterzeichnung des Übereinkommens und durch die Ratifizierung ist sie ein rechtskräftiges Gesetz. Die Verlautbarungsebene und die schöne Welt der Sonntagsreden haben wir also längst verlassen. Behindertenrechte sind nicht „nice to have“, sondern Bund, Länder und Kommunen haben hier ganz konkrete Verpflichtungen. Die Anliegen von Menschen mit Behinderung müssen in allen Bereichen des politischen Handelns als Selbstverständlichkeit begriffen und berücksichtigt werden. Das ist der Auftrag.

Diese Fakten sind deshalb so wichtig, weil es bis dahin leider noch ein weiter Weg zu sein scheint. Man braucht gar nicht in die Details des ausführlichen und sehr informativen Berichts einzutauchen, um das zu erkennen. Hierfür reicht schon der Blick auf die so genannten Brennpunkte: Längst nicht alle Akteure haben ihre Verantwortung für die Umsetzung der UN-Konvention erkannt. Die Beteiligung von Menschen mit Behinderung ist längst nicht auf allen Ebenen und schon gar nicht in vollem Umfang sichergestellt. Auch unser Rechtssystem muss deutlich besser an die Anforderungen der Konvention angepasst werden. Und gerade wir als Land müssen bei der Umsetzung unseres Aktionsplans oder bei den Themen Barrierefreiheit, Arbeitswelt oder inklusive Bildung deutlich nachlegen. Das ist sicher nicht zum Nulltarif zu haben.

Wir haben es immer wieder betont und ich will es trotzdem gerne nochmal deutlich machen: Für den SSW ist und bleibt das Zusammenleben in Vielfalt ein unheimlich wichtiges Ziel. Wir meinen, dass sich wirklich alle für einen angemessenen Lebensstandard und sozialen Schutz von Frauen und Männern mit Behinderung einsetzen müssen. Und vor allem wir politisch Verantwortlichen müssen weiter daran arbeiten, möglichst viele Menschen zu erreichen und sie dazu zu bewegen, sich mit diesem Thema zu befassen. Nur so kommen wir zu dem Bewusstseinswandel, der für eine inklusive Gesellschaft nötig ist. Eine Gesellschaft, in der Menschen mit Behinderung eben nicht ausgegrenzt, sondern in ihrer Vielfältigkeit als Bereicherung gesehen werden. Dieser Prozess ist sicher nicht immer einfach und wird wohl auch noch dauern. Aber nur so kann Inklusion gelingen.

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