Rääde · 15.05.2002 Bekämpfung von Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus

Wenn wir darüber debattieren, wie wir dem Hass gegen das Fremde begegnen sollen, dann hat das im­mer noch einen konkreten Hintergrund. Der Sommer des Jahres 2000 mit dem Bomben­anschlag von Düsseldorf war ein Fanal. Er hat uns alle dazu bewogen, mehr gegen Fremden­feind­lichkeit und Rechts­radikalismus tun zu wollen.

Die Vorbeugung von Extremismus, Fremdenfeindlichkeit und Ge­walt setzt früh an und um­­­­fasst nahe­zu alle Lebens­bereiche. Wenn wir die Politik der Landesregierung beurteilen sollen, dann ist es aber ent­­schei­dend, was seit dem Sommer 2000 bewusst gegen Rechts unter­nommen wurde. Nach die­sem Maß­stab wür­­­de der Bericht der Landesregierung um einiges dünner ausfallen. Denn Maß­­­nah­men wie die Beteili­gung von Kindern und Jugendlichen, die LSE, oder die kulturelle För­­de­­rung der Sinti & Roma hät­ten hoffentlich auch ohne Fremdenfeindlichkeit und Rechts­extre­mismus statt­ge­funden.

Wir erkennen an, dass die Regierung sich in den verschiedenen Ressorts mit den Pro­blemen aus­­­­­­ein­an­der gesetzt und gute Maßnahmen ergriffen hat. Allerdings fehlt ein wesentlicher Bereich gänz­­lich: Der Bericht der Landesregierung macht deutlich, dass man so gut wie ausschließlich auf die Vorbeu­gung bei Kindern und Jugend­lichen und die Strafverfolgung von Rechtsextremen setzt. Eine Auseinander­setzung mit der Frem­den­feindlichkeit bei Erwachsenen findet kaum statt. Sie sind allen­falls die Ziel­gruppe, wenn es um historische Aus­stellungen oder Strafverfolgung geht.

Diese Schwäche in der Politik spiegelt sich auch im Bericht wider. Gleich auf den ersten Seiten fällt auf: Die Bilanz der Staats­kanzlei fällt ziemlich schmal aus, obwohl fast jede Pressemittelung einzeln erwähnt wird. Es reicht nicht aus, darauf zu verweisen, dass die Ministerpräsidentin und das Ka­bi­­nett in öffent­liche Reden Passagen zur Fremdenfeindlichkeit aufnehmen. Frau Simonis hat mit ih­rem En­ga­­­ge­­ment für ein „Gesell­schaft­liches Bündnis gegen Rechts“ ja selbst anerkannt, dass in der Staats­kanzlei eine besondere, über­grei­fende Verant­wor­tung liegt. Diese Ver­antwortung hat sich aber offen­sichtlich auf den Sommer 2000 beschränkt, denn die Bilanz des Bündnisses fällt zu mager aus.

Zugegeben: Der Schüleraktionstag im Januar 2001 war ein wertvoller Beitrag. Die Aktions­woche im letz­­­ten Herbst gab den verschiedenen Teilnehmern des Bündnisses eine Plattform, um gegen Frem­den­feind­­lichkeit Flagge zu zeigen. Und auch das Mahnmal in Oldenswort war ein guter Gedanke. Aber das war’s? Das ist zu wenig. Das Bündnis hätte immer wieder durch Worte und Taten das Signal sen­den müssen, dass die großen gesellschaftlichen Gruppen in dieser Frage an einem Strang ziehen - dass sie ent­schlos­sen und geschlossen die Fremden­feindlichkeit und die Gewalt bekämpfen. Das blieb aus.

Es hat eine Ideenbörse des Bündnisses gegeben. Der SSW hat seinen bescheidenen Beitrag zu dieser Börse geleistet – und nie eine Antwort er­hal­ten. Wir haben darauf hingewiesen, dass man in Dänemark sogenannte Stafetten-Konferenzen durch­­geführt hat. Auf diesen Konferenzen nah­men jedes Jahr neue Institutionen, Orga­­nisationen und Unter­nehmen den gesellschaftlichen Auf­trag ent­­­gegen, in ihrem Wir­kungsbereich et­was gegen die Frem­den­feindlichkeit zu tun. Nach einem Jahr erstatten sie dann Bericht. So et­was wäre auch für Schleswig-Holstein gut. Wir haben deshalb auf die Konferenzen auf­merksam ge­macht, Einladungen weiter geleitet und sogar sprachliche Assi­stenz an­ge­boten. Keine Reak­­tion.

Der SSW hat auch angeregt, dass das Bündnis die Argumente der Frem­den­feinde offen auf­greift und sich damit seriös auseinandersetzt. Dass man öffentlich­keits­wirk­sam die My­t­hen über schma­­rotzende Aus­län­der mit Fakten widerlegt. Auch darauf haben wir nie eine Antwort bekommen. Wir müssen uns aber endlich ernsthaft und sachlich mit den Erwachsenen aus­einander setzen, die be­reits frem­den­­feindlich denken.

Gegenwärtig sind überall in Europa Rechtspopulisten auf dem Vormarsch. Wer sehen will, wie so et­was aussieht, werfe einen Blick über die nördliche Grenze – oder – oder verfolge jetzt die Berichterstattung nach der niederländischen Parlamentswahl. Es wird Zeit, dass wir uns zusammentun und her­­aus­finden, wie wir gemeinsam diesen Feinden der pluralistischen Demokratie den Wind aus den Se­geln nehmen. Wenn wir erst hier im Landtag rechtspopulistische Kollegen sitzen haben – welche, die sich schlauer anstellen als die unglück­lichen Gestalten von der DLVH – dann ist es zu spät.

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