Speech · 18.06.2025 Demenzplan in Schleswig-Holstein zeitnah weiterentwickeln

„Der Demenzplan muss aktualisiert und verbindlicher gestaltet werden“

Christian Dirschauer zu TOP 13 - Demenzplan in Schleswig-Holstein zeitnah weiterentwickeln (Drs. 20/3288)

Vermutlich werden viele hier im Saal aus eigener Erfahrung wissen, was eine Demenzdiagnose im Umfeld bedeutet. Ganz persönlich kann ich sagen, dass sie mitunter Verzweiflung, vor allem aber große Sorgen, Zukunftsängste und massive Verunsicherung sowohl bei direkt wie indirekt Betroffenen auslöst. Neben ganz konkreten medizinischen und pflegerischen Fragen geht es für Demenzerkrankte und ihre Angehörigen schnell auch um eins: Und zwar um die Frage, wie ein möglichst selbstbestimmter Umgang mit einer Demenz und ein würdevolles Leben trotz oder gerade mit dieser Diagnose gelingen kann. Ich denke man braucht nicht allzu viel Fantasie, um sich eins klarzumachen: In einer solchen Situation sind Angebote der Beratung und Unterstützung ein unglaublich wertvoller Anker, der Halt und Orientierung bietet. Und deshalb möchte ich diese Gelegenheit vor allem dafür nutzen, allen in der Demenzarbeit aktiven Menschen für ihr Engagement zu danken!

Demenz ist aber nicht nur für Betroffene und ihre Familien, sondern für die gesamte Gesellschaft eine riesige Herausforderung. Allein in Schleswig-Holstein leben rund 68.000 Menschen mit einer solchen Erkrankung. Tendenz klar steigend. Vor diesem Hintergrund ist es gut und folgerichtig, dass sich das Land schon vor über 10 Jahren auf den Weg gemacht und auf Initiative des SSW einen Demenzplan entwickelt hat. Hier wurde vergleichsweise früh eine landesweite Strategie skizziert und mit rund 80 Empfehlungen unterlegt. Dazu zählen ganz konkrete Maßnahmen wie Schulungen, Vernetzungsarbeit oder Wohnraumberatungen. Aber auch bei der öffentlichen Bewusstseinsbildung oder mit Blick auf spezifische Versorgungs- und Präventionsstrukturen hat Schleswig-Holstein hiermit lange eine Vorreiterrolle eingenommen. Im Ergebnis trägt der Demenzplan bis heute dazu bei, die Lebenssituation von Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen zu verbessern. 
Wir können hier also durchaus auf den einen oder anderen Erfolg zurückblicken. Doch zur Wahrheit gehört nun mal auch, dass der Demenzplan langsam, aber sicher in die Jahre gekommen ist. Experten weisen schon seit einigen Jahren auf diesen Umstand hin und betonen, dass wir eine Weiterentwicklung brauchen. Das ist spätestens seit dem Sommer 2020 auch allen Fachpolitikern und vor allem den Regierenden beziehungsweise dem zuständigen Ministerium bekannt. Denn damals wurde auf Antrag des SSW schriftlich über die Umsetzung aber eben auch über notwendige Aktualisierungsbedarfe des Plans berichtet und debattiert. Schon zu diesem Zeitpunkt wurde deutlich, dass die enthaltenen Empfehlungen und Maßnahmen auf ihre Aktualität hin bewertet und vieles neu gewichtet oder sogar neu entwickelt werden muss. Spätestens wenn wir uns die Forschung, die neuen Gruppen von Betroffenen oder die insgesamt deutlich steigenden Zahlen anschauen, sollte man meinen, dass der Weiterentwicklungsbedarf auch absolut nachvollziehbar und plausibel ist.

Doch leider, Sie ahnen es, muss die Betonung hier auf dem Wort „sollte“ liegen. Denn egal ob man es nun Aktualisierung, Fortschreibung oder Weiterentwicklung nennen will: In den vergangenen Jahren ist in dieser Hinsicht nichts Nennenswertes passiert. Und bei allem Verständnis dafür, dass die Coronapandemie insbesondere dem Sozial- und Gesundheitsbereich in dieser Phase sehr viel abverlangt hat, ist das schlicht zu wenig. Es gibt nun mal sehr konkrete Anhaltspunkte dafür, dass wir zum Beispiel bei der Versorgung von Menschen mit Migrationshintergrund oder mit Sprachbarrieren besser werden müssen. Noch dazu mahnen Fachleute nicht erst seit gestern einen stärkeren Fokus auf die Prävention von Demenzerkrankungen und auf digitale Angebote an. Und auch der Hinweis auf Defizite bei der Versorgung von Betroffenen mit einer seltenen oder besonders frühen Form von Demenz ist nicht neu.

Auch der Blick über den landespolitischen Tellerrand hinaus legt eine Weiterentwicklung unseres Demenzplans nahe. Denn wenn wir uns die nationale Demenzstrategie des Bundes anschauen, dann weist unser Landesplan bei bundesweiten Standards mittlerweile erhebliche Lücken auf. Noch dazu wird deutlich, dass auf Landesebene kaum konkrete Ziele benannt sind und nicht beantwortet wird, welche Akteure für welche Aufgaben zuständig sind. Mit dem Ergebnis, das sich für einen Teil der Maßnahmen bis heute niemand verbindlich zuständig fühlt. Hier sehen wir dringenden Korrekturbedarf. Außerdem würde eine Aktualisierung auch Effizienzgewinne bringen. Denn durch eine engere Verzahnung mit der Landespflegestrategie könnten Doppelstrukturen vermieden und die Versorgung insgesamt effizienter und nachhaltiger gestaltet werden. Es gibt also reichlich Argumente, die für eine Weiterentwicklung des Demenzplans sprechen. Dass ein solcher Schritt hohe Kosten auslöst, sehe ich auch nicht. Aber wir sollten ihn vor allem deshalb zeitnah gehen, weil die Betroffenen und ihre Angehörigen einen guten Rahmen für den Umgang und das Leben mit einer demenziellen Erkrankung brauchen. Und es wäre ein wichtiges Signal, ihnen den Rücken durch einen aktualisierten Demenzplan zu stärken.

 

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