Rääde · 11.05.2023 Die Gesellschaft muss wachsam und wehrhaft sein

„Wer als Staatsdiener den Staat und die Verfassung in Frage stellt, der gehört mit unmittelbarer Wirkung aus dem Beamtenverhältnis entfernt… wer den Rechtsstaat ablehnt, kann von dessen Behörden nicht erwarten, dass sie ihm einen Waffenschein ausstellen. Überhaupt müssen wir hier genauer hinschauen: wo gehen die Grenzen dessen, was wir als Gesellschaft hinnehmen? Dürfen und wollen wir hinnehmen, dass Reichsbürger ihren Kindern über Jahre den Schulbesuch verweigern?“

Lars Harms zu TOP 12 - Gesellschaft vor Verfassungsfeinden schützen (Drs. 20/696)

Mein erster Impuls zum Thema Reichsbürger, sogenannter Selbstverwalter und anderer Verfassungsfeinde ist: alles Spinner. Und das ist bestimmt nicht falsch. 
Aber spätestens seit den Festnahmen von 25 Mitgliedern der sogenannten Patriotischen Union im vergangenen Dezember wissen wir: diese Spinner sind hochgefährlich! 
Umso wichtiger ist es, dass wir unsere staatlichen und gesellschaftlichen Strukturen nicht als selbstverständlich hinnehmen, sondern uns aktiv für deren Schutz einsetzen. 
Viele Verwaltungsbedienstete werden ein Lied davon singen können, wie unerfreulich und in Teilen beängstigend der Umgang mit Vertretern der Reichsbürgerszene ist. Umso wichtiger, dass wir uns darauf verlassen können, dass die Mitarbeitenden auf dem Boden von Recht und Gesetz stehen. Das ist nicht nur für Polizei und Verfassungsschutz von größter Bedeutung, sondern auch für unsere Gerichtsbarkeit, unseren Strafvollzug und letztlich auch für viele Funktionen in der allgemeinen Verwaltung, im Land ebenso wie in den Kommunen. Hier sollte das Landessicherheitsüberprüfungsgesetz bei Bedarf angepasst und auch erweitert werden. Ebenso genügt es nicht, die Mitarbeitenden nur einer einmaligen Prüfung zu unterziehen, diese Kontrollen müssen regelmäßig stattfinden. Es geht hier nicht darum, dass wir Misstrauen gegenüber denjenigen schüren wollen, die sich in Polizei, Justiz und Verwaltung täglich für unseren Rechtsstaat einsetzen. Aber wir dürfen nicht blind sein denjenigen Mitarbeitenden gegenüber, die den Boden der Verfassung verlassen haben. Es ist unerträglich, wenn Menschen, die Staat und Gesellschaft in Frage stellen, weiterhin – und das oft noch über Jahre – Gehalt von dem Staat beziehen dürfen, dem sie Schaden zufügen wollen. Hier müssen wir die Rechtsgrundlagen im Beamtengesetz dringend anpassen. 
Wer als Staatsdiener den Staat und die Verfassung in Frage stellt, der gehört mit unmittelbarer Wirkung aus dem Beamtenverhältnis entfernt.
Ich freue mich im Übrigen sehr, dass die regierungstragenden Fraktionen im vorliegenden Antrag die wirklich schon uralte Forderung des SSW nach einer Verschärfung der Waffengesetze aufgreifen. Das ist mehr als überfällig. 
Wer eine Waffe besitzt, muss regelmäßig nachweisen, dass er mit dieser verantwortungsvoll umgeht. Und wir müssen an dieser Stelle auch genauer hinschauen: wer darf überhaupt eine Waffe besitzen? Stichwort Zuverlässigkeitsprüfung: kann etwa ein Reichsbürger, der die Gesetze unseres Staates nicht länger anerkennen will, eine Waffenerlaubnis nach geltendem deutschem Recht bekommen? Glauben wir wirklich, dass er sich an dieses Recht halten wird? 
Hier gilt ganz klar: wer den Rechtsstaat ablehnt, kann von dessen Behörden nicht erwarten, dass sie ihm einen Waffenschein ausstellen. Überhaupt müssen wir hier genauer hinschauen: wo gehen die Grenzen dessen, was wir als Gesellschaft hinnehmen? Dürfen und wollen wir hinnehmen, dass Reichsbürger ihren Kindern über Jahre den Schulbesuch verweigern? 
Und dann zucken die Behörden mit den Schultern und sagen: nützt ja nichts, wir können den Schulbesuch nicht durchsetzen. Genügt uns das? Müssen wir hier nicht vor allem das Wohl der Kinder in den Blick nehmen, die ein Recht auf die gleichen Bildungschancen haben wie alle anderen Kinder? Können wir hinnehmen, dass Kinder gezwungen werden, die zweifelhaften Ideologien ihrer Eltern auszubaden, weil der Staat an dieser Stelle nicht handlungsfähig ist? 
Wir haben gesehen, dass die Corona-Pademie mit ihren freiheitseinschränkenden Maßnahmen der Szene derjenigen, die die deutsche Verfassung in Frage stellen, einen recht regen Zulauf beschert hat. 
Hier müssen wir entgegenwirken. Mit regelmäßigen Sicherheitsüberprüfungen von Mitarbeitenden in sicherheitsrelevanten Funktionen, mit restriktiveren Regelungen im Waffenrecht, aber vor allem auch mit politischer Bildung:  in unseren Kindergärten, Schulen, Berufsschulen und Universitäten. 
Und mit einer Stärkung des zivilgesellschaftlichen Engagements: gegen Extremismus aller Richtungen, gegen Rassismus, gegen Antisemitismus und gegen jede Art von Menschenverachtung. Um wirksam zu verhindern, dass Verfassungsfeinde nachwachsen. 
Ein Staat kann nur so stark sein wie seine Zivilgesellschaft, das dürfen wir nie aus den Augen verlieren!

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