Rääde · 05.05.2006 Entwicklung der ärztlichen Versorgung im ländlichen Raum

Die Sicherstellung der medizinischen Versorgung ist eine wichtige Daseinsvorsorge und somit eine wesentliche Aufgabe der öffentlichen Hand. Doch angesichts des hohen Durchschnittsalters in der Ärzteschaft ist dem Bericht der Landesregierung sowie dem aktuellen Versorgungsbericht der Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein zu entnehmen, dass dies für die Zukunft nicht mehr selbstverständlich ist – insbesondere gilt dies für den ländlichen Raum.
Dieses gilt, obwohl aus dem Bericht der Landesregierung hervorgeht, dass die Entwicklung der ambulanten Versorgung im ländlichen Raum in den letzten Jahren stetig verbessert wurde. So haben wir derzeit eine fachärztliche Überversorgung, die sich nach dem Berechnungsmodell des Bedarfsplans so darstellt, dass wir derzeit einen Versorgungsgrad von 110% erreichen. Für Hausärzte sieht die Situation so aus, dass sich der Versorgungsgrad in den ländlichen Planungsbereichen mit der Bedarfsplanung deckt. Ausnahme ist hier derzeit der Kreis Steinburg, der danach einen Versorgungsgrad von 93,8 % aufweist. Generell bleibt aber festzuhalten, dass es in Schleswig-Holstein nach dem gesetzlichen Berechnungsmodell derzeit weder im fachärztlichen noch im hausärztlichen Bereich eine Unterversorgung gibt.

Diese Aussagen sind aber kein Grund sich auf den Lorbeeren auszuruhen. Denn auch vor der Ärzteschaft macht der demografische Faktor nicht Halt. So sind derzeit 63% der Hausärzte über 50 Jahre alt und es zeichnet sich ab, dass es theoretisch denkbar ist, dass es zu einer Unterversorgung kommt, wenn es beispielsweise zu vermehrten Praxisschließungen kommt und eine entsprechend hohe Anzahl von Anträgen auf Neuzulassungen ausbleibt. Diese Entwicklung wird insbesondere die weniger attraktiven Standorte und den ländlichen Raum treffen. Diese Situation ist sehr besorgniserregend, doch es zeigt sich auch, dass Schleswig-Holstein nicht allein vor diesem Problem steht. Bundesweit zeichnet sich diese Entwicklung ab.
Um Versorgungsengpässe zu verhindern und um die Versorgung im ländlichen Raum sicherzustellen, müssen Konzepte entwickelt werden, die dieses verhindern. Die im Bericht aufgeführten Möglichkeiten, die der Kassenärztlichen Vereinigung zu Verfügung stehen, sind durchaus gute Ansätze, um der genannten Entwicklung entgegenzuwirken. Insbesondere die finanziellen Anreize für die Ansiedlung von Ärzten im ländlichen Raum oder die Zahlung von Sicherstellungszuschlägen halten wir für sinnvoll, um diesen negativen Trend aufzufangen. Ebenso begrüßen wir, dass von Seiten der Kassenärztlichen Vereinigung vorgesehen ist, die Struktur der Notdienstregelung zu ändern. Denn gerade im ländlichen Raum führt dies zu einer erheblichen Überbelastung bei niedergelassenen Hausärzten.
Der Bericht der Landesregierung macht aber auch deutlich, was von Seiten der Politik geleistet werden kann, um Engpässe in der ärztlichen Versorgung zu vermindern oder von vornherein aktiv abzuwehren. Hierzu gehören der Ausbau der integrativen Versorgung und die Schaffung durchlässiger Versorgungsstrukturen zwischen ambulanter und stationärer Versorgung. Weiter wird im Bericht genannt, dass die geltenden Regelungen zum Vertragsarztrecht liberalisiert und flexibler gestaltet werden sollen. Ebenfalls sollen die Altersgrenzen für erstmalige Zulassungen oder Beendigung der vertragsärztlichen Zulassung in Planungsbereichen, in denen eine Unterversorgung besteht, gelockert werden.

Ich meine, dass die im Bericht genannten Ansätze durchaus zu Verbesserungen der ärztlichen Versorgung im ländlichen Raum führen können. Den Ansatz, die ambulanten und stationären Strukturen stärker zu verzahnen, halte ich für äußerst sinnvoll. Das Modell der Anlaufpraxen, wie es jetzt beispielsweise mit der Kassenärztlichen Vereinigung in Kappeln geplant ist, trägt durchaus dazu bei, ein gewisses Defizit der ärztlichen Versorgung im ländlichen Raum aufzufangen. Derartige Anlaufpraxen tragen zur Standortsicherung der Krankenhäuser bei und minimieren die Notdienstbelastung bei den Ärzten. Es wird dort einen fahrenden Dienst geben, der weiterhin Notfälle zu Hause behandelt. Daher ist es verständlich, dass dieses Konzept Anklang bei den Ärzten findet. Derartige Lösungsansätze gilt es daher zu etablieren.
Ich bezweifle aber, dass damit wirklich das Problem behoben wird. Wir müssen erkennen, dass sich die Patientenstruktur bei Hausärzten anders gestaltet, als bei Fachärzten in Ballungsgebieten. Und solange wir ein Bonus/Malus-System haben, das insbesondere zu Lasten der Hausärzte geht, geht dies automatisch zu Lasten der Patienten. Diese Entwicklung ist so nicht haltbar, zumal auch das Bonus/Malus-System von den Hausärzten nur schlecht beeinflussbar ist. Denn es kann nicht sein, dass nur die wirtschaftliche Grundlage entscheidet, welches Medikament vom Vertragsarzt verschrieben wird, und ob der jeweilige Arzt danach belohnt oder bestraft wird. Hier benötigen wir Modelle, die die Situation der Vertragsärzte im ländlichen Raum entsprechend berücksichtigen und auch die jeweilige Bevölkerungsstruktur und die damit verbundenen notwendigen medizinischen Gesamtaufwendungen zur Grundlage haben. Es muss zu einem besseren Ausgleich zwischen Ballungszentren und dem ländlichem Raum kommen.

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