Rääde · 16.12.2011 Entwurf zum Fünfzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag

Der Ministerpräsident hat bereits vor fünf Jahren gefordert, die Rundfunkgebühren nicht länger ans Gerät zu binden, sondern an den Nutzer. Damals eroberten gerade die ersten internetfähigen Handys den Markt und die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten unternahmen die ersten Versuche, ihre Inhalte online zu stellen.
Nun hat also die Rundfunkänderungsstaatsvertragsmaschine geliefert: und zwar ein neues Finanzmodell. Zukünftig soll jeder Haushalt und jede Betriebsstätte, vom Büro bis zur bemannten Bahnhofstoilette Rundfunkgebühren bezahlen. Dann soll es keine Rolle mehr spielen, ob der Empfang per Handy, Radio oder sonst wie von statten geht.
Die Rundfunkanstalten erhoffen sich davon eine Stabilisierung ihres Finanzrahmens. Dass die Finanzierung des öffentlichen-rechtlichen Rundfunk Schritt halten muss mit dem technischen Fortschritt, ist selbstverständlich. Zur Realisierung seines Sendeauftrags müssen die Sendeanstalten über ausreichende Mittel verfügen.
So weit besteht Konsens.
Und dann kommt das alt bekannte Verfahren ins Spiel. Ein Verfahren, das der Landtag in der Vergangenheit mehrmals kritisiert hat. Viele Akteure und noch mehr Lobbies basteln - weitgehend abgeschirmt von der Öffentlichkeit - an politischen Kompromissen.
Beim aktuellen Vertragswerk sind allerdings die Kompromisse so faul, dass der SSW dem Staatsvertrag nicht zustimmen kann.
Im Namen von mehr Gebührengerechtigkeit erwächst die neue Rundfunkservicezentrale zu einem Super-Archiv und zum ersten Bundes-Melderegister. Erstmalig sollte alle Bundesbürger zentral erfasst werden. Zur Datenerfassung werden auch die Vermieter verpflichtet. Das verletzt sowohl die Grundrechte des Datenschutzes als auch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die Daten der Meldebehörden erscheinen völlig ausreichend. Der SSW lehnt das bundesweite Sammeln von Daten, was über diesen Bestand hinausgeht, ab. Woher die zusätzlichen Daten kommen, bleibt das Geheimnis der Servicezentrale. Und dann darf sie auch diese Daten sogar ganz oder teilweise Dritten übertragen. Das lehnen wir ab.
Neben datenschutzrechtlichen Bedenken gibt es weitere offene Punkte, die im vorliegenden Entwurf noch nicht ausreichend geregelt wurden. Genannt seien:
Erstens: Die so genannte Tageszulassung von Autos durch Händler muss zukünftig, den Buchstaben des Staatsvertrags nach, mit einer GEZ-Meldung verbunden sein. Das ist völlig lebensfremd.
Zweitens: Die Unterscheidung zwischen gemeinnützigen und privaten Pflegeinrichtungen, von denen die einen gebührenbefreit sind und die anderen nicht, ist eine Ungleichbehandlung.
Drittens: Die Beitragsstaffel für die Betriebsstätten berücksichtigt nur die Mitarbeiterzahl und wird nicht in Vollzeitäquivalente umgerechnet. Das benachteiligt alle Branchen mit vielen Teilzeitbeschäftigten.
Viertens: Blinde und Sehbehinderte sind bislang befreit, zukünftig zahlen sie ein Drittel der Gebühren. Diese Zahl ist absolut willkürlich. Anspruch auf barrierefreien Zugang erhalten sie dagegen nicht, nicht einmal zu einem Drittel.
Fünftens: Es besteht Gebührenzwang, weil es keine Möglichkeit mehr gibt, Rundfunk abzuwählen. Damit wird die Gebühr zur faktischen Rundfunksteuer. So ein Systemwechsel muss im Bundestag entschieden werden.
Zugegeben ist die Gebühren-Situation derzeit unbefriedigend; das System der Hausbesuche lehnten viele Hörerinnen und Hörer ab. Doch die neue Sammelkrake namens Servicezentrale wird diesem Problem überhaupt nicht beikommen; im Gegenteil, im Vertrag ist die Rede davon, dass sie noch größer sein wird: mit mehr Beschäftigten und mehr Daten. Nun werden allerdings nicht mehr die Mieter Besuch bekommen, sondern die Vermieter.
Das zeigt einmal mehr, dass sich der ganze Aufwand in die falsche Richtung geht.
Aus allen diesen Gründen lehnt der SSW den 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag ab.

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