Rääde · 20.02.2020 Fairer Lohn ist Grundvoraussetzung für ein sicheres, würdevolles Leben

Tarifbindung und Mindestlohn sind keine unnötige Bürokratie, sondern sichern Familien ihr Auskommen und schützen vor Altersarmut

Lars Harms zu TOP 13 - Mit verstärkter Tarifbindung gute Löhne und Arbeitsstandards sichern! (Drs. 18/1978)

Wir haben hier bei verschiedenen Debatten feststellen müssen, dass es keine Mehrheit für eine staatliche Daseinsvorsorge gibt, die ihren Namen auch verdient. Das wird zumindest jenseits von Sonntagsreden deutlich. Nur zur Erinnerung: Das Wohnraumschutzgesetz des SSW wurde ohne weiteres abgelehnt. Mietpreisbremse und Landesmindestlohn halten eine Mehrheit in diesem Haus für überflüssig. Und auch unser Tariftreuegesetz wird mehrheitlich für unnötige Bürokratie und damit für entbehrlich gehalten. Vor diesem Hintergrund ist dieser Vorstoß der SPD wirklich mehr als berechtigt. 

Ja, der Antrag ist sogar bitter nötig, wenn man sich zum Beispiel die Entwicklung der Mieten oder der Armutszahlen anschaut. Hier zeigt sich überdeutlich, dass der Verweis auf Eigenverantwortung und Markt nicht ausreicht. Ohne staatlichen Ausgleich haben längst nicht alle Menschen die gleichen Chancen auf Bildung, auf gesellschaftliche Teilhabe und ein selbstbestimmtes Leben. Und ohne Tarifbindung und Mindestlohn haben selbst Menschen, die in Arbeit sind, kaum eine Chance ihr Leben wirklich eigenständig und würdig gestalten zu können. 

Ich denke allen ist klar, dass ein fairer Lohn die absolute Grundvoraussetzung für ein sicheres, würdevolles Leben ist. Ein Arbeitsplatz allein schützt leider längst nicht mehr vor Armut. Doch wer heute einen guten Lohn für seine Arbeit bekommt, ist auch im Alter weniger von Armut bedroht. In einer sozialen Marktwirtschaft ist der Staat auch hier in der Pflicht: Er muss Arbeitnehmer unterstützen und für verbindliche Rahmenbedingungen am Arbeitsmarkt sorgen. Und zu diesen Rahmenbedingungen gehören für uns auch allgemeinverbindliche Tarifverträge und Tariftreue. Genau wie gleiche Löhne bei gleicher Arbeit und gleiche Löhne für Menschen, die bei Subunternehmen arbeiten. Falls die Tarifpartner dies nicht hinbekommen oder wenn die Gesetze lückenhaft sind, ist eindeutig der Gesetzgeber gefragt.

Wenn es um gute Löhne und Arbeitsbedingungen geht, sind Tarifverträge natürlich von zentraler Bedeutung. Hier werden im Normal- oder besser gesagt im Idealfall Bezahlung, Arbeitszeiten, Urlaubsanspruch und viele andere Dinge geregelt. Und zwar verlässlich für alle Beteiligten. Heute profitiert aber nur noch knapp die Hälfte aller Beschäftigten von Tarifverträgen. Und deshalb ist es völlig richtig, nach Mitteln und Wegen zu suchen, um die Tarifbindung zu stärken. Aus Sicht des SSW helfen hier alle im Antrag aufgeführten Punkte weiter. Aber gerade dort, wo die öffentliche Hand Aufträge und Fördergelder vergibt oder Menschen direkt einstellt, haben wir nicht nur ein wirksames Instrument, sondern vor allem auch große Verantwortung. Und dieser müssen wir wieder stärker nachkommen. 

Ich habe schon erwähnt, dass es nicht ausreicht, wenn wir auf die Eigenverantwortung der Menschen verweisen. Und auch der Markt allein wird soziale Härten und Ungerechtigkeiten nicht verringern. Deshalb ist und bleibt es eine unheimlich wichtige Aufgabe der Politik, für Löhne zu sorgen, von denen man auch leben kann. Durch gesetzliche Mindestlöhne für all diejenigen, die nicht von Tarifverträgen erfasst sind. Und auch dadurch, dass wir als Land im Zweifel möglichst viele Menschen selbst anstellen, um ihnen gute Arbeitsbedingungen zu sichern.

Mit der Entscheidung der Jamaika-Koalition, das Tariftreue- und Vergabegesetz außer Kraft zu setzen, hat man sich bekanntlich auf das komplette Gegenteil verständigt. Mit entsprechend negativen Auswirkungen vor allem für die Beschäftigten, die ohnehin nicht viel verdienen. Das geht völlig an unserem Verständnis einer sozialen Marktwirtschaft vorbei. Und deshalb halten wir es weiter für fatal, auf diesen Hebel für einen fairen Wettbewerb und für die Einhaltung von ökologischen und sozialen Standards zu verzichten. Die Forderung der SPD nach einer Wiedereinführung eines wirksamen Tariftreue- und Vergaberechts können wir nur unterstützen. Die Koalition sollte wirklich noch mal in sich gehen, und diese Entscheidung überdenken. 

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