Rääde · 14.10.2016 Familien mit niedrigen Einkommen brauchen unsere Unterstützung

Jette Waldinger-Thiering zu TOP 47 - Lernmittelfreiheit in Schleswig-Holstein

Es besteht zwar Lernmittelfreiheit, aber Eltern müssen in ganz unterschiedlichen Bereichen für ihre Sprösslinge in die Tasche greifen.

Vorweg möchte ich mich bei den Eltern bedanken, die sich an der Umfrage beteiligt haben. Denn damit haben sie überhaupt erst möglich gemacht, dass wir uns hier über die Frage und Bedeutung der Lernmittelfreiheit unterhalten können. Ohne verlässliche Daten wäre das nämlich schwierig. 

Schule kostet Geld. Es besteht zwar Lernmittelfreiheit, aber Eltern müssen in ganz unterschiedlichen Bereichen für ihre Sprösslinge in die Tasche greifen. Das fängt Zuhause mit dem Schreibtisch, dem passenden Stuhl oder dem Computer an. Und es hört vielleicht mit dem Kauf eines Schlafsacks für die Klassenfahrt auf. Das sind alles Betreuungskosten, die im Zusammenhang mit dem Schulbesuch entstehen. Ich weiß, dass sich gerade Eltern an der Schwelle zum Hartz IV-Bezug sehr schwer damit tun, allen diesen finanziellen Anforderungen gerecht zu werden. Oftmals müssen dann die Großeltern einspringen. Andere Eltern lassen dagegen gern einmal etwas springen und verwöhnen den Nachwuchs jedes Jahr mit einem neuen Schulranzen, der einen dreistelligen Betrag verschlingt. Oder buchen eine Nachhilfestunde für den gleichen Betrag.

Gerade wegen dieser Unterschiede halte ich es für besonders wichtig, belastbare Zahlen zu erheben. Wir wollen genau wissen, welche Aufwendungen die Familien tatsächlich haben. Der statistische Durchschnittswert von 1.000 Euro pro Schuljahr dient erst einmal der Orientierung. Hier besteht ohne Frage noch weiterer Informations- und Diskussionsbedarf. 

Unabhängig davon zeigt der Schulalltag, dass manche Lehrkräfte erst sensibilisiert werden müssen, verschämte Finanznöte der Eltern und Kinder zu erkennen. Gerade weil einige Eltern im wahrsten Sinne des Wortes keine Kosten scheuen, bedeutet das nicht, dass das für alle Schülerinnen und Schüler einer Klasse gilt. Ich mache das mal ganz einfach fest an den Schulausflügen. Da können auch ohne Mittagessen gerne mal 250 Euro für eine viertägige Klassenfahrt innerhalb Schleswig-Holsteins zusammen kommen. Für eine alleinerziehende Mutter mit zwei Kindern ist damit der Monat gelaufen. Da frage ich mich: Warum werden keine Alternativen geprüft? Oder warum wird nicht rechtzeitig auf diese Ausgabe hingewiesen und eine Ratenzahlung ermöglicht?

Ein anderes Beispiel: Viele Eltern gehen jedes Jahr nach den Sommerferien mittels langer Listen genau vorgeschriebene Schulmaterialien einkaufen. Andere Schulträger setzen dagegen auf den zentralen Einkauf, so dass allen Kindern Mappen und Hefte für eine vergleichsweise niedrige Pauschale zur Verfügung gestellt werden können. Und wenn es schon keinen zentralen Einkauf gibt, dann würde ich mir zumindest ein wenig mehr Augenmaß wünschen. Es muss ja wohl keine lila Mappe für ein bestimmtes Schulfach sein, die fast zwei Euro kostet, weil es sie nicht im Zehnerpack beim Discounter gibt. Eine andersfarbige Mappe erfüllt vermutlich den gleichen Zweck. So manche Anschaffungsliste treibt einigen Eltern wirklich den Schweiß auf die Stirn.

Das sind nur einige Beispiele, wo man die Eltern finanziell entlasten könnte. Elternvertreter und Kinderschutzbund sind bekanntlich sehr intensiv an dem Thema dran. Das finde ich gut und  richtig. Und doch meine ich, dass hier bei allen Akteuren Augenmaß angesagt ist.

Hier wird gerne auf das ach so schöne Bildungs- und Teilhabepaket verwiesen. Doch dieses Paket ist nur eine unzureichenden Lösung, weil die Antragstellung kompliziert ist und die Beihilfen außerdem nur Hartz-IV-Familien zur Verfügung stehen. Dass Geringverdienende hier leer ausgehen, darf nicht sein. Der Kreis der Empfänger muss erweitert und die Beantragung erleichtert werden. Einige Schulen haben aus diesem Grund einen Elternfonds eingerichtet, der ohne großen bürokratischen Aufwand die wichtigsten Dinge finanziert. Auch das kann eine pragmatische Lösung sein, um Engpässe zu überbrücken.

Wenn wir ehrlich sind, dann stehen wir hier aber noch am Anfang. Wir müssen auch in Zukunft genau hinsehen und weitere Gespräche führen, um wirklich allen annähernd gleiche Bildungschancen zu geben.

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