Press release · Flansborj · 11.12.2025 Flensburger Haushalt 2026: Die Lage ist ernst, aber nicht hoffnungslos!
Die Rede des Vorsitzenden der SSW-Ratsfraktion, Ratsherr Martin Lorenzen zum Haushalt 2026 (RV 150/2025)
Es gilt das gesprochene Wort
Kære fru bypræsident, sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste.
Vielen Dank an den Kämmerer Henning Brüggemann und die MitarbeiterInnen der Finanzverwaltung, dass sie es doch noch geschafft haben uns in diesem Jahr einen Haushaltsentwurf vorzulegen. Danke auch wieder an die Mitglieder des Finanzausschusses für die gute Zusammenarbeit in diesem Jahr.
Keinen von uns können allerdings die Eckdaten des Haushaltes für 2026 zufriedenstellen. Ein geplantes Defizit von 48,4 Millionen Euro ist dramatisch. Der Kämmerer hat es in seinem Bericht gesagt: Die Personalkosten, die Sozialausgaben, die Kosten für die Energieversorgung und für die Instandhaltung von Gebäuden steigen stark an, während wir aber wegen der angespannten wirtschaftlichen Lage weniger Einnahmen aus dem Finanzausgleich bekommen. Dass dies ist ein bundesweiter Trend ist, zeigt auch der Bericht des Rechnungsprüfungsamtes für das Haushaltjahr 2024.
Der Oberbürgermeister hat in der letzten Finanzausschuss-Sitzung sinngemäß gesagt, dass die Stadt aus eigener Kraft kaum diese finanziellen Herausforderungen bewältigen kann. Auch die kommunalen Spitzenverbände in Schleswig-Holstein und in ganz Deutschland sind alarmiert. Denn diese Entwicklung triff die Keimzelle unserer Demokratie vor Ort. Die Bürgerinnen und Bürger merken in den Kommunen, wenn der Staat nicht mehr funktioniert, weil die notwendigen Investitionen nicht getätigt werden können.
Sind also alle unsere Mühen vergebens und müssen wir als Kommunalpolitiker vor dieser Entwicklung kapitulieren? NEIN, ÜBERHAUPT NICHT!! Die Lage ist zwar Ernst, aber sie ist nicht hoffnungslos. Denn wir haben als kommunale Selbstverwaltung auch die Aufgabe, selbstkritisch zu prüfen, wo wir Einsparungen vornehmen können oder Einnahmen erhöhen können. Gleichzeitig müssen wir unbedingt die staatlichen Leistungen für die Menschen in Flensburg erhalten und die Investitionen in unsere Infrastruktur vornehmen. Diese Aufgaben nehmen wir hier alle sehr ernst und verantwortungsvoll wahr, obwohl wir natürlich verschiedene politische Prioritäten setzen.
Wir haben in Rahmen unserer Möglichkeiten gehandelt. So haben wir die Bettensteuer 2026 maßvoll erhöht. Im Kultur- und Sozialbereich bekommen die allermeisten Vereine und Verbände, die von der Stadt Zuschüsse bekommen, im Jahr 2026 nur eine Überrollung. Das ist für viele herausfordernd, aber trotzdem gibt es keinen sozialen Kahlschlag in unserer Stadt. Wir wahren die soziale und kulturelle Balance. Dazu gehört auch, dass wir den Preis des Sozialtickets nicht erhöhen wollen.
Im Personalbereich sparen wir zum ersten Mal seit fast 20 Jahren Stellen ein. Im Jahr 2026 werden wir 11 Stellen einsparen. Diese Stellen können eingespart werden, ohne dass die Leistungen für die Menschen vor Ort beeinträchtigt werden. Das ist noch nicht viel, aber ein kleiner Anfang, damit wir zu einer moderneren und effizienteren Verwaltung kommen. Und gerade darum geht es ja bei der Verwaltungsstrategie 2030 u.a. mit dem Programm Förde Verwaltung, das wir im Herbst beschlossen haben. Bis 2030 sollen fast 10 % der Personalstellen der Stadt eingespart werden durch Aufgabenkritik, Digitalisierung und oder durch die Einführung von KI. Dies wird im Zuge der kommenden Pensionierungswelle ohne Entlassungen geschehen. Flankiert wird dies durch mehr Möglichkeiten für Mitarbeiterentwicklung und Personalförderung damit die Stadt gleichzeitig ein attraktiverer Arbeitgeber wird, denn wir konkurrieren mit anderen Kommunen um Mitarbeiter.
Aus Sicht des SSW war dies ein wegweisender Beschluss nach langen und intensiven auch durchaus kontroversen Diskussionen zwischen Verwaltung, Politik und den Mitarbeitern der Stadt. Zum einen modernisieren wir unsere Verwaltung. Zum anderen sparen wir Haushaltsmittel ein und konsolidieren damit unseren Haushalt, so dass wir hoffentlich im Jahr 2030 wieder einen ausgeglichenen Haushalt haben werden.
Wir wissen, dass dieser Prozess enorm schwer wird und eine große Herausforderung für die Beschäftigten der Stadt und für die Verwaltungsspitze, aber auch für die Politik sein wird. Wir werden sicherlich manche harte Entscheidung treffen müssen. Aber wir glauben, dass dies der richtige Weg ist, den wir gemeinsam bestreiten müssen. Im Namen der SSW-Ratsfraktion danken wir daher dem Oberbürgermeister, der übrigen Verwaltungsspitze, Herrn Russ und seinen Mitarbeitern, die diese zukunftsweisende Strategie erarbeitet haben. Aber auch dem Personalrat und den Beschäftigten, die sich konstruktiv und kritisch in diesen Prozess eingebracht haben. Nur wenn wir alle gemeinsam an einem Strang ziehen, kann diese notwendige Verwaltungsmodernisierung gelingen und Flensburg Vorbild für andere Kommunen werden.
Vorbildlich ist auch, dass wir für 2026 mit Rekordhohen Investitionen von ca. 85 Millionen Euro planen. Angesichts der Sünden der Vergangenheit sind diese Investitionen dringend notwendig. Wir wollen Investitionen in Schulen, Kindergärten, Kaikanten, Straßen, Radwege, Gebäude, Feuerwachen, Schwimmbäder und vieles, vieles mehr tätigen. Dabei geht der weitaus größte Teil der Investitionen an die Flensburger Schulen. Hier ist der Handlungsbedarf am größten und wir haben gemeinsam diese wichtigen Bildungsstätten im Investitionshaushalt priorisiert. Angesichts der vielen Investitionen war es richtig, dass wir einen Stadtbaurat bekommen haben. Es gibt genug zu tun für Sie, Herr Niemöller.
Es bleibt ein Problem, wenn die Kommunalaufsicht des Landes bei ihrer bisherigen Praxis bleibt, dass den Kommunen, die keinen ausgeglichenen Haushalt vorlegen, die Investitionen zusammengestrichen werden. Das ist unlogisch, weil Bund und Land gleichzeitig den Kommunen Milliardenzuschüsse für Investitionen in den nächsten 10 Jahren geben wollen. Wir müssen gemeinsam daran arbeiten, dass das Land seine Haltung hier ändert. Der Flensburger SSW-Abgeordnete Christian Dirschauer hat dankenswerterweise einen entsprechenden Brief an die Finanzministerin geschrieben.
Trotzdem müssen wir Vorsorge dafür treffen, falls wir nicht die gesamten Investitionen tätigen dürfen. Der SSW ist bereit gemeinsam mit den anderen Fraktionen und der Verwaltung priorisieren vorzunehmen. Klar ist für uns jetzt aber schon, dass die Stadt die Sanierung des Deutsches Hauses alleine nicht finanziell stemmen kann. Das ist nur möglich, wenn der Bund hier uns massiv mit Zuschüssen unterstützt.
Ist das Glas der Stadt Flensburg nun halb leer oder halb voll? Ich bin unverbesserlicher Optimist und glaube daran, dass sich unsere schöne Stadt in den nächsten Jahren in eine positive Richtung entwickeln wird. Flensburg hat großes Potential, das wir nutzen müssen. Aus Sicht des SSW wurden in diesem Jahr wichtige Weichen dazu gestellt.
Zum einen haben wir endlich Klarheit beim Hafen Ost. Wir können jetzt daran arbeiten, den Wirtschaftshafen gemeinsam mit Wohnungen am Hafen zu entwickeln. Es ist dringend notwendig, dass sich am Hafen was tut. Die Voraussetzungen dafür haben wir geschaffen. Es gibt schon erste Interessenten, die vielleicht zu noch mehr Wohnungen führen als wir ursprünglich gedacht hatten. Das wird also spannend.
Zum anderen hat das Land zugestimmt, die Innenstadtstrecke zum ZOB ernsthaft zu prüfen - samt realistischer Taktungen, Gleislayout, Fahrgastpotenzial und Umweltaspekten. Gleichzeitig wird auch der Fernzughalt in Flensburg-Weiche mit konkreten Arbeitsaufträgen hinterlegt. Und nicht nur das. Gestern wurde im Landtag bekannt, dass das Land bereit ist in den nächsten Jahren bis zu 20 Millionen Euro zu investieren in diese Projekte. Das ist ein großer Durchbruch für uns in Flensburg. Großen Dank an die SSW-Landtagsfraktion und an den Bundestagsabgeordneten Stefan Seidler, die sich dafür in Kiel und Berlin eingesetzt haben.
All dies geschieht auf der Grundlage unseres gemeinsamen Ratsbeschlusses aus dem letzten Jahr. Damit kommt nach Jahrzehnten des Stillstandes endlich Bewegung in die Sache, damit Flensburg wieder besser an das internationale Eisenbahnnetz angebunden wird. Wenn wir mehr Touristen in der Stadt haben wollen, wie von der Taff geplant, brauchen wir eine Haltestelle in der Innenstadt.
Lassen mich abschließend aber noch eine persönliche Bemerkung machen, sozusagen als Souffleur in eigener Sache: Wir sind das Tor zum Norden. Wir haben eine sehr große dänische Minderheit hier in der Stadt. Wir sagen in unser Tourismusstrategie, dass unsere deutsch-dänische Kultur in Flensburg ein Pfund ist, mit dem wir wuchern können. Dazu haben wir eine gemeinsame deutsch-dänische Geschichte hier in der Region. Mich wundert aber immer wieder, wie wenig sich das im täglichen Verwaltungshandeln oder hier bei uns in der Politik niederschlägt.
Wir sollten alle viel öfter unseren Blick nach Norden richten und viel engeren Kontakt mit unseren dänischen Nachbarn pflegen. Wir sollten viel öfter auch mal Fünfe gerade lassen und nicht jedes Gesetz auf Punkt und Komma preußisch genau umsetzen. Wir sollten nach skandinavischer Art viel pragmatischer handeln und schneller Entscheidungen treffen und den Leuten vor Ort mehr zutrauen. Wir sollten viel wirtschaftsfreundlicher und bürgerfreundlicher werden. Wir sollten Chancen sehen und nicht Bedenken pflegen bei neuen Ideen. Wir sollten positiver denken und noch viel stolzer auf unsere schöne Stadt sein. Und am wichtigsten: wir sollten gelassener werden und öfters mal gemeinsam dänische Hygge genießen. Dann geht das alles viel leichter und wir bringen unsere schöne Stadt voran.
Og hvis flere kunne tale dansk, ville det også hjælpe. Tak for ordet.