Rääde · 27.10.2021 Gemeinwohl muss vor Profit stehen bei der Krankenhausplanung

„Klinikstrukturen dürfen nicht länger nur da gestärkt werden, wo höhere Gewinne locken, sondern sie müssen da ausgebaut werden, wo es die Versorgung der Menschen verlangt.“

Christian Dirschauer zu TOP 24 - Zukunft der Krankenhausplanung in Schleswig-Holstein (Drs. 19/3336)

Die Zukunft der Krankenhäuser steht bekanntlich regelmäßig auf unserer Tagesordnung. Und hier sind längst nicht nur die zu geringen Investitionszuschüsse des Landes Thema. Politiker und Expertinnen aus den unterschiedlichsten Lagern stellen seit langem fest, dass vor allem die Finanzierung des Betriebs viele Krankenhäuser selbst krank macht. Im Grunde ist allen klar, dass das derzeitige Abrechnungssystem über Pauschalen pro Behandlungsfall zu ökonomischen Fehlanreizen und Fehlentwicklungen führt. Auch wenn wir dieses hochkomplexe und in Teilen eben auch ineffiziente System nicht auf Landesebene reformieren können, freue ich mich darüber, dass viele diese Einschätzung teilen. Denn nur so können wir effektiv auf die Bundesebene einwirken und auch die Weichen hier im Land zukunftssichernd stellen. 

Doch wenn ich es richtig sehe, liegen wir mit Blick auf unsere Krankenhauslandschaft nicht nur in der Problemanalyse nah beieinander. Es lässt sich natürlich auch kaum noch leugnen, dass das jetzige System nicht in der Lage ist, die Menschen dauerhaft und auf einem vertretbaren Niveau zu versorgen. Aber wir teilen hier im Hause zumindest auch die grobe Zielsetzung für die zukünftige Entwicklung. Klinikstrukturen dürfen nicht länger nur da gestärkt werden, wo höhere Gewinne locken, sondern sie müssen da ausgebaut werden, wo es die Versorgung der Menschen verlangt. Wir vom SSW gehen natürlich noch weiter und sehen die Krankenhausversorgung als zentralen Punkt der Daseinsvorsorge. Und deshalb fordern wir eine Planung, die sich eben nicht nur an der reinen Bettenzahl orientiert, sondern eine echte Leistungsplanung im Sinne der Patientinnen und Patienten ist. 

Zugegeben: Dass auch für die Planung und Entwicklung unserer Krankenhäuser das Wohl der Patientinnen und Patienten maßgeblich sein muss, klingt wie eine Binsenweisheit. Doch leider sehen wir, dass beispielsweise ein Kaiserschnitt deutlich besser vergütet wird als eine natürliche Geburt. In der Folge geht die Zahl dieser Eingriffe seit Jahren nach oben, ohne medizinisch wirklich geboten zu sein. Geburtsstationen können im Grunde nur noch dort lukrativ betrieben werden, wo möglichst viele Fälle mit möglichst geringen Ressourcen behandelt werden. Auch wenn wir die Geburtshilfe noch gesondert diskutieren, zeigt dieses Beispiel, dass nicht der behandlungsbedürftige Mensch, sondern der Erlös aus seiner Behandlung im Vordergrund steht. Und ich denke damit wird auch sehr deutlich, dass die bestmögliche Versorgung der Menschen leider nicht das durchgängige Prinzip in diesem System ist. 

Diesen Zustand müssen wir aus Sicht des SSW dringend ändern. Ich kann daher in aller Deutlichkeit sagen, dass wir Bestrebungen, die Finanzierung zu reformieren und das System der Fallpauschalen zumindest zu ergänzen, voll unterstützen. Das was Gesundheitsökonomen hierzu an Plänen vorgelegt haben und auch durch unseren Gesundheitsminister aufgegriffen wurde, ist aus unserer Sicht sinnvoll. Gerade wenn wir als Flächenland eine akutstationäre Versorgung der Bevölkerung sicherstellen wollen, brauchen wir eine Basisfinanzierung für die so genannten Vorhaltekosten. Also für die Fixkosten der Kliniken, die unabhängig von der Zahl der Behandlungen entstehen. Damit lässt sich die Grundversorgung auch in unseren mitunter dünn besiedelten Regionen sicherstellen; und zwar ohne unzumutbar weite Wege. Gleichzeitig muss dann aber auch klar sein, dass nicht alle alles anbieten können, und dass wir die Spezialisierung auf die Behandlung unterschiedlicher Erkrankungen und die Kooperation der Häuser untereinander vorantreiben müssen. Bestehende bewährte und tragfähige Strukturen müssen bei entsprechenden Planungen mitgedacht werden, um Friktionen, wie derzeit in der Diskussion um das Flensburger Katharinen Hospiz am Park, zu vermeiden.

Die Fragen der SPD zu den unterschiedlichen Standorten, zu Versorgungsgutachten und zu den Plänen in Bezug auf eine pandemische Lage oder die Notfallversorgung sind jede für sich wichtig. Aber nicht nur mit Blick darauf und auf die, aus meiner Sicht berechtigten, großen Bauprojekte, sollte für uns ein wesentlicher Grundsatz gelten: Hier und bei der zukünftigen Ausgestaltung unserer Krankenhauslandschaft muss das Gemeinwohl und nicht der Profit deutlich stärker im Mittelpunkt stehen als bisher. Und neben der dringend nötigen größeren Investitionsbereitschaft unseres Landes braucht es hierfür vor allem eine entsprechende Reform der Krankenhausfinanzierung. Nur so kann den Kliniken der immense wirtschaftliche Druck genommen und die Patientenversorgung gestärkt werden. Und die SPD ist nicht zuletzt aufgrund des aktuellen Bundestagswahlergebnisses sehr wahrscheinlich selbst in der Pflicht, entsprechend umzusteuern. Unsere Unterstützung ist ihnen dabei jedenfalls gewiss.

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