Rääde · 25.11.2022 Das Land muss besser für den Bevölkerungsschutz vorbereitet sein

„Bei aller Eigenverantwortung muss ein professionelles Hilfsnetz gesichert sein: transparent und leicht zugänglich.“

Lars Harms zu TOP 34 - Gemeinsamer Bevölkerungsschutz (Drs. 20/378)

Ich bin gespannt, wie der nächste bundesweite Warntag ablaufen wird; wie viele Menschen tatsächlich gewarnt werden und wie viele Sirenen funktionieren. Der letzte Warntag war ja eine ziemliche Blamage. Ich hoffe sehr, dass alle technischen Schwachstellen in der Funktion der Warnmittel und in den Abläufen der Warnung analysiert und im Nachgang beseitigt wurden. Ziel muss es sein, die Warnung der Bevölkerung stetig zu verbessern. Dieses Ziel ist permanent und muss sich an die Schadensereignisse anpassen. Ich hoffe auch, dass die entsprechenden Warnungen auf möglichst vielfältige Weise die Menschen im Land erreichen: also nicht nur über Sirene und App, sondern auch über Cell Broadcast und Radio. Je vielfältiger die Wege sind, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass wirklich alle Menschen mitkriegen, was los ist.
Es ist besser, die Abläufe zu üben, damit im Ernstfall das Geübte in die Tat umgesetzt werden kann. Aber genau da liegt der Schwachpunkt: Land, Kommunen, Verbände und auch der Bund  bereiten sich auf etwas vor, von dem alle hoffen, dass es nie eintritt. Wie sehr das die Wahrnehmung trüben kann, hat die Katastrophe im Ahrtal gezeigt. Niemand konnte sich vorstellen, dass aus der Ahr eine tödliche Schlammlawine werden konnte. Dementsprechend schwer war es, vom Normal- auf den Krisenmodus umzuschalten. 
Schleswig-Holstein ist auch seit einigen Jahren von tödlichen Sturmfluten verschont geblieben; die Wahrnehmung ist dementsprechend getrübt. Zuletzt kam es vor vierzig Jahren, bei der Novemberflut 1981, zu einer schweren Bedrohungslage; vor allem in Nordfriesland. Damals lag der Pegel über 4 Meter über Normal. Die Wahrscheinlichkeit, dass in den kommenden Wintern eine ähnlich gefährliche Sturmflut Land und Menschen bedroht, nimmt zu, weil der Klimawandel inzwischen deutlich spürbar ist. Sind wir darauf vorbereitet? Ich denke, nicht im nötigen Ausmaß. Die Bürgerinnen und Bürger wissen in der Regel nicht, wo zentrale Anlaufstellen sind. Diese sind nicht gekennzeichnet. Menschen mit unzureichenden deutschen Sprachkenntnissen haben nur einen begrenzten Zugang zu allen Informationen. Außerdem sind Bürgerinnen und Bürger, die auf Hilfe angewiesen sind, zum Beispiel Pflegebedürftige oder Menschen mit Behinderungen, nicht immer in den Evakuierungs- und Alarmierungsplänen berücksichtigt. Da muss dringend nachgebessert werden. Einiges davon, wie eine Schutzstrategie für Menschen mit Behinderungen, ist bereits im Zehn-Punkte-Plan der Innenministerin berücksichtigt. 
Dieser Plan ist tatsächlich sehr ehrgeizig. Allerdings fehlen konkrete Zeithorizonte wie beispielsweise bei der Ausbildung für den Katastrophenfall. Klar ist, dass sie ausgeweitet werden muss. Bis wann werden aber wie viele Ausbildungen für wen angeboten werden können? Gibt es regionale Schwerpunkte für die Ausbildung? Gibt es bestimmte Berufsgruppen, die bevorzugt ausgebildet werden sollen? Und gibt es überhaupt genügend Ausbilder und Ausbildungsinstitutionen in diesem Bereich?
Bei aller Eigenverantwortung, die von den Bürgerinnen und Bürgern erwartet werden kann, muss ein professionelles Hilfsnetz gesichert sein: transparent und leicht zugänglich. Darum müssen konkrete Schritte in Sachen Bevölkerungsschutz in Zusammenarbeit mit dem Bund und den hiesigen Katastrophenschutz vereinbart werden. Aber, um es ganz klar zu sagen: das Land kann sich nicht aus der Verantwortung herausnehmen. Bei allen Finanzierungsfragen ist der Bund gefragt. Das ist klar. Aber die kreisübergreifende Koordinierung und Ausbildung bleibt in der Verantwortung der Landesregierung. Die Übungen vor Ort müssen eben auch vor Ort koordiniert und ausgewertet werden. Best practise gibt es auch beim Bevölkerungsschutz. Das muss kommuniziert werden.
Ein abschließendes Wort zum Warntag: Ich würde mir wünschen, dass wir am 8. Dezember auf die Re-Traumatisierung der ukrainischen Geflüchteten verzichten könnten. Leider ist das nicht möglich. Was mag in den Menschen vorgehen, die vor dem Sirenenheulen in der Heimat ins sichere Deutschland geflohen sind, wenn auch hier der Alarm losgeht? Ich kann mir das kaum vorstellen. Darum hoffe ich, dass die Kommunen für entsprechende Aufklärung sorgen.

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