Rääde · 15.12.2006 Gesetz zur Ausführung des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Kinder- u. Jugendhilfe

In der Kinder- und Jugendhilfe hat sich in den letzten Jahren viel getan. Zum Wohle der Kinder wurden Strukturen neu bedacht und geändert. Der vorliegende Gesetzentwurf soll ein weiterer Meilenstein in dieser Entwicklung sein. Der SSW unterstützt grundsätzlich alle Bemühungen, die die Situation für Kinder und Jugendliche zu verbessern. Gleichzeitig hat der SSW aber gegenüber der Gleichstellung der Tagespflege und der Übertragung der Kinder- und Jugendhilfe auf kreisangehörige Städte auch Bedenken.

Zum ersten Punkt: Der SSW möchte noch einmal mit aller Deutlichkeit zu Protokoll geben, dass bei allem Engagement, Tagesmütter keine gleichwertige Alternative zu Kindertageseinrichtungen sind. Wir schließen uns hier dem Votum der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft an. So wie die Qualifizierung derzeit aussieht, nämlich mit nur 120 theoretischen Ausbildungsstunden sowie 40 Stunden in der sozialpädagogischen Praxis, ist die Tagespflege nicht mit der kontinuierlichen Weiterbildung in einer Kita zu vergleichen. Das sind einfach zwei paar Schuhe. Es hieße ausgebildete Erzieherinnen abzuwerten, setzt man sie mit Personen gleich, denen lediglich eine vierteljährliche Qualifikation abverlangt wird. Davon abgesehen ist die soziale Absicherung vieler Tagesmütter ungeregelt, was ebenfalls nicht zur professionellen Struktur in diesem Bereich beiträgt.

Der SSW sieht durchaus die Einsatzmöglichkeiten für Tagesmütter und weiß auch um ihre gute Arbeit. Doch es hapert immer noch an einer systematischen Qualifizierung. In Koldenbüttel haben wir schon vor langer Zeit beschlossen, den Spielkreis mit ausgebildeten Fachkräften zu versehen. Nachdem sich diese Fachkräfte sehr gut bewährt haben, soll dort das Angebot nun ausgebaut werden, in dem gerade diese ausgebildeten Fachkräfte auch ein Tagesbetreuungsangebot unterbreiten können. Damit wird die Professionalität gewahrt und gleichzeitig sind die entsprechenden Fachkräfte sozial abgesichert. Darüber hinaus kann die Gemeinde mit ihrer Kinderspielstube aber auch einen Rahmen für die Tagesbetreuung zur Verfügung stellen, der allemal besser ist, als das Wohnzimmer oder Spielzimmer in einer Dreizimmer-Wohnung. So eine Abstimmung zwischen Angeboten und dringenden Bedürfnissen ist meines Erachtens der richtige Weg, um kurzfristig auf den richtigen Weg zu kommen.

Dänemark macht es im Übrigen auch vor. Dort ist die Tagespflege voll in das Betreuungssystem integriert, weil es dort für die Tagesmütter Begleitung, Qualifizierung und Professionalisierung bis hin zu Vertretungsregelungen gibt. Das macht den entscheidenden Unterschied zu Deutschland aus. Ohne diese Voraussetzungen können die Tagesmütter nicht mit den Tageseinrichtungen gleichgesetzt werden. Die Ministerin kann Professionalisierung nicht einfach mittels eines Spiegelstrichs im Gesetz erklären.

Professionalisierung kostet Geld. Die Jugendämter müssen in die Lage versetzt werden, die Tagesmütter zu unterstützen und sie zu ständig auf dem neuesten Stand zu halten.
Dagegen möchte die Ministerin ohne weitere Investitionen eine formale Gleichstellung erreichen. Das halte ich grundsätzlich für falsch!
Das Gesetz will vor allem bei den Kleinsten die Tagesmütter einsetzen. Da liegt der Verdacht nahe, dass hier auf eine preiswerte Art und Weise das Angebot erweitert werden soll. Ich bedaure, dass dieser Eindruck entsteht. Tagesbetreuungsangebot gehören nach unserer Auffassung breit gereut und sie dürfen altersmäßig nicht so eingeschränkt werden, sondern müssen alle kleinen Kinder, die Betreuung bedürfen, offen stehen.

Deshalb will der SSW keinesfalls die Arbeit von Tagesmüttern in Misskredit bringen, wie auch mein Beispiel aus Koldenbüttel zeigt. Dennoch bleibt ein fader Nachgeschmack, wenn Tagesmütter plötzlich über Nacht mit den Pädagoginnen in den Einrichtungen gleich gesetzt werden.

Der zweite Kritikpunkt an dem Entwurf berührt die neu geschaffene Möglichkeit, dass zukünftig auch große kreisangehörige Gemeinden ein eigenes Jugendamt einrichten können. Ich weiß nicht, was der Innenminister dazu sagt, dass seine geplante kommunale Konzentration durch diese Neuerung aufgeweicht wird. Andererseits will ich Initiativen, die sich vor Ort entwickeln, nicht vorgreifen. Wenn es tatsächlich Städte gibt, die erst mit eigenem Jugendamt eine effektive Struktur aufbauen können, soll das möglich sein. Obwohl ich skeptisch bin, ob das tatsächlich der Fall sein wird. Allerdings gilt es dann auch zu hinterfragen, warum eine größere Stadt ein Jugendamt einrichten kann und eine gleichgroße oder größere Amtsverwaltung ohne Jugendamt auskommen muss. Hier scheint noch kein richtiges Konzept vorzuliegen. Und ein solches Konzept wäre wichtiger als jeder Gesetzestext mit Öffnungsklauseln.

Ich bin gespannt auf eine spannende Diskussion.

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