Rääde · 26.01.2012 Gesetzesentwürfe zu einem Weiterbildungsgesetz

Wer noch die Debatte zur ersten Lesung im Ohr hat, wird wissen, dass das vorrangige Ziel der Landesregierung mit dem vorliegenden Gesetz war, das Verfahren zur Anerkennung von Veranstaltungen der Bildungsfreistellung auf Dritte zu übertragen und eine kostendeckende Gebührenregelung für die Anerkennungsverfahren einzuführen. Von dem Ziel, die gesetzlichen Grundlagen an die wachsende Bedeutung der Weiterbildung anzupassen, ist der Gesetzesentwurf mit anderen Worten meilenweit entfernt. Das gilt heute genauso wie nach der 1. Lesung des Gesetzentwurfes.

Es ist daher wenig verwunderlich, dass sich weder die Punkte aus dem Entschließungsantrag der SPD noch die Antworten der Landesregierung auf die Große Anfrage des SSW in dem Gesetz der Landesregierung widerspiegeln. Auch die Übernahme der Änderungsanträge der SPD hätte zu Verbesserungen des vorliegenden Entwurfes geführt. Es war also möglich: Man hätte was tun können, hätte dem Gesetz mehr Schwung geben können. Aber das, was die Regierung uns nun vorlegt, ist viel zu wenig und eine vertane Chance.

Wie schon vom SSW in der Debatte zur 1. Lesung kritisiert, besteht die Gesetzesänderung in der Überarbeitung von Vorschriften für die Anerkennung und die Durchführung der Bildungsfreistellung. Die Anerkennung und die Erhebung von Gebühren sollen aus Kostengründen auf die Investitionsbank Schleswig-Holstein übertragen werden. Dadurch entwickelt sich die Bank immer mehr zu einem Gemischtwarenladen, obwohl es ihre zentrale Zielsetzung ist, das Land „als Förderinstitut in der Umsetzung wirtschafts- und strukturpolitischer Aufgaben“ zu unterstützen. Die Übertragung der Anerkennung auf die Bank ist laut Uni Kiel „nicht nutzerfreudlich“, weil sich damit zu den vielen Ansprechpartnern für Bildungs- und Weiterbildungsfragen noch ein weiterer gesellt. Auch ist die Expertise der Bank für diese Aufgabe fraglich, wie die Deutsche Gesellschaft für Erziehungswirtschaft feststellt. Diesen kritischen Einschätzungen schließen wir uns an.

70 Euro pro Anerkennung sind zukünftig von den Anbietern der Bildungsfreistellung an die Bank zu zahlen. Es gibt Bedenken, dass einige Anbieter ihre Veranstaltungen nicht mehr anerkennen lassen, um die Gebühren zu sparen. Sie könnten aber auch ihr Angebot reduzieren, Löhne und Honorare ihrer Beschäftigten drücken oder die Teilnehmerkosten erhöhen. Die Landesregierung legt ihnen das Abwälzen der Kosten auf die Teilnehmer nahe. Dass damit ein weiterer Rückgang der Teilnehmerzahl wahrscheinlich ist, bleibt jedoch unberücksichtigt. So waren es im Jahr 2009 gerade mal 0,69% der Teilnahmeberechtigten, die die Bildungsfreistellung genutzt haben. Und trotzdem ist die Regierung dabei, die Rahmenbedingungen weiter zu verschlechtern.

Darüber hinaus beinhaltet der Gesetzentwurf kaum Neuerungen. Die erst nach Kritik erfolgte Aufnahme von Formulierungen zum lebenslangen Lernen, der Förderung von Menschen mit Migrationshintergrund und dass Weiterbildung die „Chancen von benachteiligten Menschen insgesamt verbessern“ soll, bleiben ohne Ausführungs- und Finanzierungsregelungen zunächst nur Kosmetik.

Durch die Einschränkungen beim Anspruch auf Freistellung bleibt der Entwurf sogar hinter dem 1990er-Gesetz zurück. Weiterbildungsentwicklungsplan, gezielte finanzielle Förderung, verpflichtende Finanzierungen, Sicherung der Grundversorgung, Ansätze für lebenslanges Lernen und E-learning, kommunale Verantwortung für die Volkshochschulen, Aufnahme der Regionalen Berufsbildungszentren als anerkannte Träger der Weiterbildung, Sicherung der Weiterbildungsverbünde - Alles Fehlanzeige!

Statt ein Gesetz vorzulegen, das bestehende Defizite abbaut, eine stärkere Teilnahme an der Weiterbildung ermöglicht und einem zeitgemäßen Weiterbildungsgesetz entspricht, wird die Bedeutung der Weiterbildung für unser Land nicht gewürdigt. In Sachen Weiterbildung krebst die Regierung mit ihrem neuen Gesetz wie ein Ackergaul auf einem Feldweg entlang. Das ist bitter, denn die Wirklichkeit hat die Landesregierung schon lange überholt - ohne dass sie es bemerkt hat.

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