Rääde · 25.04.2013 Gesetzliche Frauenquote umsetzen

Frauen sind in Aufsichtsräten deutlich unterrepräsentiert. Unter dem entsprechenden Wikipedia-Eintrag finden sich unter den DAX-notierten Aktiengesellschaften sogar eine, in deren Aufsichtsrat gar keine Frau sitzt, und zwar die Fresenius AG. Ansonsten gibt es in einigen Aufsichtsräten eine Frau, wie bei Continental oder der Linde AG und wenige rühmliche Ausnahmen, wo die Frauen 37 % stellen, so bei Henkel oder 35% bei der Telekom. Aufsichtsratsvorsitzende gibt es nur eine, und die gehört zur Henkel-Eigentümerfamilie. Damit stellen Frauen nur 3% der Aufsichtsratsvorsitzenden. Zum Vergleich: in Finnland beträgt der Anteil von Vorsitzenden 13%, in der Türkei 12%.
Die geringe Zahl von Frauen ist also ein deutsches Phänomen. Inhaltliche Gründe spielen bei dieser eklatanten Unterberücksichtigung von Frauen keine Rolle, denn noch nie waren Frauen in Deutschland so gut ausgebildet, hoch motiviert und flexibel wie heute. Die Frauen bleiben einfach im Erdgeschoß und auf der Mitteletage der Unternehmen hängen – und das schon seit Jahren; sie verdienen weniger und besetzen weniger einflussreiche Jobs als ihre Kollegen. Deutsche Aktiengesellschaften bevorzugen Männer in den obersten Etagen. Das gleiche gilt übrigens auch für Führungspositionen an Universitäten oder Krankenhäusern. Deutschland wird dafür regelmäßig kritisiert; und zwar von den Frauen in Deutschland, aber auch von der EU. EU-Kommissarin Viviane Reding will nun endlich Bewegung sehen.

Apelle bewegen nichts. Überzeugungsarbeit zündet nicht. Dass die Unternehmen mal irgendwann selber auf den Trichter kommen, dafür gibt es überhaupt keinerlei Anzeichen.
Da verliert man einfach die Geduld, so wie Bundeskanzlerin Angela Merkel auf dem CDU-Bundesparteitag in Hannover vor ein paar Monaten: "Meine Geduld bei dem Thema geht zu Ende. Ich will jetzt Resultate sehen!" Die faktische Aussperrung der Frauen von Führungspositionen wird immer wieder beklagt, aber geändert hat sich nichts. Die Frauen haben weiterhin das Nachsehen.
Und genau das brachte die Bundeskanzlerin auf die Palme.
Nun ist die CDU ja in einer Koalition, so dass Angela Merkel jederzeit quasi mit dem bequemen Lift wieder von der Palme runter kommt, denn die FDP lehnt die Quote ab. Das ist bei den Liberalen so etwas wie das Erste Gebot: Du sollst den Unternehmens nicht zu nahe kommen. Solange die FDP-Betonköpfe also das Sagen haben, kann die CDU schön vor sich hin meckern.

Die CDU-Frauen nahmen allerdings die Chefin der alten Männer, wie das Handelsblatt die Kanzlerin tituliert, beim Wort. Arbeitsministerin Ursula von der Leyen sagte ein paar Wochen nach dem CDU-Bundesparteitag dem „Manager Magazin“: "Angesichts der nur mit der Lupe erkennbaren Fortschritte der vergangenen zehn Jahre schließe ich eine gesetzliche Regelung über einen Mindestanteil von Frauen in Führungspositionen von Unternehmen nicht mehr aus.“ Von der Leyen nahm Anlauf und wollte in der April-Sitzung des Bundestages eine gesetzliche Frauenquote einführen. Das war der Lakmustest für das Emanzipationsniveau der CDU. Und der fiel tiefschwarz aus. Die Union machte ihre eigenen Leute mundtot mit dem Verweis auf das Jahr 2020. Dann wird der Himmel voller Geigen hängen, vorausgesetzt, die CDU hat bis dahin ihren Koalitionspartner FDP vom Hals. Zur Erinnerung: es dreht sich hier um eine vergleichsweise kleine Gruppe privilegierter Manager: nicht einmal 500 Menschen. Aber diese Manager verstehen sich offenbar ausgezeichnet aufs Lobbying in eigener Sache und so gelingt es ihnen seit vielen Jahren ausgezeichnet, ihre lukrativen Pfründe vor den Frauen zu schützen.

Wir reden hier von Aufsichtsräten in Unternehmen. Und wir reden davon, dass alle Appelle nichts gefruchtet haben. Natürlich kann man auf dem Standpunkt stehen, dass der gesellschaftliche Wandel schon dazu führen wird, dass sich auch in den Köpfen von männlich dominierten Unternehmensführungen etwas ändern wird. Und natürlich kann man sagen, dass die Unternehmen selbst entscheiden sollten. Aber beides geht nur dann, wenn auch wirklich eine Chance für einen Wandel da ist. Und genau hier sehen wir, dass dies nicht der Fall ist. Diejenigen Unternehmen und gesellschaftlichen Organisationen, die die Gleichstellung auch so hinbekommen, die braucht man nicht belehren. Aber diejenigen, die den Frauen immer noch bewusst den Aufstieg nach oben erschweren, die müssen eben per Gesetz ermutigt werden – und das ist die überwiegende Mehrheit. Hätte die Wirtschaft nicht ein so hohes Umsetzungsdefizit im europäischen Vergleich und hätten all die feinen Worte der vergangenen Jahrzehnte Früchte getragen, dann wäre eine gesetzliche Regelung womöglich auch nicht nötig. Es ist aber das Gegenteil der Fall und deshalb brauchen wir gesetzliche Regelungen, die dazu führen, dass Frauen auch Führungspositionen in den Unternehmen einnehmen können.

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