Rääde · 20.09.2017 Gut, dass wir die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten haben

Lars Harms zu TOP 26 - Rundfunkstaatsverträge kündigen

 „Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist unsere Garantie gegen Zensur, für freie Meinungsbildung, für freie Presse und für Qualitätsjournalismus.“

Fast alle Länder Europas haben einen öffentlich-rechtlichen oder staatlichen Rundfunk. In Deutschland haben wir eine besondere Situation. In der Weimarer Republik waren die Rundfunksender noch privatrechtlich geführte Gesellschaften. Danach gab es den zentralistisch organisierten Staatsfunk der NS-Diktatur.

Nach dem Zweiten Weltkrieg und im Zuge der Demokratisierung wurde der öffentlich-rechtliche Rundfunk nach dem Vorbild der britischen BBC als Anstalt des öffentlichen Rechts gegründet.

Als Gegenentwurf zum Volksempfänger.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist aus guten Gründen per Definition staatsfern und unabhängig.

Er hat den verfassungsrechtlich vorgegebenen Auftrag, einen Beitrag zur individuellen und öffentlichen Meinungsbildung zu leisten. 

Und diesem Auftrag kommen der öffentliche-rechtliche Rundfunk und deren Journalistinnen und Journalisten auch vorbildlich nach.

Es ist ein mindestens interessantes Vorgehen der AfD-Fraktion, auf einen Zwischenbericht zur wirtschaftlichen und finanziellen Lage der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zu verweisen, der nächsten Monat vorgelegt werden soll, während man selber diesen Bericht nicht abwarten will und schon vor Erscheinen fordert, sämtliche Rundfunkstaatsverträge zu kündigen.

Auch die zitierte Studie der Otto-Brenner-Stiftung ist ungenau ausgelegt. In der Studie geht es gar nicht um die öffentlich-rechtlichen Sender, sondern um die großen Tageszeitungen und Onlinemedien und deren Berichterstattung über Flüchtlingsthemen zwischen Anfang 2015 und Anfang 2016. 

Einseitige Darstellungen in der Debatte hat es wohl gegeben – allerdings in beide Richtungen. 

Der Forschungsleiter ärgert sich im Übrigen darüber, wie die Forschung durch verkürzte Aussagen und vereinfachte Schlussfolgerungen für ein generelles Medienbashing genutzt wird. 

Nebenbei bemerkt gibt es ein tolles Diskussionspapier der Otto-Brenner- Stiftung zum pauschalen und undifferenzierten Umgang der AfD mit Medien. 

Und da Sie sich in Ihrem Antrag auf die Stiftung berufen, empfehle ich Ihnen diese Lektüre wärmstens.

Dies ist ein typischer AfD-Antrag. Wir kennen diese Forderungen aus dem AfD-Wahlprogramm zur Landtags- und zur Bundestagswahl oder dem Grundsatzprogramm der Partei. 

So oder so ähnlich haben ihn schon diverse andere AfD-Fraktionen beantragt, wenn sie in Länderparlamente einzogen. Im Wahlprogramm der AfD Schleswig-Holstein findet man das Vorhaben, den öffentlich-rechtlichen

Rundfunk zu „reformieren“. 

Was Sie damit meinen, ist uns allen klar - eine Privatisierung der Sender und eine Abschaffung der Kontrolle durch die Rundfunkräte und Gremien. 

Ihre Parteikolleginnen und -kollegen aus Baden-Württemberg werden da noch deutlicher: 

„Die AfD will auf die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten einwirken und auch im Bildungsbereich Anstrengungen unternehmen, damit Ehe und Familie positiv dargestellt werden.“, heißt es von dort. 

Es geht also darum, die Unabhängigkeit der Rundfunkanstalten zu brechen. Und genau da werden wir nicht mitmachen!

Vor derartigem Missbrauch der Medien schützt uns der öffentlich-rechtliche Rundfunk. Er ist unsere Garantie gegen Zensur, für freie Meinungsbildung, freie Presse und Qualitätsjournalismus. Im Unterschied zu den privaten Sendern, wo Anteilseignerinnen und Anteilseigner Einfluss nehmen können, haben wir hier eine Kontrolle durch Rundfunkräte und Gremien.

Wenn die AfD damit zufrieden ist, Russia Today und Breitbart News zu gucken, ist das beängstigend und bezeichnend genug. Für alle anderen Menschen muss eine Berichterstattung gesichert bleiben, die die Geschehnisse in der Welt aus verschiedenen Sichtpunkten beleuchtet.

Liebe AfD, es gibt keinen flächenübergreifenden Vertrauensverlust gegenüber den öffentlich- rechtlichen Medien. Im Gegenteil: Die Bevölkerung erkennt die Wichtigkeit eines breiten Medienangebots, unabhängig von kommerziellem Druck und ohne politische Einflussnahme, an.

Aber Menschen wie Sie, die in einem Land der Pressefreiheit von Manipulation und Lügenpresse sprechen, die skandalisieren und wissenschaftliche Untersuchungen nur heranziehen, um sie so zu verdrehen, dass sie Ihr verqueres Weltbild stützen, sind die tatsächliche treibende Kraft in der Spaltung der Gesellschaft. 

Sie fallen selber immer wieder durch Halbwahrheiten und Schnellschüsse auf, die über soziale Medien verbreitet werden. Auf diesem Wege erreichen uns die meisten Unwahrheiten. 

Gut, dass wir die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und viele andere gute Journalisteninnen und Journalisten haben.

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