Rääde · 09.11.2005 Infrastrukturmaßnahmen schneller umsetzen:Planungszeiten verkürzen

Im Mai letzten Jahres haben wir hier im Landtag einen Antrag der CDU Fraktion debattiert, der nahezu identisch war mit dem heute vorliegenden Antrag. Seinerzeit ging es der CDU um vereinfachte Planungsgesetzgebung für Verkehrsprojekte des Transeuropäischen Verkehrsnetzes, analog der „Verkehrsprojekte Deutsche Einheit“.

Auf Bundesebene hat die rot-grüne Regierung im April dieses Jahres ein Planungsbeschleunigungsgesetz auf den Weg gebracht. Und heute will die große Koalition mit ihrem Antrag diese Initiative unterstützen und auf den Weg bringen.  Es ist durchaus nachvollziehbar, wenn gefordert wird, dass Planungsverfahren beschleunigt werden sollen, um entsprechende Projekte voran zu bringen. Die Frage ist hierbei aber, wie sollen die Verfahrensbeschleuniger aussehen? Hierbei stellen sich die Abgeordneten Callsen und Schröder vor, dass die Entscheidungswege beschleunigt, die Planfeststellungsverfahren optimiert und der Rechtsweg gestrafft werden. Und für kleinere Maßnahmen solle dann geprüft werden, auf welche Planungsschritte vollkommen verzichtet werden könne.

Durch die kalte Küche werden somit bestehende gültige Gesetze ausgehebelt und ausgetrickst. Wenn man eine Änderung bestehender Gesetze wünscht, muss man die entsprechenden Gesetze ändern. So wie diese Gesetze einst verabschiedet wurden, sollten sie - sofern Änderungswünsche bestehen - dann auch auf den politischen und rechtlichen Prüfstand. Und dann möge man sich bekennen. Dies wäre aus Sicht des SSW ein aufrichtiger Umgang mit bestehenden Gesetzen. Das nur zur Vorgehensweise.

Inhaltlich ist angestrebt, Entscheidungswege zu beschleunigen. In diesem Punkt kann ich meinen beiden Kollegen durchaus Recht geben. Es wäre durchaus wünschenswert, wenn die Entscheidungswege kürzer und Entscheidungsebenen flacher wären. Insgesamt haben wir durch den Verwaltungsaufbau in Schleswig-Holstein vier Entscheidungsebenen, die je nach dem etwas zu sagen haben oder mitreden wollen. Aber wenn es nach der großen Koalition geht, wird noch eine Verwaltungsebene mehr eingeschoben. Damit lassen sich die Entscheidungswege nicht beschleunigen. Sie bauen Bürokratie auf und nicht ab!

Nächster Punkt - Optimierung von Planfeststellungsverfahren und Straffung des Rechtsweges. Die Öffentlichkeitsbeteiligung in einem Planfeststellungsverfahren ist das A und O in einem solchen Verfahren. Nur so wird gewährleistet, dass betroffene Bürgerinnen und Bürger sich frühzeitig einbringen können, um entsprechend Gehör zu finden. Dass diese Beteiligungsmöglichkeit genutzt wird, macht deutlich, wie unterschiedlich die Interessen des Gemeinwohls gesehen werden können. Und es gehört eben auch dazu, dass den Bürgern Klagerechte eingeräumt werden. Daher halten wir es für rechts- und verfassungspolitisch bedenklich, wenn Klagerechte dahin gehend eingeschränkt werden, dass nur eine Instanz zuständig sein soll.

Wer soll entscheiden, welche Instanz bei welcher Klage zuständig ist – dies wäre dann willkürlich. Es widerspricht der Funktion der Bundesgerichte, wenn das Bundesverwaltungsgericht als erste und letzte Instanz zuständig wäre. Beteiligung, Anhörung, Klagerecht und Informationsfreiheit sind Bürgerechte, die der SSW nicht abschaffen will. Wer Verfahren beschleunigen will, soll vernünftig und unter breiter Beteiligung planen und dazu gehört eine flache, übersichtliche Verwaltungsstruktur mit verbindlichen Zuständigkeiten. Das wird in Schleswig-Holstein mit der Verwaltungsstrukturreform verhindert und nicht gefördert.

Unterm Strich kann ich nur sagen, dass einzige, was spürbar von rot-schwarz verkürzt wird, sind demokratische Beteiligungsrechte für Bürger und Verbände. Gerichtsverfahren sind eine legitime Kontrolle der Verwaltung. Wenn Planfeststellungsbeschlüsse von Gerichten aufgehoben werden, dann liegt dies nicht am Kläger, sondern an der Sturheit derer, die an rechtswidrigen Plänen festgehalten haben.
Wie man so die Akzeptanz in der Bevölkerung für Verkehrs- und Bauprojekte erreichen will, ist mir schleierhaft. Dies erreichen wir nur, wenn Bürgerinnen und Bürger sowie Verbände frühzeitig beteiligt werden. Grundpfeiler für eine hohe Akzeptanz von Planungen sind die frühzeitige Beteiligung von Bürgern und Verbänden, transparente Verfahren und eine Offenheit hinsichtlich der Alternativen zur Lösung der Verkehrs- und Umweltprobleme. Das gewährleisten wir nicht mit einer solchen Initiative.

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