Rääde · 04.07.2018 Konkrete Maßnahmen statt Verfassungsdebatte um Wohnraum

Lars Harms TOP 8+9+39 - Recht auf angemessenen Wohnraum in Landesverfassung aufnehmen

„Wir finden konkrete Schritte zur Wohnraumförderung sinnvoller.“

Die Vereinten Nationen haben das Recht auf Wohnung rechtlich verankert, wonach der Staat eine Grundversorgung bestimmter öffentlicher Güter zugänglich machen muss, und dies unabhängig vom Einkommen. Schleswig-Holstein hat dieses Ziel umgesetzt mit einem Programm für die soziale Wohnraumförderung. Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich auf die Wohnungslosen hinweisen, die in dem Programm besondere Berücksichtigung finden. Die Wohnungslosen sind nämlich die schwächste Mietergruppe, die sich auf dem derzeitig sehr angespannten Markt für bezahlbaren Wohnraum mit weitem Abstand hinten anstellen muss. Sie haben aber ein Anrecht auf eine moderne Wohnung. So wie auch Alleinerziehende oder Familien. 

Dabei rede ich nicht von irgendeiner Wohnung, sondern von qualitativem Wohnraum. 

Dieses Thema haben wir ja in der letzten Landtagssitzung schon besprochen, als das von uns eingebrachte Wohnraumschutzgesetz  beraten wurde. 

Bereits hier zeigt sich, dass konkrete Maßnahmen einer erneuten Verfassungsdebatte vorzuziehen sind. Diese Erkenntnis habe ich durch die Arbeit in der Verfassungskommission der letzten Wahlperiode gewonnen. Dort haben wir im Jahre 2014 ausführlich über einen Vorschlag der Piraten, dem Recht auf Wohnraum Verfassungsrang einzuräumen, debattiert. So verlockend ein Grundrecht oder Staatsziel klingt, so wenig ist damit in der Wirklichkeit zu bewegen. Schafft man ein Staatsziel, so ist dessen Umsetzung unverbindlich. Schafft man ein Grundrecht, so muss der Staat Zugriff auf allen Wohnraum haben. Das eine ist unbefriedigend und das andere illusorisch. Darum hat sich die Verfassungskommission damals gegen den Antrag ausgesprochen.

Dem Recht auf angemessenen Wohnraum Verfassungsrang einzuräumen, suggeriert vielleicht eine Kehrtwende, faktisch wird damit aber keine einzige Wohnung geschaffen. 

Was soll denn in der Praxis aus diesem Recht resultieren? Menschen, die eine ungenutzte Wohnung sehen, dürfen sie besetzen? So ist das in Spanien derzeit der Fall; mit den entsprechenden Nebenwirkungen. Dieser Möglichkeit will die spanische Regierung jetzt einen Riegel vorschieben. Diesen Weg wollen wir erst gar nicht beschreiten. 

Und noch eine ungeklärte Frage: Wie sieht es mit der regionalen Verteilung aus? Einer Studentin in Flensburg ist sicherlich nicht geholfen, wenn ihr eine Wohnung in Heide angeboten wird. Der Hamburger Rand als auch Kiel und Flensburg haben andere Probleme als ländliche Regionen Schleswig-Flensburgs. Wir müssen die regionalen Angebotslücken, vor allem das nach wie vor ungelöste Mietwohnungsproblem auf der Insel Sylt mit möglichst passgenauen Maßnahmen verbessern. Nur konkrete Maßnahmen - das heißt Wohnungsbau - können die Nachfrage nach Wohnungen befriedigen. Dabei muss es nicht zwangsläufig Neubau sein, sondern es kann auch die Instandsetzung vernachlässigter Häuser oder die Erleichterung des Ausbaus von Dachgeschoßwohnungen sein. In vielen dörflichen Ortskernen stehen Häuser leer, weil sie erheblichen Renovierungsbedarf haben oder weil sie nicht altersgerecht gebaut sind. Hier kann die Landesregierung mit Förderprogrammen Bauherren unterstützen, Wohnraum zu schaffen oder zu erweitern.  Und wir brauchen Mieterschutz durch das von uns eingebrachte Wohnraumschutzgesetz. 

Alles das kann eine Aufnahme in die Verfassung nicht leisten.  Deshalb  sind wir grundsätzlich für eine entsprechende Diskussion offen, uns sind jedoch konkrete Schritte deutlich lieber.

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